Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

die Ausrüstung zu beschleunigen. Die ärmern Offiziere unterstützte er aus seiner eigenen Kasse, und durch sein Beyspiel, durch glänzende Beförderungen und noch glänzendere Versprechungen reitzte er die Vermögenden, auf eigene Kosten Truppen anzuwerben. Wer mit eigenem Geld ein Corps aufstellte, war Commandeur desselben. Bey Anstellung der Offiziere machte die Religion keinen Unterschied; mehr als der Glaube galten Reichthum, Tapferkeit und Erfahrung. Durch diese gleichförmige Gerechtigkeit gegen die verschiedenen Religionsverwandten, und mehr noch durch die Erklärung, daß die gegenwärtige Rüstung mit der Religion nichts zu schaffen habe, wurde der protestantische Unterthan beruhigt, und zu gleicher Theilnahme an den öffentlichen Lasten bewogen. Zugleich versäumte der Herzog nicht, wegen Mannschaft und Geld in eignem Namen mit auswärtigen Staaten zu unterhandeln. Den Herzog von Lothringen gewann er, zum zweytenmal für den Kaiser zu ziehen; Pohlen mußte ihm Kosaken, Italien Kriegsbedürfnisse liefern. Noch ehe der dritte Monat verstrichen war, belief sich die Armee, welche in Mähren versammelt wurde, auf nicht weniger als vierzig tausend Köpfe, größtentheils aus dem Ueberrest Böhmens, aus Mähren, Schlesien und den Deutschen Provinzen des Hauses Oesterreich gezogen. Was jedem unausführbar geschienen, hatte Wallenstein, zum Erstaunen von ganz Europa, in dem kürzesten Zeitraume vollendet. So viele Tausende, als man vor ihm nicht Hunderte gehofft hatte zusammen zu bringen, hatte die Zauberkraft seines Namens, seines Goldes und seines Genies unter die Waffen gerufen. Mit allen Erfordernissen bis zum Ueberfluß ausgerüstet, von kriegsverständigen Offizieren befehligt, von einem siegversprechenden Enthusiasmus entflammt, erwartete diese neugeschaffne Armee nur den Wink ihres Anführers, um sich durch Thaten der Kühnheit seiner würdig zu zeigen.

die Ausrüstung zu beschleunigen. Die ärmern Offiziere unterstützte er aus seiner eigenen Kasse, und durch sein Beyspiel, durch glänzende Beförderungen und noch glänzendere Versprechungen reitzte er die Vermögenden, auf eigene Kosten Truppen anzuwerben. Wer mit eigenem Geld ein Corps aufstellte, war Commandeur desselben. Bey Anstellung der Offiziere machte die Religion keinen Unterschied; mehr als der Glaube galten Reichthum, Tapferkeit und Erfahrung. Durch diese gleichförmige Gerechtigkeit gegen die verschiedenen Religionsverwandten, und mehr noch durch die Erklärung, daß die gegenwärtige Rüstung mit der Religion nichts zu schaffen habe, wurde der protestantische Unterthan beruhigt, und zu gleicher Theilnahme an den öffentlichen Lasten bewogen. Zugleich versäumte der Herzog nicht, wegen Mannschaft und Geld in eignem Namen mit auswärtigen Staaten zu unterhandeln. Den Herzog von Lothringen gewann er, zum zweytenmal für den Kaiser zu ziehen; Pohlen mußte ihm Kosaken, Italien Kriegsbedürfnisse liefern. Noch ehe der dritte Monat verstrichen war, belief sich die Armee, welche in Mähren versammelt wurde, auf nicht weniger als vierzig tausend Köpfe, größtentheils aus dem Ueberrest Böhmens, aus Mähren, Schlesien und den Deutschen Provinzen des Hauses Oesterreich gezogen. Was jedem unausführbar geschienen, hatte Wallenstein, zum Erstaunen von ganz Europa, in dem kürzesten Zeitraume vollendet. So viele Tausende, als man vor ihm nicht Hunderte gehofft hatte zusammen zu bringen, hatte die Zauberkraft seines Namens, seines Goldes und seines Genies unter die Waffen gerufen. Mit allen Erfordernissen bis zum Ueberfluß ausgerüstet, von kriegsverständigen Offizieren befehligt, von einem siegversprechenden Enthusiasmus entflammt, erwartete diese neugeschaffne Armee nur den Wink ihres Anführers, um sich durch Thaten der Kühnheit seiner würdig zu zeigen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0309" n="301"/>
