Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite
Mit heißen Thränen wirst du dich dereinst
Heim sehnen nach den väterlichen Bergen,
Und dieses Heerdenreihens Melodie,
Die du in stolzem Ueberdruß verschmähst,
Mit Schmerzenssehnsucht wird sie dich ergreifen,
Wenn sie dir anklingt auf der fremden Erde.
O mächtig ist der Trieb des Vaterlands!
Die fremde falsche Welt ist nicht für dich,
Dort an dem stolzen Kaiserhof bleibst du
Dir ewig fremd mit deinem treuen Herzen!
Die Welt, sie fodert andre Tugenden,
Als du in diesen Thälern dir erworben.
-- Geh' hin, verkaufe deine freie Seele,
Nimm Land zu Lehen, werd' ein Fürstenknecht,
Da du ein Selbstherr seyn kannst und ein Fürst
Auf deinem eignen Erb' und freien Boden.
Ach Uly! Uly! Bleibe bei den Deinen!
Geh' nicht nach Altdorf -- O verlaß sie nicht
Die heilge Sache deines Vaterland's!
-- Ich bin der lezte meines Stamms. Mein Nahme
Endet mit mir. Da hängen Helm und Schild,
Mit heißen Thraͤnen wirſt du dich dereinſt
Heim ſehnen nach den vaͤterlichen Bergen,
Und dieſes Heerdenreihens Melodie,
Die du in ſtolzem Ueberdruß verſchmaͤhſt,
Mit Schmerzensſehnſucht wird ſie dich ergreifen,
Wenn ſie dir anklingt auf der fremden Erde.
O maͤchtig iſt der Trieb des Vaterlands!
Die fremde falſche Welt iſt nicht fuͤr dich,
Dort an dem ſtolzen Kaiſerhof bleibſt du
Dir ewig fremd mit deinem treuen Herzen!
Die Welt, ſie fodert andre Tugenden,
Als du in dieſen Thaͤlern dir erworben.
— Geh’ hin, verkaufe deine freie Seele,
Nimm Land zu Lehen, werd’ ein Fuͤrſtenknecht,
Da du ein Selbſtherr ſeyn kannſt und ein Fuͤrſt
Auf deinem eignen Erb’ und freien Boden.
Ach Uly! Uly! Bleibe bei den Deinen!
Geh’ nicht nach Altdorf — O verlaß ſie nicht
Die heilge Sache deines Vaterland’s!
— Ich bin der lezte meines Stamms. Mein Nahme
Endet mit mir. Da haͤngen Helm und Schild,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#ATT">
            <p><pb facs="#f0076" n="62"/>
Mit heißen Thra&#x0364;nen wir&#x017F;t du dich derein&#x017F;t<lb/>
Heim &#x017F;ehnen nach den va&#x0364;terlichen Bergen,<lb/>
Und die&#x017F;es Heerdenreihens Melodie,<lb/>
Die du in &#x017F;tolzem Ueberdruß ver&#x017F;chma&#x0364;h&#x017F;t,<lb/>
Mit Schmerzens&#x017F;ehn&#x017F;ucht wird &#x017F;ie dich ergreifen,<lb/>
Wenn &#x017F;ie dir anklingt auf der fremden Erde.<lb/>
O ma&#x0364;chtig i&#x017F;t der Trieb des Vaterlands!<lb/>
Die fremde fal&#x017F;che Welt i&#x017F;t nicht fu&#x0364;r dich,<lb/>
Dort an dem &#x017F;tolzen Kai&#x017F;erhof bleib&#x017F;t du<lb/>
Dir ewig fremd mit deinem treuen Herzen!<lb/>
Die Welt, &#x017F;ie fodert andre Tugenden,<lb/>
Als du in die&#x017F;en Tha&#x0364;lern dir erworben.<lb/>
&#x2014; Geh&#x2019; hin, verkaufe deine freie Seele,<lb/>
Nimm Land zu Lehen, werd&#x2019; ein Fu&#x0364;r&#x017F;tenknecht,<lb/>
Da du ein Selb&#x017F;therr &#x017F;eyn kann&#x017F;t und ein Fu&#x0364;r&#x017F;t<lb/>
Auf deinem eignen Erb&#x2019; und freien Boden.<lb/>
Ach Uly! Uly! Bleibe bei den Deinen!<lb/>
Geh&#x2019; nicht nach Altdorf &#x2014; O verlaß &#x017F;ie nicht<lb/>
Die heilge Sache deines Vaterland&#x2019;s!<lb/>
&#x2014; Ich bin der lezte meines Stamms. Mein Nahme<lb/>
Endet mit mir. Da ha&#x0364;ngen Helm und Schild,<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0076] Mit heißen Thraͤnen wirſt du dich dereinſt Heim ſehnen nach den vaͤterlichen Bergen, Und dieſes Heerdenreihens Melodie, Die du in ſtolzem Ueberdruß verſchmaͤhſt, Mit Schmerzensſehnſucht wird ſie dich ergreifen, Wenn ſie dir anklingt auf der fremden Erde. O maͤchtig iſt der Trieb des Vaterlands! Die fremde falſche Welt iſt nicht fuͤr dich, Dort an dem ſtolzen Kaiſerhof bleibſt du Dir ewig fremd mit deinem treuen Herzen! Die Welt, ſie fodert andre Tugenden, Als du in dieſen Thaͤlern dir erworben. — Geh’ hin, verkaufe deine freie Seele, Nimm Land zu Lehen, werd’ ein Fuͤrſtenknecht, Da du ein Selbſtherr ſeyn kannſt und ein Fuͤrſt Auf deinem eignen Erb’ und freien Boden. Ach Uly! Uly! Bleibe bei den Deinen! Geh’ nicht nach Altdorf — O verlaß ſie nicht Die heilge Sache deines Vaterland’s! — Ich bin der lezte meines Stamms. Mein Nahme Endet mit mir. Da haͤngen Helm und Schild,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/76
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/76>, abgerufen am 21.11.2024.