geschehn -- und meine Bürginn, Königinn, sind Sie! Nach einigem Stillschweigen. Ich sah' sie keimen, diese Liebe, sah' der Leidenschaften unglückseligste in seinem Herzen Wurzel fassen -- Damals stand es in meiner Macht, sie zu bekämpfen. Ich that es nicht. Ich nährte diese Liebe, die mir nicht unglückselig war. Die Welt kann anders richten. Ich bereue nicht. Mein Herz klagt mich nicht an. Ich sahe Leben, wo sie nur Tod -- In dieser hoffnungslosen Flamme erkannt' ich früh' der Hoffnung goldnen Strahl. Ich wollt' ihn führen zum Vortrefflichen, die stolze königliche Frucht, woran nur Menschenalter langsam pflanzen, sollte ein schneller Lenz der wunderthät'gen Liebe beschleunigen. Mir sollte seine Tugend an diesem kräft'gen Sonnenblicke reifen. Zur höchsten Schönheit wollt' ich ihn erheben: die Sterblichkeit versagte mir ein Bild, die Sprache Worte -- da verwies ich ihn auf dieses -- meine ganze Leitung war, ihm seine Liebe zu erklären.
Dom Karlos.
geſchehn — und meine Bürginn, Königinn, ſind Sie! Nach einigem Stillſchweigen. Ich ſah’ ſie keimen, dieſe Liebe, ſah’ der Leidenſchaften unglückſeligſte in ſeinem Herzen Wurzel faſſen — Damals ſtand es in meiner Macht, ſie zu bekämpfen. Ich that es nicht. Ich nährte dieſe Liebe, die mir nicht unglückſelig war. Die Welt kann anders richten. Ich bereue nicht. Mein Herz klagt mich nicht an. Ich ſahe Leben, wo ſie nur Tod — In dieſer hoffnungsloſen Flamme erkannt’ ich früh’ der Hoffnung goldnen Strahl. Ich wollt’ ihn führen zum Vortrefflichen, die ſtolze königliche Frucht, woran nur Menſchenalter langſam pflanzen, ſollte ein ſchneller Lenz der wunderthät’gen Liebe beſchleunigen. Mir ſollte ſeine Tugend an dieſem kräft’gen Sonnenblicke reifen. Zur höchſten Schönheit wollt’ ich ihn erheben: die Sterblichkeit verſagte mir ein Bild, die Sprache Worte — da verwies ich ihn auf dieſes — meine ganze Leitung war, ihm ſeine Liebe zu erklären.
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Dom Karlos.
geſchehn — und meine Bürginn, Königinn,
ſind Sie!
Nach einigem Stillſchweigen.
Ich ſah’ ſie keimen, dieſe Liebe, ſah’
der Leidenſchaften unglückſeligſte
in ſeinem Herzen Wurzel faſſen — Damals
ſtand es in meiner Macht, ſie zu bekämpfen.
Ich that es nicht. Ich nährte dieſe Liebe,
die mir nicht unglückſelig war. Die Welt
kann anders richten. Ich bereue nicht.
Mein Herz klagt mich nicht an. Ich ſahe
Leben,
wo ſie nur Tod — In dieſer hoffnungsloſen
Flamme
erkannt’ ich früh’ der Hoffnung goldnen Strahl.
Ich wollt’ ihn führen zum Vortrefflichen,
die ſtolze königliche Frucht, woran
nur Menſchenalter langſam pflanzen, ſollte
ein ſchneller Lenz der wunderthät’gen Liebe
beſchleunigen. Mir ſollte ſeine Tugend
an dieſem kräft’gen Sonnenblicke reifen.
Zur höchſten Schönheit wollt’ ich ihn erheben:
die Sterblichkeit verſagte mir ein Bild,
die Sprache Worte — da verwies ich ihn
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Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/410>, abgerufen am 16.06.2024.
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