bemahlte Thonkugel seyn konnte? Gaben Sie Acht, ob er sie auch wirklich in den Lauf der Pistole, oder nicht nebenbey in seine Hand fallen ließ? Was überzeugt Sie -- gesezt er hätte sie auch wirklich scharf geladen -- daß er gerade die geladenen in den andern Pavillon mit hinüber nahm, und nicht vielmehr ein andres Paar unterschob, welches so leicht anging, da es niemand einfiel, ihn zu beob¬ achten, und wir überdieß mit dem Auskleiden be¬ schäftigt waren? Und konnte die Gestalt nicht in dem Augenblicke, da der Pulverrauch sie uns ent¬ zog, eine andre Kugel, womit sie auf den Noth¬ fall versehen war, auf den Altar fallen lassen? Welcher von allen diesen Fällen ist der unmög¬ liche?"
Sie haben Recht. Aber diese treffende Aehn¬ lichkeit der Gestalt mit Ihrem verstorbenen Freun¬ de -- Ich habe ihn ja auch sehr oft bey Ihnen gesehen, und in dem Geiste hab' ich ihn auf der Stelle wieder erkannt.
"Auch ich -- und ich kann nicht anders sagen, als daß die Täuschung auf's höchste getrieben war. Wenn aber nun dieser Sicilianer, nach einigen we¬ nigen verstohlnen Blicken, die er auf meine Taba¬ tiere warf, auch in sein Gemählde eine Aehnlich¬ keit zu bringen wußte, die Sie und mich hinter¬ ging, warum nicht um so viel mehr der Russe, der während der ganzen Tafel den freyen Gebrauch meiner Tabatiere hatte, der den Vortheil genoß, immer und durchaus unbeobachtet zu bleiben, und dem ich noch außerdem im Vertrauen entdeckt hatte,
wer
bemahlte Thonkugel ſeyn konnte? Gaben Sie Acht, ob er ſie auch wirklich in den Lauf der Piſtole, oder nicht nebenbey in ſeine Hand fallen ließ? Was überzeugt Sie — geſezt er hätte ſie auch wirklich ſcharf geladen — daß er gerade die geladenen in den andern Pavillon mit hinüber nahm, und nicht vielmehr ein andres Paar unterſchob, welches ſo leicht anging, da es niemand einfiel, ihn zu beob¬ achten, und wir überdieß mit dem Auskleiden be¬ ſchäftigt waren? Und konnte die Geſtalt nicht in dem Augenblicke, da der Pulverrauch ſie uns ent¬ zog, eine andre Kugel, womit ſie auf den Noth¬ fall verſehen war, auf den Altar fallen laſſen? Welcher von allen dieſen Fällen iſt der unmög¬ liche?“
Sie haben Recht. Aber dieſe treffende Aehn¬ lichkeit der Geſtalt mit Ihrem verſtorbenen Freun¬ de — Ich habe ihn ja auch ſehr oft bey Ihnen geſehen, und in dem Geiſte hab' ich ihn auf der Stelle wieder erkannt.
„Auch ich — und ich kann nicht anders ſagen, als daß die Täuſchung auf's höchſte getrieben war. Wenn aber nun dieſer Sicilianer, nach einigen we¬ nigen verſtohlnen Blicken, die er auf meine Taba¬ tiere warf, auch in ſein Gemählde eine Aehnlich¬ keit zu bringen wußte, die Sie und mich hinter¬ ging, warum nicht um ſo viel mehr der Ruſſe, der während der ganzen Tafel den freyen Gebrauch meiner Tabatiere hatte, der den Vortheil genoß, immer und durchaus unbeobachtet zu bleiben, und dem ich noch außerdem im Vertrauen entdeckt hatte,
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bemahlte Thonkugel ſeyn konnte? Gaben Sie Acht,
ob er ſie auch wirklich in den Lauf der Piſtole, oder
nicht nebenbey in ſeine Hand fallen ließ? Was
überzeugt Sie — geſezt er hätte ſie auch wirklich
ſcharf geladen — daß er gerade die geladenen in
den andern Pavillon mit hinüber nahm, und nicht
vielmehr ein andres Paar unterſchob, welches ſo
leicht anging, da es niemand einfiel, ihn zu beob¬
achten, und wir überdieß mit dem Auskleiden be¬
ſchäftigt waren? Und konnte die Geſtalt nicht in
dem Augenblicke, da der Pulverrauch ſie uns ent¬
zog, eine andre Kugel, womit ſie auf den Noth¬
fall verſehen war, auf den Altar fallen laſſen?
Welcher von allen dieſen Fällen iſt der unmög¬
liche?“
Sie haben Recht. Aber dieſe treffende Aehn¬
lichkeit der Geſtalt mit Ihrem verſtorbenen Freun¬
de — Ich habe ihn ja auch ſehr oft bey Ihnen
geſehen, und in dem Geiſte hab' ich ihn auf der
Stelle wieder erkannt.
„Auch ich — und ich kann nicht anders ſagen,
als daß die Täuſchung auf's höchſte getrieben war.
Wenn aber nun dieſer Sicilianer, nach einigen we¬
nigen verſtohlnen Blicken, die er auf meine Taba¬
tiere warf, auch in ſein Gemählde eine Aehnlich¬
keit zu bringen wußte, die Sie und mich hinter¬
ging, warum nicht um ſo viel mehr der Ruſſe, der
während der ganzen Tafel den freyen Gebrauch
meiner Tabatiere hatte, der den Vortheil genoß,
immer und durchaus unbeobachtet zu bleiben, und
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Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/88>, abgerufen am 16.02.2025.
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