Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.Zweifel zu ziehen -- kann gegen Wahrheit und Aber was für Gründe sollte er haben, einem "Wenn ich diese Gründe auch nicht einsehe, Der Umstand mit dem Ringe scheint mir frey¬ "Er
Zweifel zu ziehen — kann gegen Wahrheit und Aber was für Gründe ſollte er haben, einem „Wenn ich dieſe Gründe auch nicht einſehe, Der Umſtand mit dem Ringe ſcheint mir frey¬ „Er
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0085" n="77"/> Zweifel zu ziehen — kann gegen Wahrheit und<lb/> geſunde Vernunft nicht in Anſchlag kommen. Ver¬<lb/> dient ein Menſch, der mich mehrmal betrogen, der<lb/> den Betrug zu ſeinem Handwerk gemacht hat, in<lb/> einer Sache gehört zu werden, wo die aufrichtig¬<lb/> ſte Wahrheitsliebe ſelbſt ſich erſt reinigen muß, um<lb/> Glauben zu verdienen? Verdient ein ſolcher Menſch,<lb/> der vielleicht nie eine Wahrheit um ihrer ſelbſt wil¬<lb/> len geſagt hat, <hi rendition="#g">da</hi> Glauben, wo er als Zeuge ge¬<lb/> gen Menſchenvernunft und ewige Naturordnung<lb/> auftritt? Das klingt eben ſo, als wenn ich einen<lb/> gebrandmarkten Böſewicht bevollmächtigen wollte,<lb/> gegen die nie befleckte und nie beſcholtene Unſchuld zu<lb/> klagen.“</p><lb/> <p>Aber was für Gründe ſollte er haben, einem<lb/> Manne, den er ſo viele Urſachen hat zu haſſen,<lb/> wenigſtens zu fürchten, ein ſo glorreiches Zeugniß<lb/> zu geben?</p><lb/> <p>„Wenn ich dieſe Gründe auch nicht einſehe,<lb/> ſoll er ſie deswegen weniger haben? Weiß ich, in<lb/><hi rendition="#g">weſſen</hi> Solde er mich belog? Ich geſtehe, daß<lb/> ich das ganze Gewebe ſeines Betrugs noch nicht<lb/> ganz durchſchaue; aber er hat der Sache, für die<lb/> er ſtreitet, einen ſehr ſchlechten Dienſt gethan, daß<lb/> er ſich mir als einen Betrüger — und vielleicht<lb/> als etwas noch ſchlimmres — entlarvte.“</p><lb/> <p>Der Umſtand mit dem Ringe ſcheint mir frey¬<lb/> lich etwas verdächtig.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">„Er<lb/></fw> </div> </div> </body> </text> </TEI> [77/0085]
Zweifel zu ziehen — kann gegen Wahrheit und
geſunde Vernunft nicht in Anſchlag kommen. Ver¬
dient ein Menſch, der mich mehrmal betrogen, der
den Betrug zu ſeinem Handwerk gemacht hat, in
einer Sache gehört zu werden, wo die aufrichtig¬
ſte Wahrheitsliebe ſelbſt ſich erſt reinigen muß, um
Glauben zu verdienen? Verdient ein ſolcher Menſch,
der vielleicht nie eine Wahrheit um ihrer ſelbſt wil¬
len geſagt hat, da Glauben, wo er als Zeuge ge¬
gen Menſchenvernunft und ewige Naturordnung
auftritt? Das klingt eben ſo, als wenn ich einen
gebrandmarkten Böſewicht bevollmächtigen wollte,
gegen die nie befleckte und nie beſcholtene Unſchuld zu
klagen.“
Aber was für Gründe ſollte er haben, einem
Manne, den er ſo viele Urſachen hat zu haſſen,
wenigſtens zu fürchten, ein ſo glorreiches Zeugniß
zu geben?
„Wenn ich dieſe Gründe auch nicht einſehe,
ſoll er ſie deswegen weniger haben? Weiß ich, in
weſſen Solde er mich belog? Ich geſtehe, daß
ich das ganze Gewebe ſeines Betrugs noch nicht
ganz durchſchaue; aber er hat der Sache, für die
er ſtreitet, einen ſehr ſchlechten Dienſt gethan, daß
er ſich mir als einen Betrüger — und vielleicht
als etwas noch ſchlimmres — entlarvte.“
Der Umſtand mit dem Ringe ſcheint mir frey¬
lich etwas verdächtig.
„Er
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