Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.ein Schauspiel. Schweizer. Gebe#t Hauptmann! was sollen wir thun? Moor. Steh auf Schweizer! Und rühre diese heilige Locken an! er fährt ihn zu seinem Vater und gibt ihm eine Locke in die Hand. Du weist noch, wie du einsmals jenem böhmischen Reuter den Kopf spal- tetest, da er eben den Säbel über mich zukte, und ich athemlos und erschöpft von der Arbeit in die Knie gesunken war? dazumal verhies ich dir eine Belohnung, die königlich wäre, ich könnte diese Schuld bisher niemals bezahlen, -- Schweizer. Das schwurst du mir, es ist wahr, aber laß mich dich ewig meinen Schuldner nen- nen! Moor. Nein, itzt will ich bezahlen. Schwei- zer, so ist noch kein Sterblicher geehrt worden wie du! -- Räche meinen Vater! Schweizer steht auf. Schweizer. Grosser Hauptmann! Heut hast du mich zum erstenmal stolz gemacht! -- Gebeut, wo, wie, wann soll ich ihn schlagen? Moor. Die Minuten sind geweiht, du must eilends gehn -- lies dir die würdigsten aus der Bande, und führe sie gerade nach des Edelmanns Schloß! zerr ihn aus dem Bette, wenn er schläft, oder in den Armen der Wollust ligt, schlepp ihn vom Mahle weg, wenn er besoffen ist, reiß ihn vom Krucifix, wenn er betend vor ihm auf den Knien ligt! Aber ich sage dir, ich schärf es dir hart ein, liefr' M 3
ein Schauſpiel. Schweizer. Gebe#t Hauptmann! was ſollen wir thun? Moor. Steh auf Schweizer! Und ruͤhre dieſe heilige Locken an! er faͤhrt ihn zu ſeinem Vater und gibt ihm eine Locke in die Hand. Du weiſt noch, wie du einsmals jenem boͤhmiſchen Reuter den Kopf ſpal- teteſt, da er eben den Saͤbel uͤber mich zukte, und ich athemlos und erſchoͤpft von der Arbeit in die Knie geſunken war? dazumal verhies ich dir eine Belohnung, die koͤniglich waͤre, ich koͤnnte dieſe Schuld bisher niemals bezahlen, — Schweizer. Das ſchwurſt du mir, es iſt wahr, aber laß mich dich ewig meinen Schuldner nen- nen! Moor. Nein, itzt will ich bezahlen. Schwei- zer, ſo iſt noch kein Sterblicher geehrt worden wie du! — Raͤche meinen Vater! Schweizer ſteht auf. Schweizer. Groſſer Hauptmann! Heut haſt du mich zum erſtenmal ſtolz gemacht! — Gebeut, wo, wie, wann ſoll ich ihn ſchlagen? Moor. Die Minuten ſind geweiht, du muſt eilends gehn — lies dir die wuͤrdigſten aus der Bande, und fuͤhre ſie gerade nach des Edelmanns Schloß! zerr ihn aus dem Bette, wenn er ſchlaͤft, oder in den Armen der Wolluſt ligt, ſchlepp ihn vom Mahle weg, wenn er beſoffen iſt, reiß ihn vom Krucifix, wenn er betend vor ihm auf den Knien ligt! Aber ich ſage dir, ich ſchaͤrf es dir hart ein, liefr' M 3
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ein Schauſpiel.
Schweizer. Gebe#t Hauptmann! was ſollen
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Moor. Steh auf Schweizer! Und ruͤhre dieſe
heilige Locken an! er faͤhrt ihn zu ſeinem Vater und gibt
ihm eine Locke in die Hand. Du weiſt noch, wie du
einsmals jenem boͤhmiſchen Reuter den Kopf ſpal-
teteſt, da er eben den Saͤbel uͤber mich zukte, und
ich athemlos und erſchoͤpft von der Arbeit in die
Knie geſunken war? dazumal verhies ich dir eine
Belohnung, die koͤniglich waͤre, ich koͤnnte dieſe
Schuld bisher niemals bezahlen, —
Schweizer. Das ſchwurſt du mir, es iſt wahr,
aber laß mich dich ewig meinen Schuldner nen-
nen!
Moor. Nein, itzt will ich bezahlen. Schwei-
zer, ſo iſt noch kein Sterblicher geehrt worden wie
du! — Raͤche meinen Vater! Schweizer ſteht auf.
Schweizer. Groſſer Hauptmann! Heut haſt du
mich zum erſtenmal ſtolz gemacht! — Gebeut, wo,
wie, wann ſoll ich ihn ſchlagen?
Moor. Die Minuten ſind geweiht, du muſt
eilends gehn — lies dir die wuͤrdigſten aus der
Bande, und fuͤhre ſie gerade nach des Edelmanns
Schloß! zerr ihn aus dem Bette, wenn er ſchlaͤft,
oder in den Armen der Wolluſt ligt, ſchlepp ihn
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