Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.Dom Karlos. König nach einem großen Stillschweigen. Ich habe Sie vollenden lassen -- -- -- An- ders, begreif' ich wohl, als sonst in Menschenköpfen, mahlt sich in diesem Kopf die Welt -- auch will ich fremdem Maßstab sie nicht unterwerfen. Sie haben mich gewählt vor allen andern, in Ihrer Seele Hintergrund zu lesen -- Ich glaub' es Ihnen, weil ich's weiß -- Um dieser Enthaltung willen, solche Meinungen, mit solchem Feuer doch umfaßt, verschwiegen zu haben bis auf diesen Tag -- um dieser bescheidnen Klugheit willen, junger Mann, will ich vergessen, daß ich sie erfahren, und wie ich sie erfahren. Stehn Sie auf. Ich will den Jüngling, der sich übereilte, als Greis und nicht als König widerlegen. Ich will es, weil ich's will -- Nachdem er ihn eine Zeit lang betrachtet hat. Gift also selbst, find' ich, kann in gutartigen Naturen zu etwas besserm sich veredeln -- -- -- Fliehen Dom Karlos. König nach einem großen Stillſchweigen. Ich habe Sie vollenden laſſen — — — An- ders, begreif’ ich wohl, als ſonſt in Menſchenköpfen, mahlt ſich in dieſem Kopf die Welt — auch will ich fremdem Maßſtab ſie nicht unterwerfen. Sie haben mich gewählt vor allen andern, in Ihrer Seele Hintergrund zu leſen — Ich glaub’ es Ihnen, weil ich’s weiß — Um dieſer Enthaltung willen, ſolche Meinungen, mit ſolchem Feuer doch umfaßt, verſchwiegen zu haben bis auf dieſen Tag — um dieſer beſcheidnen Klugheit willen, junger Mann, will ich vergeſſen, daß ich ſie erfahren, und wie ich ſie erfahren. Stehn Sie auf. Ich will den Jüngling, der ſich übereilte, als Greis und nicht als König widerlegen. Ich will es, weil ich’s will — Nachdem er ihn eine Zeit lang betrachtet hat. Gift alſo ſelbſt, find’ ich, kann in gutartigen Naturen zu etwas beſſerm ſich veredeln — — — Fliehen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0296" n="284"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Dom Karlos</hi>.</fw><lb/> <sp who="#KOENIG"> <speaker> <hi rendition="#g">König</hi> </speaker><lb/> <stage>nach einem großen Stillſchweigen.</stage><lb/> <p>Ich habe Sie vollenden laſſen — — — An-<lb/> ders,<lb/> begreif’ ich wohl, als ſonſt in Menſchenköpfen,<lb/> mahlt ſich in dieſem Kopf die Welt — auch<lb/> will<lb/> ich fremdem Maßſtab ſie nicht unterwerfen.<lb/> Sie haben mich gewählt vor allen andern,<lb/> in Ihrer Seele Hintergrund zu leſen —<lb/> Ich glaub’ es Ihnen, weil ich’s weiß — Um<lb/> dieſer<lb/> Enthaltung willen, ſolche Meinungen,<lb/> mit ſolchem Feuer doch umfaßt, verſchwiegen<lb/> zu haben bis auf dieſen Tag — um dieſer<lb/> beſcheidnen Klugheit willen, junger Mann,<lb/> will ich vergeſſen, daß ich ſie erfahren,<lb/> und wie ich ſie erfahren. Stehn Sie auf.<lb/> Ich will den Jüngling, der ſich übereilte,<lb/> als Greis und nicht als König widerlegen.<lb/> Ich will es, weil ich’s will —</p><lb/> <stage>Nachdem er ihn eine Zeit lang betrachtet hat.</stage><lb/> <p><hi rendition="#et">Gift alſo ſelbſt,</hi><lb/> find’ ich, kann in gutartigen Naturen<lb/> zu etwas beſſerm ſich veredeln — — —<lb/> Fliehen<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [284/0296]
Dom Karlos.
König
nach einem großen Stillſchweigen.
Ich habe Sie vollenden laſſen — — — An-
ders,
begreif’ ich wohl, als ſonſt in Menſchenköpfen,
mahlt ſich in dieſem Kopf die Welt — auch
will
ich fremdem Maßſtab ſie nicht unterwerfen.
Sie haben mich gewählt vor allen andern,
in Ihrer Seele Hintergrund zu leſen —
Ich glaub’ es Ihnen, weil ich’s weiß — Um
dieſer
Enthaltung willen, ſolche Meinungen,
mit ſolchem Feuer doch umfaßt, verſchwiegen
zu haben bis auf dieſen Tag — um dieſer
beſcheidnen Klugheit willen, junger Mann,
will ich vergeſſen, daß ich ſie erfahren,
und wie ich ſie erfahren. Stehn Sie auf.
Ich will den Jüngling, der ſich übereilte,
als Greis und nicht als König widerlegen.
Ich will es, weil ich’s will —
Nachdem er ihn eine Zeit lang betrachtet hat.
Gift alſo ſelbſt,
find’ ich, kann in gutartigen Naturen
zu etwas beſſerm ſich veredeln — — —
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