Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
Vierter Akt.
Ob er vollende oder unterliege --
ihm einerlei! Er lege Hand an. Wenn
Jahrhunderte dahin geflohen, wird
die Vorsicht einen Fürstensohn, wie er,
auf einem Thron, wie seiner, wiederhohlen,
aus den Ruinen seinen Torso graben,
und ihren neuen Liebling mit derselben
Begeisterung entzünden. Sagen Sie
ihm, daß er für die Träume seiner Jugend
soll Achtung tragen, wenn er Mann sein wird,
nicht öffnen soll dem tödtenden Insekte
gerühmter besserer Vernunft das Herz
der zarten Götterblume -- daß er nicht
soll irre werden, wenn des Staubes Weisheit
Begeisterung, die Himmelstochter, lästert.
Ich hab' es ihm zuvor gesagt --
Königinn.
Wie, Marquis?
Und wozu führt --
Marquis sehr ernst.
Und sagen Sie ihm, daß
ich Menschenglück auf seine Seele lege,
daß ich es sterbend von ihm fodre -- fodre,
und sehr dazu berechtigt war. Es hätte
bei mir gestanden einen neuen Morgen
Vierter Akt.
Ob er vollende oder unterliege —
ihm einerlei! Er lege Hand an. Wenn
Jahrhunderte dahin geflohen, wird
die Vorſicht einen Fürſtenſohn, wie er,
auf einem Thron, wie ſeiner, wiederhohlen,
aus den Ruinen ſeinen Torſo graben,
und ihren neuen Liebling mit derſelben
Begeiſterung entzünden. Sagen Sie
ihm, daß er für die Träume ſeiner Jugend
ſoll Achtung tragen, wenn er Mann ſein wird,
nicht öffnen ſoll dem tödtenden Inſekte
gerühmter beſſerer Vernunft das Herz
der zarten Götterblume — daß er nicht
ſoll irre werden, wenn des Staubes Weisheit
Begeiſterung, die Himmelstochter, läſtert.
Ich hab’ es ihm zuvor geſagt —
Königinn.
Wie, Marquis?
Und wozu führt —
Marquis ſehr ernſt.
Und ſagen Sie ihm, daß
ich Menſchenglück auf ſeine Seele lege,
daß ich es ſterbend von ihm fodre — fodre,
und ſehr dazu berechtigt war. Es hätte
bei mir geſtanden einen neuen Morgen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#MAR">
              <p><pb facs="#f0407" n="395"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Vierter Akt</hi>.</fw><lb/>
Ob er vollende oder unterliege &#x2014;<lb/>
ihm einerlei! Er lege Hand an. Wenn<lb/>
Jahrhunderte dahin geflohen, wird<lb/>
die Vor&#x017F;icht einen Für&#x017F;ten&#x017F;ohn, wie er,<lb/>
auf einem Thron, wie &#x017F;einer, wiederhohlen,<lb/>
aus den Ruinen &#x017F;einen Tor&#x017F;o graben,<lb/>
und ihren neuen Liebling mit der&#x017F;elben<lb/>
Begei&#x017F;terung entzünden. Sagen Sie<lb/>
ihm, daß er für die Träume &#x017F;einer Jugend<lb/>
&#x017F;oll Achtung tragen, wenn er Mann &#x017F;ein wird,<lb/>
nicht öffnen &#x017F;oll dem tödtenden In&#x017F;ekte<lb/>
gerühmter be&#x017F;&#x017F;erer Vernunft das Herz<lb/>
der zarten Götterblume &#x2014; daß er nicht<lb/>
&#x017F;oll irre werden, wenn des Staubes Weisheit<lb/>
Begei&#x017F;terung, die Himmelstochter, lä&#x017F;tert.<lb/>
Ich hab&#x2019; es ihm zuvor ge&#x017F;agt &#x2014;</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#KOENIGI">
              <speaker><hi rendition="#g">Königinn</hi>.</speaker><lb/>
              <p><hi rendition="#et">Wie, Marquis?</hi><lb/>
Und wozu führt &#x2014;</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#MAR">
              <speaker> <hi rendition="#g">Marquis</hi> </speaker>
              <stage>&#x017F;ehr ern&#x017F;t.</stage><lb/>
              <p><hi rendition="#et">Und &#x017F;agen Sie ihm, daß</hi><lb/>
ich Men&#x017F;chenglück auf &#x017F;eine Seele lege,<lb/>
daß ich es &#x017F;terbend von ihm fodre &#x2014; fodre,<lb/>
und &#x017F;ehr dazu berechtigt war. Es hätte<lb/>
bei mir ge&#x017F;tanden einen neuen Morgen<lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[395/0407] Vierter Akt. Ob er vollende oder unterliege — ihm einerlei! Er lege Hand an. Wenn Jahrhunderte dahin geflohen, wird die Vorſicht einen Fürſtenſohn, wie er, auf einem Thron, wie ſeiner, wiederhohlen, aus den Ruinen ſeinen Torſo graben, und ihren neuen Liebling mit derſelben Begeiſterung entzünden. Sagen Sie ihm, daß er für die Träume ſeiner Jugend ſoll Achtung tragen, wenn er Mann ſein wird, nicht öffnen ſoll dem tödtenden Inſekte gerühmter beſſerer Vernunft das Herz der zarten Götterblume — daß er nicht ſoll irre werden, wenn des Staubes Weisheit Begeiſterung, die Himmelstochter, läſtert. Ich hab’ es ihm zuvor geſagt — Königinn. Wie, Marquis? Und wozu führt — Marquis ſehr ernſt. Und ſagen Sie ihm, daß ich Menſchenglück auf ſeine Seele lege, daß ich es ſterbend von ihm fodre — fodre, und ſehr dazu berechtigt war. Es hätte bei mir geſtanden einen neuen Morgen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/407
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/407>, abgerufen am 21.11.2024.