tem entdeckten wir Biondello, der am Eingang der Kirche wartete. Als wir näher kamen, trat der Prinz etwas hastig aus einer Seitenthüre, sein Ge¬ sicht glühte, seine Augen suchten Biondello, den er herbey rief. Er schien ihm etwas sehr angele¬ gentlich zu befehlen, wobey er immer die Augen auf die Thüre richtete, die offen geblieben war. Biondello eilte schnell von ihm in die Kirche -- der Prinz, ohne uns gewahr zu werden, drückte sich an uns vorbey, durch die Menge, und eilte zur Gesellschaft zurück, wo er noch vor uns anlangte.
Es wurde beschlossen, in einem offenen Pavillon dieses Gartens das Souper einzunehmen, wozu der Marchese ohne unser Wissen ein kleines Konzert veranstaltet hatte, das ganz auserlesen war. Be¬ sonders ließ sich eine junge Sängerin dabey hören, die uns alle durch ihre liebliche Stimme wie durch ihre reitzende Figur, entzückte. Auf den Prinzen schien nichts Eindruck zu machen, er sprach wenig, und antwortete zerstreut, seine Augen waren un¬ ruhig nach der Gegend gekehrt, woher Biondello kommen mußte; eine große Bewegung schien in seinem Innern vorzugehen. Civitella fragte, wie ihm die Kirche gefallen hätte; er wußte nichts da¬ von zu sagen. Man sprach von einigen vorzügli¬ chen Gemählden, die sie merkwürdig machten; er hatte kein Gemählde gesehen. Wir merkten, daß unsere Fragen ihn belästigten und schwiegen. Eine Stunde verging nach der andern, und Biondello kam noch immer nicht. Des Prinzen Ungeduld
stieg
tem entdeckten wir Biondello, der am Eingang der Kirche wartete. Als wir näher kamen, trat der Prinz etwas haſtig aus einer Seitenthüre, ſein Ge¬ ſicht glühte, ſeine Augen ſuchten Biondello, den er herbey rief. Er ſchien ihm etwas ſehr angele¬ gentlich zu befehlen, wobey er immer die Augen auf die Thüre richtete, die offen geblieben war. Biondello eilte ſchnell von ihm in die Kirche — der Prinz, ohne uns gewahr zu werden, drückte ſich an uns vorbey, durch die Menge, und eilte zur Geſellſchaft zurück, wo er noch vor uns anlangte.
Es wurde beſchloſſen, in einem offenen Pavillon dieſes Gartens das Souper einzunehmen, wozu der Marcheſe ohne unſer Wiſſen ein kleines Konzert veranſtaltet hatte, das ganz auserleſen war. Be¬ ſonders ließ ſich eine junge Sängerin dabey hören, die uns alle durch ihre liebliche Stimme wie durch ihre reitzende Figur, entzückte. Auf den Prinzen ſchien nichts Eindruck zu machen, er ſprach wenig, und antwortete zerſtreut, ſeine Augen waren un¬ ruhig nach der Gegend gekehrt, woher Biondello kommen mußte; eine große Bewegung ſchien in ſeinem Innern vorzugehen. Civitella fragte, wie ihm die Kirche gefallen hätte; er wußte nichts da¬ von zu ſagen. Man ſprach von einigen vorzügli¬ chen Gemählden, die ſie merkwürdig machten; er hatte kein Gemählde geſehen. Wir merkten, daß unſere Fragen ihn beläſtigten und ſchwiegen. Eine Stunde verging nach der andern, und Biondello kam noch immer nicht. Des Prinzen Ungeduld
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tem entdeckten wir Biondello, der am Eingang der
Kirche wartete. Als wir näher kamen, trat der
Prinz etwas haſtig aus einer Seitenthüre, ſein Ge¬
ſicht glühte, ſeine Augen ſuchten Biondello, den
er herbey rief. Er ſchien ihm etwas ſehr angele¬
gentlich zu befehlen, wobey er immer die Augen
auf die Thüre richtete, die offen geblieben war.
Biondello eilte ſchnell von ihm in die Kirche — der
Prinz, ohne uns gewahr zu werden, drückte ſich
an uns vorbey, durch die Menge, und eilte zur
Geſellſchaft zurück, wo er noch vor uns anlangte.
Es wurde beſchloſſen, in einem offenen Pavillon
dieſes Gartens das Souper einzunehmen, wozu
der Marcheſe ohne unſer Wiſſen ein kleines Konzert
veranſtaltet hatte, das ganz auserleſen war. Be¬
ſonders ließ ſich eine junge Sängerin dabey hören,
die uns alle durch ihre liebliche Stimme wie durch
ihre reitzende Figur, entzückte. Auf den Prinzen
ſchien nichts Eindruck zu machen, er ſprach wenig,
und antwortete zerſtreut, ſeine Augen waren un¬
ruhig nach der Gegend gekehrt, woher Biondello
kommen mußte; eine große Bewegung ſchien in
ſeinem Innern vorzugehen. Civitella fragte, wie
ihm die Kirche gefallen hätte; er wußte nichts da¬
von zu ſagen. Man ſprach von einigen vorzügli¬
chen Gemählden, die ſie merkwürdig machten; er
hatte kein Gemählde geſehen. Wir merkten, daß
unſere Fragen ihn beläſtigten und ſchwiegen. Eine
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Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/176>, abgerufen am 17.02.2025.
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