die Ausrüstung zu beschleunigen. Die           ärmern Offiziere unterstützte er aus seiner eigenen Kasse, und durch sein Beyspiel, durch           glänzende Beförderungen und noch glänzendere Versprechungen reitzte er die Vermögenden,           auf eigene Kosten Truppen anzuwerben. Wer mit eigenem Geld ein Corps aufstellte, war           Commandeur desselben. Bey Anstellung der Offiziere machte die Religion keinen Unterschied;           mehr als der Glaube galten Reichthum, Tapferkeit und Erfahrung. Durch diese gleichförmige           Gerechtigkeit gegen die verschiedenen Religionsverwandten, und mehr noch durch die           Erklärung, daß die gegenwärtige Rüstung mit der Religion nichts zu schaffen habe, wurde           der protestantische Unterthan beruhigt, und zu gleicher Theilnahme an den öffentlichen           Lasten bewogen. Zugleich versäumte der Herzog nicht, wegen Mannschaft und Geld in eignem           Namen mit auswärtigen Staaten zu unterhandeln. Den Herzog von Lothringen gewann er, zum           zweytenmal für den Kaiser zu ziehen; Pohlen mußte ihm Kosaken, Italien Kriegsbedürfnisse           liefern. Noch ehe der dritte Monat verstrichen war, belief sich die Armee, welche in           Mähren versammelt wurde, auf nicht weniger als vierzig tausend Köpfe, größtentheils aus           dem Ueberrest Böhmens, aus Mähren, Schlesien und den Deutschen Provinzen des Hauses           Oesterreich gezogen. Was jedem unausführbar geschienen, hatte Wallenstein, zum Erstaunen           von ganz Europa, in dem kürzesten Zeitraume vollendet. So viele Tausende, als man <hi rendition="#g">vor</hi> ihm nicht Hunderte gehofft hatte zusammen zu bringen, hatte die           Zauberkraft seines Namens, seines Goldes und seines Genies unter die Waffen gerufen. Mit           allen Erfordernissen bis zum Ueberfluß ausgerüstet, von kriegsverständigen Offizieren           befehligt, von einem siegversprechenden Enthusiasmus entflammt, erwartete diese           neugeschaffne Armee nur den Wink ihres Anführers, um sich durch Thaten der Kühnheit seiner           würdig zu zeigen.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[301/0309] die Ausrüstung zu beschleunigen. Die ärmern Offiziere unterstützte er aus seiner eigenen Kasse, und durch sein Beyspiel, durch glänzende Beförderungen und noch glänzendere Versprechungen reitzte er die Vermögenden, auf eigene Kosten Truppen anzuwerben. Wer mit eigenem Geld ein Corps aufstellte, war Commandeur desselben. Bey Anstellung der Offiziere machte die Religion keinen Unterschied; mehr als der Glaube galten Reichthum, Tapferkeit und Erfahrung. Durch diese gleichförmige Gerechtigkeit gegen die verschiedenen Religionsverwandten, und mehr noch durch die Erklärung, daß die gegenwärtige Rüstung mit der Religion nichts zu schaffen habe, wurde der protestantische Unterthan beruhigt, und zu gleicher Theilnahme an den öffentlichen Lasten bewogen. Zugleich versäumte der Herzog nicht, wegen Mannschaft und Geld in eignem Namen mit auswärtigen Staaten zu unterhandeln. Den Herzog von Lothringen gewann er, zum zweytenmal für den Kaiser zu ziehen; Pohlen mußte ihm Kosaken, Italien Kriegsbedürfnisse liefern. Noch ehe der dritte Monat verstrichen war, belief sich die Armee, welche in Mähren versammelt wurde, auf nicht weniger als vierzig tausend Köpfe, größtentheils aus dem Ueberrest Böhmens, aus Mähren, Schlesien und den Deutschen Provinzen des Hauses Oesterreich gezogen. Was jedem unausführbar geschienen, hatte Wallenstein, zum Erstaunen von ganz Europa, in dem kürzesten Zeitraume vollendet. So viele Tausende, als man vor ihm nicht Hunderte gehofft hatte zusammen zu bringen, hatte die Zauberkraft seines Namens, seines Goldes und seines Genies unter die Waffen gerufen. Mit allen Erfordernissen bis zum Ueberfluß ausgerüstet, von kriegsverständigen Offizieren befehligt, von einem siegversprechenden Enthusiasmus entflammt, erwartete diese neugeschaffne Armee nur den Wink ihres Anführers, um sich durch Thaten der Kühnheit seiner würdig zu zeigen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/309
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/309>, abgerufen am 22.11.2024.