Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Botmäßigkeit brachte, schloß er der protestantischen Religion die Kirchen auf, doch ohne den Papisten den Druck zu vergelten, unter welchem sie seine Glaubensbrüder so lange gehalten hatten. Nur an denen, die sich ihm mit dem Degen in der Hand widersezten, wurde das schreckliche Recht des Kriegs ausgeübt; für einzelne Greuelthaten, welche sich eine gesezlose Soldateska in der blinden Wuth des ersten Angriffs erlaubt, kann man den menschenfreundlichen Führer nicht verantwortlich machen. Dem Friedfertigen und Wehrlosen widerfuhr eine gnädige Behandlung. Es war Gustav Adolphs heiligstes Gesez, das Blut der Feinde wie der Seinigen zu sparen.

Gleich auf die erste Nachricht des Schwedischen Einbruchs hatte der Bischof von Würzburg, unangesehen der Tractaten, die er, um Zeit zu gewinnen, mit dem König von Schweden anknüpfte, den Feldherrn der Ligue flehentlich aufgefodert, dem bedrängen Hochstift zu Hülfe zu eilen. Dieser geschlagene General hatte unterdessen die Trümmer seiner zerstreuten Armee an der Weser zusammengezogen, durch die kaiserlichen Garnisonen in Niedersachsen verstärkt, und sich in Hessen mit seinen Untergeneralen Altringer und Fugger vereinigt. An der Spize dieser ansehnlichen Kriegsmacht brannte Graf Tilly vor Ungeduld, die Schande seiner ersten Niederlage durch einen glänzendern Sieg wieder auszulöschen. In seinem Lager bey Fulda, wohin er mit dem Heere gerückt war, harrte er sehnsuchtsvoll auf Erlaubniß von dem Herzoge von Bayern, mit Gustav Adolph zu schlagen. Aber die Ligue hatte außer der Armee des Tilly keine zweyte mehr zu verlieren, und Maximilian war viel zu behutsam, das ganze Schicksal seiner Partey auf den Glückswurf eines neuen Treffens zu sezen. Mit Thränen in den Augen empfing Tilly die Befehle seines Herrn, welche ihn zur Unthätigkeit zwangen. So wurde der Marsch dieses Generals nach Franken verzögert, und Gustav Adolph gewann Zeit, das ganze Hochstift zu überschwemmen. Umsonst, daß sich Tilly

Botmäßigkeit brachte, schloß er der protestantischen Religion die Kirchen auf, doch ohne den Papisten den Druck zu vergelten, unter welchem sie seine Glaubensbrüder so lange gehalten hatten. Nur an denen, die sich ihm mit dem Degen in der Hand widersezten, wurde das schreckliche Recht des Kriegs ausgeübt; für einzelne Greuelthaten, welche sich eine gesezlose Soldateska in der blinden Wuth des ersten Angriffs erlaubt, kann man den menschenfreundlichen Führer nicht verantwortlich machen. Dem Friedfertigen und Wehrlosen widerfuhr eine gnädige Behandlung. Es war Gustav Adolphs heiligstes Gesez, das Blut der Feinde wie der Seinigen zu sparen.

Gleich auf die erste Nachricht des Schwedischen Einbruchs hatte der Bischof von Würzburg, unangesehen der Tractaten, die er, um Zeit zu gewinnen, mit dem König von Schweden anknüpfte, den Feldherrn der Ligue flehentlich aufgefodert, dem bedrängen Hochstift zu Hülfe zu eilen. Dieser geschlagene General hatte unterdessen die Trümmer seiner zerstreuten Armee an der Weser zusammengezogen, durch die kaiserlichen Garnisonen in Niedersachsen verstärkt, und sich in Hessen mit seinen Untergeneralen Altringer und Fugger vereinigt. An der Spize dieser ansehnlichen Kriegsmacht brannte Graf Tilly vor Ungeduld, die Schande seiner ersten Niederlage durch einen glänzendern Sieg wieder auszulöschen. In seinem Lager bey Fulda, wohin er mit dem Heere gerückt war, harrte er sehnsuchtsvoll auf Erlaubniß von dem Herzoge von Bayern, mit Gustav Adolph zu schlagen. Aber die Ligue hatte außer der Armee des Tilly keine zweyte mehr zu verlieren, und Maximilian war viel zu behutsam, das ganze Schicksal seiner Partey auf den Glückswurf eines neuen Treffens zu sezen. Mit Thränen in den Augen empfing Tilly die Befehle seines Herrn, welche ihn zur Unthätigkeit zwangen. So wurde der Marsch dieses Generals nach Franken verzögert, und Gustav Adolph gewann Zeit, das ganze Hochstift zu überschwemmen. Umsonst, daß sich Tilly

