Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.des alten Marchese zu vermehren und seine Erwar¬ Winke
des alten Marcheſe zu vermehren und ſeine Erwar¬ Winke
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0070" n="62"/> des alten Marcheſe zu vermehren und ſeine Erwar¬<lb/> tungen von mir zu erhöhen. Wie weit ich es mit<lb/> ihm gebracht, und welche Wege ich dabey gegan¬<lb/> gen, erlaſſen ſie mir zu erzählen; aus den Ge¬<lb/> ſtändniſſen, die ich Ihnen bereits gethan, können<lb/> Sie auf alles übrige ſchließen. Da ich mir alle<lb/> myſtiſche Bücher zu nutze machte, die ſich in der<lb/> ſehr anſehnlichen Bibliothek des Marcheſe befan¬<lb/> den, ſo gelang es mir bald, in ſeiner Sprache mit<lb/> ihm zu reden, und mein Syſtem von der unſicht¬<lb/> baren Welt mit den abentheuerlichſten Erfindun¬<lb/> gen aufzuſtutzen. In kurzem glaubte er was ich<lb/> wollte, und hätte eben ſo zuverſichtlich auf die Be¬<lb/> gattungen der Philoſophen mit Salamandrinnen<lb/> und Sylphiden, als auf einen Artikel des Kanons<lb/> geſchworen. Da er überdies ſehr religiös war,<lb/> und ſeine Anlage zum Glauben in dieſer Schule zu<lb/> einem hohen Grade ausgebildet hatte, ſo fanden<lb/> meine Mährchen bey ihm deſto leichter Eingang,<lb/> und zulezt hatte ich ihn mit Myſtizität ſo umſtrickt<lb/> und umwunden, daß nichts mehr bey ihm Credit<lb/> hatte, ſobald es natürlich war. In kurzem war<lb/> ich der angebetete Apoſtel des Hauſes. Der ge¬<lb/> wöhnliche Inhalt meiner Vorleſungen war die Ex¬<lb/> altation der menſchlichen Natur, und der Umgang<lb/> mit höhern Weſen, mein Gewährsmann der un¬<lb/> trügliche Graf von Gabalis. Die junge Gräfinn,<lb/> die ſeit dem Verluſt ihres Geliebten ohnehin mehr<lb/> in der Geiſterwelt als in der wirklichen lebte, und<lb/> überdieß eine große Miſchung von Melancholie in<lb/> ihrem Charakter hatte, fing meine hingeworfenen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Winke<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [62/0070]
des alten Marcheſe zu vermehren und ſeine Erwar¬
tungen von mir zu erhöhen. Wie weit ich es mit
ihm gebracht, und welche Wege ich dabey gegan¬
gen, erlaſſen ſie mir zu erzählen; aus den Ge¬
ſtändniſſen, die ich Ihnen bereits gethan, können
Sie auf alles übrige ſchließen. Da ich mir alle
myſtiſche Bücher zu nutze machte, die ſich in der
ſehr anſehnlichen Bibliothek des Marcheſe befan¬
den, ſo gelang es mir bald, in ſeiner Sprache mit
ihm zu reden, und mein Syſtem von der unſicht¬
baren Welt mit den abentheuerlichſten Erfindun¬
gen aufzuſtutzen. In kurzem glaubte er was ich
wollte, und hätte eben ſo zuverſichtlich auf die Be¬
gattungen der Philoſophen mit Salamandrinnen
und Sylphiden, als auf einen Artikel des Kanons
geſchworen. Da er überdies ſehr religiös war,
und ſeine Anlage zum Glauben in dieſer Schule zu
einem hohen Grade ausgebildet hatte, ſo fanden
meine Mährchen bey ihm deſto leichter Eingang,
und zulezt hatte ich ihn mit Myſtizität ſo umſtrickt
und umwunden, daß nichts mehr bey ihm Credit
hatte, ſobald es natürlich war. In kurzem war
ich der angebetete Apoſtel des Hauſes. Der ge¬
wöhnliche Inhalt meiner Vorleſungen war die Ex¬
altation der menſchlichen Natur, und der Umgang
mit höhern Weſen, mein Gewährsmann der un¬
trügliche Graf von Gabalis. Die junge Gräfinn,
die ſeit dem Verluſt ihres Geliebten ohnehin mehr
in der Geiſterwelt als in der wirklichen lebte, und
überdieß eine große Miſchung von Melancholie in
ihrem Charakter hatte, fing meine hingeworfenen
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