Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Artillerie beyder Theile blieb, weil die Rosse sich verlaufen, die Nacht über auf dem Wahlplatze verlassen stehen - zugleich der Preis und die Urkunde des Sieges für den, der die Wahlstatt eroberte. Aber über der Eilfertigkeit, mit der er von Leipzig und Sachsen Abschied nahm, vergaß der Herzog von Friedland, seinen Antheil daran von dem Schlachtfelde abzuholen. Nicht lange nach geendigtem Treffen erschien das Pappenheimische Fußvolk, das seinem voraus eilenden General nicht schnell genug hatte folgen können, sechs Regimenter stark, auf dem Wahlplatz; aber die Arbeit war gethan. Wenige Stunden früher würde diese beträchtliche Verstärkung die Schlacht wahrscheinlich zum Vortheil des Kaisers entschieden, und selbst noch jetzt durch Eroberung des Schlachtfelds die Artillerie des Herzogs gerettet und die Schwedische erbeutet haben. Aber keine Ordre war da, ihr Verhalten zu bestimmen, und zu ungewiß über den Ausgang der Schlacht, nahm sie ihren Weg nach Leipzig, wo sie das Hauptheer zu finden hoffte.

Dahin hatte der Herzog von Friedland seinen Rückzug genommen, und ohne Geschütz, ohne Fahnen, und beynahe ohne alle Waffen, folgte ihm am andern Morgen der zerstreute Ueberrest seines Heers. Zwischen Lützen und Weißenfels, scheint es, ließ Herzog Bernhard die Schwedische Armee von den Anstrengungen dieses blutigen Tages sich erholen, nahe genug an dem Schlachtfeld, um jeden Versuch des Feindes zu Eroberung desselben sogleich vereiteln zu können. Von beyden Armeen lagen über neuntausend Mann todt auf dem Wahlplatze; noch weit größer war die Zahl der Verwundeten, und unter den Kaiserlichen besonders fand sich kaum Einer, der unverletzt aus dem Treffen zurückgekehrt wäre. Die ganze Ebene von Lützen bis an den Floßgraben war mit Verwundeten, mit Sterbenden, mit Todten bedeckt. Viele von dem vornehmsten Adel waren auf beyden Seiten gefallen; auch der Abt von Fulda, der sich als

Die Artillerie beyder Theile blieb, weil die Rosse sich verlaufen, die Nacht über auf dem Wahlplatze verlassen stehen – zugleich der Preis und die Urkunde des Sieges für den, der die Wahlstatt eroberte. Aber über der Eilfertigkeit, mit der er von Leipzig und Sachsen Abschied nahm, vergaß der Herzog von Friedland, seinen Antheil daran von dem Schlachtfelde abzuholen. Nicht lange nach geendigtem Treffen erschien das Pappenheimische Fußvolk, das seinem voraus eilenden General nicht schnell genug hatte folgen können, sechs Regimenter stark, auf dem Wahlplatz; aber die Arbeit war gethan. Wenige Stunden früher würde diese beträchtliche Verstärkung die Schlacht wahrscheinlich zum Vortheil des Kaisers entschieden, und selbst noch jetzt durch Eroberung des Schlachtfelds die Artillerie des Herzogs gerettet und die Schwedische erbeutet haben. Aber keine Ordre war da, ihr Verhalten zu bestimmen, und zu ungewiß über den Ausgang der Schlacht, nahm sie ihren Weg nach Leipzig, wo sie das Hauptheer zu finden hoffte.

Dahin hatte der Herzog von Friedland seinen Rückzug genommen, und ohne Geschütz, ohne Fahnen, und beynahe ohne alle Waffen, folgte ihm am andern Morgen der zerstreute Ueberrest seines Heers. Zwischen Lützen und Weißenfels, scheint es, ließ Herzog Bernhard die Schwedische Armee von den Anstrengungen dieses blutigen Tages sich erholen, nahe genug an dem Schlachtfeld, um jeden Versuch des Feindes zu Eroberung desselben sogleich vereiteln zu können. Von beyden Armeen lagen über neuntausend Mann todt auf dem Wahlplatze; noch weit größer war die Zahl der Verwundeten, und unter den Kaiserlichen besonders fand sich kaum Einer, der unverletzt aus dem Treffen zurückgekehrt wäre. Die ganze Ebene von Lützen bis an den Floßgraben war mit Verwundeten, mit Sterbenden, mit Todten bedeckt. Viele von dem vornehmsten Adel waren auf beyden Seiten gefallen; auch der Abt von Fulda, der sich als