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0248" n="240"/>
Botmäßigkeit brachte, schloß er der protestantischen Religion           die Kirchen auf, doch ohne den Papisten den Druck zu vergelten, unter welchem sie seine           Glaubensbrüder so lange gehalten hatten. Nur an denen, die sich ihm mit dem Degen in der           Hand widersezten, wurde das schreckliche Recht des Kriegs ausgeübt; für einzelne           Greuelthaten, welche sich eine gesezlose Soldateska in der blinden Wuth des ersten           Angriffs erlaubt, kann man den menschenfreundlichen Führer nicht verantwortlich machen.           Dem Friedfertigen und Wehrlosen widerfuhr eine gnädige Behandlung. Es war <persName>Gustav Adolphs</persName>           heiligstes Gesez, das Blut der Feinde wie der Seinigen zu sparen.</p>
        <p>Gleich auf die erste Nachricht des Schwedischen Einbruchs hatte der Bischof von Würzburg,           unangesehen der Tractaten, die er, um Zeit zu gewinnen, mit dem König von Schweden           anknüpfte, den Feldherrn der Ligue flehentlich aufgefodert, dem bedrängen Hochstift zu           Hülfe zu eilen. Dieser geschlagene General hatte unterdessen die Trümmer seiner           zerstreuten Armee an der Weser zusammengezogen, durch die kaiserlichen Garnisonen in           Niedersachsen verstärkt, und sich in Hessen mit seinen Untergeneralen Altringer und Fugger           vereinigt. An der Spize dieser ansehnlichen Kriegsmacht brannte <persName>Graf Tilly</persName> vor Ungeduld,           die Schande seiner ersten Niederlage durch einen glänzendern Sieg wieder auszulöschen. In           seinem Lager bey Fulda, wohin er mit dem Heere gerückt war, harrte er sehnsuchtsvoll auf           Erlaubniß von dem Herzoge von Bayern, mit <persName>Gustav Adolph</persName> zu schlagen. Aber die Ligue hatte           außer der Armee des Tilly keine zweyte mehr zu verlieren, und Maximilian war viel zu           behutsam, das ganze Schicksal seiner Partey auf den Glückswurf eines neuen Treffens zu           sezen. Mit Thränen in den Augen empfing Tilly die Befehle seines Herrn, welche ihn zur           Unthätigkeit zwangen. So wurde der Marsch dieses Generals nach Franken verzögert, und           <persName>Gustav Adolph</persName> gewann Zeit, das ganze Hochstift zu überschwemmen. Umsonst, daß sich Tilly
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[240/0248] Botmäßigkeit brachte, schloß er der protestantischen Religion die Kirchen auf, doch ohne den Papisten den Druck zu vergelten, unter welchem sie seine Glaubensbrüder so lange gehalten hatten. Nur an denen, die sich ihm mit dem Degen in der Hand widersezten, wurde das schreckliche Recht des Kriegs ausgeübt; für einzelne Greuelthaten, welche sich eine gesezlose Soldateska in der blinden Wuth des ersten Angriffs erlaubt, kann man den menschenfreundlichen Führer nicht verantwortlich machen. Dem Friedfertigen und Wehrlosen widerfuhr eine gnädige Behandlung. Es war Gustav Adolphs heiligstes Gesez, das Blut der Feinde wie der Seinigen zu sparen. Gleich auf die erste Nachricht des Schwedischen Einbruchs hatte der Bischof von Würzburg, unangesehen der Tractaten, die er, um Zeit zu gewinnen, mit dem König von Schweden anknüpfte, den Feldherrn der Ligue flehentlich aufgefodert, dem bedrängen Hochstift zu Hülfe zu eilen. Dieser geschlagene General hatte unterdessen die Trümmer seiner zerstreuten Armee an der Weser zusammengezogen, durch die kaiserlichen Garnisonen in Niedersachsen verstärkt, und sich in Hessen mit seinen Untergeneralen Altringer und Fugger vereinigt. An der Spize dieser ansehnlichen Kriegsmacht brannte Graf Tilly vor Ungeduld, die Schande seiner ersten Niederlage durch einen glänzendern Sieg wieder auszulöschen. In seinem Lager bey Fulda, wohin er mit dem Heere gerückt war, harrte er sehnsuchtsvoll auf Erlaubniß von dem Herzoge von Bayern, mit Gustav Adolph zu schlagen. Aber die Ligue hatte außer der Armee des Tilly keine zweyte mehr zu verlieren, und Maximilian war viel zu behutsam, das ganze Schicksal seiner Partey auf den Glückswurf eines neuen Treffens zu sezen. Mit Thränen in den Augen empfing Tilly die Befehle seines Herrn, welche ihn zur Unthätigkeit zwangen. So wurde der Marsch dieses Generals nach Franken verzögert, und Gustav Adolph gewann Zeit, das ganze Hochstift zu überschwemmen. Umsonst, daß sich Tilly

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/248
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/248>, abgerufen am 21.11.2024.