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Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.

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ein Schauspiel.
D. a. Moor mit Schmerz. Daß du den Sohn
vertilgen mußtest Retter des Vaters! -- Siehe
die Gottheit ermüdet nicht im Erbarmen, und wir
armseligen Würmer gehen schlafen mit unserm Groll
legt seine Hand auf des Räubers Haupt. Sei so glücklich,
als du dich erbarmest.
R. Moor weichmüthig aufstehend. O -- wo ist mei-
ne Mannheit? Meine Sehnen werden schlapp, der
Dolch sinkt aus meinen Händen.
D. a. Moor. Wie köstlich ists wenn Brüder
einträchtig beysammen wohnen, wie der Thau der
vom Hermon fällt auf die Berge Zion -- Lern diese
Wollust verdienen junger Manu, und die Engel des
Himmels werden sich sonnen in deiner Glorie. Dei-
ne Weißheit sei die Weisheit der grauen Haare,
aber dein Herz -- dein Herz sei das Herz der un-
schuldigen Kindheit.
R. Moor. O einen Vorschmack dieser Wollust.
Küße mich göttlicher Greiß!
D. a. Moor küßt ihn. Denk es sei Vaterskuß,
so will ich denken ich küße meinen Sohn -- du
kannst auch weinen?
R. Moor. Jch dacht, es sei Vaterskuß! --
Weh mir, wenn sie ihn jetzt brächten!

Schwei-
ein Schauſpiel.
D. a. Moor mit Schmerz. Daß du den Sohn
vertilgen mußteſt Retter des Vaters! — Siehe
die Gottheit ermuͤdet nicht im Erbarmen, und wir
armſeligen Wuͤrmer gehen ſchlafen mit unſerm Groll
legt ſeine Hand auf des Raͤubers Haupt. Sei ſo gluͤcklich,
als du dich erbarmeſt.
R. Moor weichmuͤthig aufſtehend. O — wo iſt mei-
ne Mannheit? Meine Sehnen werden ſchlapp, der
Dolch ſinkt aus meinen Haͤnden.
D. a. Moor. Wie koͤſtlich iſts wenn Bruͤder
eintraͤchtig beyſammen wohnen, wie der Thau der
vom Hermon faͤllt auf die Berge Zion — Lern dieſe
Wolluſt verdienen junger Manu, und die Engel des
Himmels werden ſich ſonnen in deiner Glorie. Dei-
ne Weißheit ſei die Weisheit der grauen Haare,
aber dein Herz — dein Herz ſei das Herz der un-
ſchuldigen Kindheit.
R. Moor. O einen Vorſchmack dieſer Wolluſt.
Kuͤße mich goͤttlicher Greiß!
D. a. Moor kuͤßt ihn. Denk es ſei Vaterskuß,
ſo will ich denken ich kuͤße meinen Sohn — du
kannſt auch weinen?
R. Moor. Jch dacht, es ſei Vaterskuß! —
Weh mir, wenn ſie ihn jetzt braͤchten!

Schwei-
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[207/0229] ein Schauſpiel. D. a. Moor mit Schmerz. Daß du den Sohn vertilgen mußteſt Retter des Vaters! — Siehe die Gottheit ermuͤdet nicht im Erbarmen, und wir armſeligen Wuͤrmer gehen ſchlafen mit unſerm Groll legt ſeine Hand auf des Raͤubers Haupt. Sei ſo gluͤcklich, als du dich erbarmeſt. R. Moor weichmuͤthig aufſtehend. O — wo iſt mei- ne Mannheit? Meine Sehnen werden ſchlapp, der Dolch ſinkt aus meinen Haͤnden. D. a. Moor. Wie koͤſtlich iſts wenn Bruͤder eintraͤchtig beyſammen wohnen, wie der Thau der vom Hermon faͤllt auf die Berge Zion — Lern dieſe Wolluſt verdienen junger Manu, und die Engel des Himmels werden ſich ſonnen in deiner Glorie. Dei- ne Weißheit ſei die Weisheit der grauen Haare, aber dein Herz — dein Herz ſei das Herz der un- ſchuldigen Kindheit. R. Moor. O einen Vorſchmack dieſer Wolluſt. Kuͤße mich goͤttlicher Greiß! D. a. Moor kuͤßt ihn. Denk es ſei Vaterskuß, ſo will ich denken ich kuͤße meinen Sohn — du kannſt auch weinen? R. Moor. Jch dacht, es ſei Vaterskuß! — Weh mir, wenn ſie ihn jetzt braͤchten! Schwei-

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/229>, abgerufen am 21.11.2024.