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0351" n="343"/>
        <p> Die Artillerie beyder Theile blieb, weil die Rosse sich verlaufen, die Nacht über auf           dem Wahlplatze verlassen stehen &#x2013; zugleich der Preis und die Urkunde des Sieges für den,           der die Wahlstatt eroberte. Aber über der Eilfertigkeit, mit der er von <placeName>Leipzig</placeName> und           <placeName>Sachsen</placeName> Abschied nahm, vergaß der Herzog von Friedland, seinen Antheil daran von dem           Schlachtfelde abzuholen. Nicht lange nach geendigtem Treffen erschien das Pappenheimische           Fußvolk, das seinem voraus eilenden General nicht schnell genug hatte folgen können, sechs           Regimenter stark, auf dem Wahlplatz; aber die Arbeit war gethan. Wenige Stunden früher           würde diese beträchtliche Verstärkung die Schlacht wahrscheinlich zum Vortheil des Kaisers           entschieden, und selbst noch jetzt durch Eroberung des Schlachtfelds die Artillerie des           Herzogs gerettet und die Schwedische erbeutet haben. Aber keine Ordre war da, ihr           Verhalten zu bestimmen, und zu ungewiß über den Ausgang der Schlacht, nahm sie ihren Weg           nach <placeName>Leipzig</placeName>, wo sie das Hauptheer zu finden hoffte.</p>
        <p>Dahin hatte der Herzog von Friedland seinen Rückzug genommen, und ohne Geschütz, ohne           Fahnen, und beynahe ohne alle Waffen, folgte ihm am andern Morgen der zerstreute Ueberrest           seines Heers. Zwischen Lützen und Weißenfels, scheint es, ließ Herzog Bernhard die           Schwedische Armee von den Anstrengungen dieses blutigen Tages sich erholen, nahe genug an           dem Schlachtfeld, um jeden Versuch des Feindes zu Eroberung desselben sogleich vereiteln           zu können. Von beyden Armeen lagen über neuntausend Mann todt auf dem Wahlplatze; noch           weit größer war die Zahl der Verwundeten, und unter den Kaiserlichen besonders fand sich           kaum Einer, der unverletzt aus dem Treffen zurückgekehrt wäre. Die ganze Ebene von Lützen           bis an den Floßgraben war mit Verwundeten, mit Sterbenden, mit Todten bedeckt. Viele von           dem vornehmsten Adel waren auf beyden Seiten gefallen; auch der Abt von Fulda, der sich           als
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[343/0351] Die Artillerie beyder Theile blieb, weil die Rosse sich verlaufen, die Nacht über auf dem Wahlplatze verlassen stehen – zugleich der Preis und die Urkunde des Sieges für den, der die Wahlstatt eroberte. Aber über der Eilfertigkeit, mit der er von Leipzig und Sachsen Abschied nahm, vergaß der Herzog von Friedland, seinen Antheil daran von dem Schlachtfelde abzuholen. Nicht lange nach geendigtem Treffen erschien das Pappenheimische Fußvolk, das seinem voraus eilenden General nicht schnell genug hatte folgen können, sechs Regimenter stark, auf dem Wahlplatz; aber die Arbeit war gethan. Wenige Stunden früher würde diese beträchtliche Verstärkung die Schlacht wahrscheinlich zum Vortheil des Kaisers entschieden, und selbst noch jetzt durch Eroberung des Schlachtfelds die Artillerie des Herzogs gerettet und die Schwedische erbeutet haben. Aber keine Ordre war da, ihr Verhalten zu bestimmen, und zu ungewiß über den Ausgang der Schlacht, nahm sie ihren Weg nach Leipzig, wo sie das Hauptheer zu finden hoffte. Dahin hatte der Herzog von Friedland seinen Rückzug genommen, und ohne Geschütz, ohne Fahnen, und beynahe ohne alle Waffen, folgte ihm am andern Morgen der zerstreute Ueberrest seines Heers. Zwischen Lützen und Weißenfels, scheint es, ließ Herzog Bernhard die Schwedische Armee von den Anstrengungen dieses blutigen Tages sich erholen, nahe genug an dem Schlachtfeld, um jeden Versuch des Feindes zu Eroberung desselben sogleich vereiteln zu können. Von beyden Armeen lagen über neuntausend Mann todt auf dem Wahlplatze; noch weit größer war die Zahl der Verwundeten, und unter den Kaiserlichen besonders fand sich kaum Einer, der unverletzt aus dem Treffen zurückgekehrt wäre. Die ganze Ebene von Lützen bis an den Floßgraben war mit Verwundeten, mit Sterbenden, mit Todten bedeckt. Viele von dem vornehmsten Adel waren auf beyden Seiten gefallen; auch der Abt von Fulda, der sich als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/351
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/351>, abgerufen am 22.11.2024.