Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.len auf ihn, die ihn früher oder später, in einem Der Gedanke diente nur der Bewegung? Das "Zweck überhaupt hätten wir nie sagen sollen. zwar
len auf ihn, die ihn früher oder ſpäter, in einem Der Gedanke diente nur der Bewegung? Das „Zweck überhaupt hätten wir nie ſagen ſollen. zwar
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0138" n="130"/> len auf ihn, die ihn früher oder ſpäter, in einem<lb/> höhern oder niedrigern Bogen, zur mütterlichen Er¬<lb/> de zurück treiben. Und ſo <hi rendition="#g">ſpät</hi> zu fallen, mußte<lb/> er mit dieſer üppigen Kraft aufſteigen — gerade<lb/> eine elaſtiſche Kraft, wie der Trieb zur Unſterblich¬<lb/> keit, gehörte dazu, wenn ſich die Menſchenerſchei¬<lb/> nung gegen die heran drückende Nothwendigkeit<lb/> Raum machen ſollte. Ich gebe mich überwunden,<lb/> liebſter Freund, wenn Sie mir darthun, daß die¬<lb/> ſen Trieb zur Unſterblichkeit im Menſchen nicht eben<lb/> ſo vollkommen mit dem zeitlichen Zweck ſeines Da¬<lb/> ſeyns aufgehe, als ſeine ſinnlichſten Triebe. Frey¬<lb/> lich verführt uns unſer Stolz, Kräfte, die wir<lb/> nur <hi rendition="#g">für</hi>, nur <hi rendition="#g">durch</hi> die Nothwendigkeit haben,<lb/> gegen ſie ſelbſt anzuwenden; aber hätten wir wohl<lb/> dieſen Stolz, wenn ſie nicht auch von <hi rendition="#g">ihm</hi> Vor¬<lb/> theile zöge? Wäre ſie ein vernünftiges Weſen, ſie<lb/> müßte ſich unſrer Philoſophien ungefähr eben ſo<lb/> freuen, wie ſich ein weiſer Feldherr an dem Muth¬<lb/> willen ſeiner kriegeriſchen Jugend ergötzet, der ihm<lb/> Helden im Gefechte verſpricht.“</p><lb/> <p>Der Gedanke diente nur der Bewegung? Das<lb/> Ganze wäre todt, und die Theile lebten? Der<lb/> Zweck wäre ſo <hi rendition="#g">gemein</hi>, und die Mittel ſo<lb/><hi rendition="#g">edel</hi>?</p><lb/> <p><hi rendition="#g">„Zweck</hi> überhaupt hätten wir nie ſagen ſollen.<lb/> Um in Ihre Vorſtellungsart einzutreten, entlehne<lb/> ich dieſen Begriff von der moraliſchen Welt, weil<lb/> wir hier gewohnt ſind, die Folgen einer Handlung<lb/> ihren Zweck zu nennen. In der Seele ſelbſt geht<lb/> <fw place="bottom" type="catch">zwar<lb/></fw> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [130/0138]
len auf ihn, die ihn früher oder ſpäter, in einem
höhern oder niedrigern Bogen, zur mütterlichen Er¬
de zurück treiben. Und ſo ſpät zu fallen, mußte
er mit dieſer üppigen Kraft aufſteigen — gerade
eine elaſtiſche Kraft, wie der Trieb zur Unſterblich¬
keit, gehörte dazu, wenn ſich die Menſchenerſchei¬
nung gegen die heran drückende Nothwendigkeit
Raum machen ſollte. Ich gebe mich überwunden,
liebſter Freund, wenn Sie mir darthun, daß die¬
ſen Trieb zur Unſterblichkeit im Menſchen nicht eben
ſo vollkommen mit dem zeitlichen Zweck ſeines Da¬
ſeyns aufgehe, als ſeine ſinnlichſten Triebe. Frey¬
lich verführt uns unſer Stolz, Kräfte, die wir
nur für, nur durch die Nothwendigkeit haben,
gegen ſie ſelbſt anzuwenden; aber hätten wir wohl
dieſen Stolz, wenn ſie nicht auch von ihm Vor¬
theile zöge? Wäre ſie ein vernünftiges Weſen, ſie
müßte ſich unſrer Philoſophien ungefähr eben ſo
freuen, wie ſich ein weiſer Feldherr an dem Muth¬
willen ſeiner kriegeriſchen Jugend ergötzet, der ihm
Helden im Gefechte verſpricht.“
Der Gedanke diente nur der Bewegung? Das
Ganze wäre todt, und die Theile lebten? Der
Zweck wäre ſo gemein, und die Mittel ſo
edel?
„Zweck überhaupt hätten wir nie ſagen ſollen.
Um in Ihre Vorſtellungsart einzutreten, entlehne
ich dieſen Begriff von der moraliſchen Welt, weil
wir hier gewohnt ſind, die Folgen einer Handlung
ihren Zweck zu nennen. In der Seele ſelbſt geht
zwar
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