Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.daß Sie reden. Sie dürften sonst Wunder glau¬ Wenn ich finster bin, gnädigster Herr, sagte "Ich weiß," fuhr er fort, daß ich Ihnen nicht Der Graf von O*** hat mir nichts ge¬ "Nichts? Warum wollen Sie es läugnen? Der Graf von O***, sagte ich, hat mir "Ich habe Unrecht gethan," fuhr er fort. Ich sehe wohl ein, daß dieß nothwendig "Ich hätte mich nicht in die Nothwendigkeit Ich schwieg. "Freylich! Ich hätte mich mit meinen Wün¬ migkeit
daß Sie reden. Sie dürften ſonſt Wunder glau¬ Wenn ich finſter bin, gnädigſter Herr, ſagte „Ich weiß,“ fuhr er fort, daß ich Ihnen nicht Der Graf von O*** hat mir nichts ge¬ „Nichts? Warum wollen Sie es läugnen? Der Graf von O***, ſagte ich, hat mir „Ich habe Unrecht gethan,“ fuhr er fort. Ich ſehe wohl ein, daß dieß nothwendig „Ich hätte mich nicht in die Nothwendigkeit Ich ſchwieg. „Freylich! Ich hätte mich mit meinen Wün¬ migkeit
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daß Sie reden. Sie dürften ſonſt Wunder glau¬
ben, was für weiſe Dinge Sie verſchwiegen.“
Wenn ich finſter bin, gnädigſter Herr, ſagte
ich, ſo iſt es nur, weil ich Sie nicht heiter
ſehe.
„Ich weiß,“ fuhr er fort, daß ich Ihnen nicht
recht bin — ſchon ſeit geraumer Zeit — daß alle
meine Schritte gemißbilligt werden — daß —
was ſchreibt der Graf von O***?“
Der Graf von O*** hat mir nichts ge¬
ſchrieben.
„Nichts? Warum wollen Sie es läugnen?
Sie haben Herzensergießungen zuſammen — Sie
und der Graf. Ich weiß es recht gut. Aber ge¬
ſtehen Sie mir's immer. Ich werde mich nicht in
Ihre Geheimniſſe eindringen.“
Der Graf von O***, ſagte ich, hat mir
von drey Briefen, die ich ihm ſchrieb, noch den er¬
ſten zu beantworten.
„Ich habe Unrecht gethan,“ fuhr er fort.
„Nicht wahr? (eine Rolle ergreifend). Ich hätte
das nicht thun ſollen?“
Ich ſehe wohl ein, daß dieß nothwendig
war.
„Ich hätte mich nicht in die Nothwendigkeit
ſetzen ſollen?“
Ich ſchwieg.
„Freylich! Ich hätte mich mit meinen Wün¬
ſchen nie über das hinaus wagen ſollen, und
darüber zum Greis werden, wie ich zum Mann
geworden bin! Weil ich aus der traurigen Einför¬
migkeit
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