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Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.

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stieg auf's höchste; er hob die Tafel frühzeitig auf,
und ging in einer abgelegenen Allee ganz allein mit
starken Schritten auf und nieder. Niemand be¬
griff, was ihm begegnet seyn mochte. Ich wagte
es nicht, ihn um die Ursache einer so seltsamen
Veränderung zu befragen; es ist schon lange, daß
ich mir die vorigen Vertraulichkeiten nicht mehr
bey ihm heraus nehme. Mit desto mehr Ungeduld
erwartete ich Biondellos Zurückkunft, der mir dieses
Räthsel aufklären sollte.

Es war nach zehn Uhr, als der wieder kam.
Die Nachrichten, die er dem Prinzen mitbrachte,
trugen nichts dazu bey, diesen gesprächiger zu
machen. Mißmuthig trat er zur Gesellschaft, die
Gondel wurde bestellt, und bald darauf fuhren
wir nach Hause.

Den ganzen Abend konnte ich keine Gelegen¬
heit finden, Biondello zu sprechen, ich mußte mich
also mit meiner unbefriedigten Neugierde schlafen
legen. Der Prinz hatte uns frühzeitig entlassen,
aber tausend Gedanken, die mir durch den Kopf
gingen, erhielten mich munter. Lange hört' ich
ihn über meinem Schlafzimmer auf und nieder
gehen; endlich überwältigte mich der Schlaf.
Spät nach Mitternacht erweckte mich eine Stimme
-- eine Hand fuhr über mein Gesicht; wie ich
aufsah, war es der Prinz, der, ein Licht in der
Hand, vor meinem Bette stand Er könne nicht
einschlafen, sagte er, und bath mich, ihm die
Nacht verkürzen zu helfen. Ich wollte mich in

meine
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ſtieg auf's höchſte; er hob die Tafel frühzeitig auf,
und ging in einer abgelegenen Allee ganz allein mit
ſtarken Schritten auf und nieder. Niemand be¬
griff, was ihm begegnet ſeyn mochte. Ich wagte
es nicht, ihn um die Urſache einer ſo ſeltſamen
Veränderung zu befragen; es iſt ſchon lange, daß
ich mir die vorigen Vertraulichkeiten nicht mehr
bey ihm heraus nehme. Mit deſto mehr Ungeduld
erwartete ich Biondellos Zurückkunft, der mir dieſes
Räthſel aufklären ſollte.

Es war nach zehn Uhr, als der wieder kam.
Die Nachrichten, die er dem Prinzen mitbrachte,
trugen nichts dazu bey, dieſen geſprächiger zu
machen. Mißmuthig trat er zur Geſellſchaft, die
Gondel wurde beſtellt, und bald darauf fuhren
wir nach Hauſe.

Den ganzen Abend konnte ich keine Gelegen¬
heit finden, Biondello zu ſprechen, ich mußte mich
alſo mit meiner unbefriedigten Neugierde ſchlafen
legen. Der Prinz hatte uns frühzeitig entlaſſen,
aber tauſend Gedanken, die mir durch den Kopf
gingen, erhielten mich munter. Lange hört' ich
ihn über meinem Schlafzimmer auf und nieder
gehen; endlich überwältigte mich der Schlaf.
Spät nach Mitternacht erweckte mich eine Stimme
— eine Hand fuhr über mein Geſicht; wie ich
aufſah, war es der Prinz, der, ein Licht in der
Hand, vor meinem Bette ſtand Er könne nicht
einſchlafen, ſagte er, und bath mich, ihm die
Nacht verkürzen zu helfen. Ich wollte mich in

meine
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[169/0177] ſtieg auf's höchſte; er hob die Tafel frühzeitig auf, und ging in einer abgelegenen Allee ganz allein mit ſtarken Schritten auf und nieder. Niemand be¬ griff, was ihm begegnet ſeyn mochte. Ich wagte es nicht, ihn um die Urſache einer ſo ſeltſamen Veränderung zu befragen; es iſt ſchon lange, daß ich mir die vorigen Vertraulichkeiten nicht mehr bey ihm heraus nehme. Mit deſto mehr Ungeduld erwartete ich Biondellos Zurückkunft, der mir dieſes Räthſel aufklären ſollte. Es war nach zehn Uhr, als der wieder kam. Die Nachrichten, die er dem Prinzen mitbrachte, trugen nichts dazu bey, dieſen geſprächiger zu machen. Mißmuthig trat er zur Geſellſchaft, die Gondel wurde beſtellt, und bald darauf fuhren wir nach Hauſe. Den ganzen Abend konnte ich keine Gelegen¬ heit finden, Biondello zu ſprechen, ich mußte mich alſo mit meiner unbefriedigten Neugierde ſchlafen legen. Der Prinz hatte uns frühzeitig entlaſſen, aber tauſend Gedanken, die mir durch den Kopf gingen, erhielten mich munter. Lange hört' ich ihn über meinem Schlafzimmer auf und nieder gehen; endlich überwältigte mich der Schlaf. Spät nach Mitternacht erweckte mich eine Stimme — eine Hand fuhr über mein Geſicht; wie ich aufſah, war es der Prinz, der, ein Licht in der Hand, vor meinem Bette ſtand Er könne nicht einſchlafen, ſagte er, und bath mich, ihm die Nacht verkürzen zu helfen. Ich wollte mich in meine L 5

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/177>, abgerufen am 23.11.2024.