Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.was das pikanteste ist: er Jean-Paul-Richterisirt seit kurzem mit dem besten Anstande. Jst gleich die Wiegenrede unter den Platanen im St. Julien nicht im Kostum, so beweist sie doch, wie viel sich in dieser Gattung mit der bloßen Mechanik thun läßt. Einige andre Auftritte, als die mit dem Rudern des Borde und der Familie des Kapitäns, sind dafür ganz im Ton Französischer Empfindungsart, deren Oberflächlichkeit wenigstens elektrische Funken sprüht. Man thäte Lafontainen vielleicht Unrecht, ihn nach dem Flaming allein zu beurtheilen, obwohl es sein dickstes Buch ist. Eben darum wuchern die Begebenheiten darin so in die Breite, und es hat eine Menge Räsonnement, Satire, Lehre und Beyspiel auf einander gepackt, und das Drollige bis auf den Faden abgenutzt werden müßen, so daß nichts wie der Überdruß zurückbleibt. Philosophie ist überdieß Lafontainens Sache nicht, weder die strenge noch die humoristische. Die Universalität, der er hier nachgeht, konnte also nur in allgemeine Plattheit ausarten. Dürfte man, unter andern, nicht annehmen, daß Hilberts Reden im dritten Theil den Gesichtspunkt angeben sollen, aus denen der Philosoph, oder der gesunde Menschenverstand, Flamings Narrheiten und ehrlicher Leute Enthusiasmus ungefähr so in Eins zu werfen habe, wie die Vorrede zum Flaming unkritische Hypothesen und kritische Philosophie? Und nun seht, wie leichtfertig er sich dabey ausdrückt. "Hören Sie einmal jemand, der in Rom gewesen ist! Er erzählt Jhnen mit einem Entzücken, das an Raserey was das pikanteste ist: er Jean-Paul-Richterisirt seit kurzem mit dem besten Anstande. Jst gleich die Wiegenrede unter den Platanen im St. Julien nicht im Kostum, so beweist sie doch, wie viel sich in dieser Gattung mit der bloßen Mechanik thun laͤßt. Einige andre Auftritte, als die mit dem Rudern des Borde und der Familie des Kapitaͤns, sind dafuͤr ganz im Ton Franzoͤsischer Empfindungsart, deren Oberflaͤchlichkeit wenigstens elektrische Funken spruͤht. Man thaͤte Lafontainen vielleicht Unrecht, ihn nach dem Flaming allein zu beurtheilen, obwohl es sein dickstes Buch ist. Eben darum wuchern die Begebenheiten darin so in die Breite, und es hat eine Menge Raͤsonnement, Satire, Lehre und Beyspiel auf einander gepackt, und das Drollige bis auf den Faden abgenutzt werden muͤßen, so daß nichts wie der Überdruß zuruͤckbleibt. Philosophie ist uͤberdieß Lafontainens Sache nicht, weder die strenge noch die humoristische. Die Universalitaͤt, der er hier nachgeht, konnte also nur in allgemeine Plattheit ausarten. Duͤrfte man, unter andern, nicht annehmen, daß Hilberts Reden im dritten Theil den Gesichtspunkt angeben sollen, aus denen der Philosoph, oder der gesunde Menschenverstand, Flamings Narrheiten und ehrlicher Leute Enthusiasmus ungefaͤhr so in Eins zu werfen habe, wie die Vorrede zum Flaming unkritische Hypothesen und kritische Philosophie? Und nun seht, wie leichtfertig er sich dabey ausdruͤckt. „Hoͤren Sie einmal jemand, der in Rom gewesen ist! Er erzaͤhlt Jhnen mit einem Entzuͤcken, das an Raserey <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0171" n="160"/> was das pikanteste ist: er Jean-Paul-Richterisirt seit kurzem mit dem besten Anstande. Jst gleich die Wiegenrede unter den Platanen im St. Julien nicht im Kostum, so beweist sie doch, wie viel sich in dieser Gattung mit der bloßen Mechanik thun laͤßt. Einige andre Auftritte, als die mit dem Rudern des Borde und der Familie des Kapitaͤns, sind dafuͤr ganz im Ton Franzoͤsischer Empfindungsart, deren Oberflaͤchlichkeit wenigstens elektrische Funken spruͤht.</p><lb/> <p>Man thaͤte Lafontainen vielleicht Unrecht, ihn nach dem Flaming allein zu beurtheilen, obwohl es sein dickstes Buch ist. Eben darum wuchern die Begebenheiten darin so in die Breite, und es hat eine Menge Raͤsonnement, Satire, Lehre und Beyspiel auf einander gepackt, und das Drollige bis auf den Faden abgenutzt werden muͤßen, so daß nichts wie der Überdruß zuruͤckbleibt. Philosophie ist uͤberdieß Lafontainens Sache nicht, weder die strenge noch die humoristische. Die Universalitaͤt, der er hier nachgeht, konnte also nur in allgemeine Plattheit ausarten. Duͤrfte man, unter andern, nicht annehmen, daß Hilberts Reden im dritten Theil den Gesichtspunkt angeben sollen, aus denen der Philosoph, oder der gesunde Menschenverstand, Flamings Narrheiten und ehrlicher Leute Enthusiasmus ungefaͤhr so in Eins zu werfen habe, wie die Vorrede zum Flaming unkritische Hypothesen und kritische Philosophie? Und nun seht, wie leichtfertig er sich dabey ausdruͤckt. „Hoͤren Sie einmal jemand, der in Rom gewesen ist! Er erzaͤhlt Jhnen mit einem Entzuͤcken, das an Raserey<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [160/0171]
was das pikanteste ist: er Jean-Paul-Richterisirt seit kurzem mit dem besten Anstande. Jst gleich die Wiegenrede unter den Platanen im St. Julien nicht im Kostum, so beweist sie doch, wie viel sich in dieser Gattung mit der bloßen Mechanik thun laͤßt. Einige andre Auftritte, als die mit dem Rudern des Borde und der Familie des Kapitaͤns, sind dafuͤr ganz im Ton Franzoͤsischer Empfindungsart, deren Oberflaͤchlichkeit wenigstens elektrische Funken spruͤht.
Man thaͤte Lafontainen vielleicht Unrecht, ihn nach dem Flaming allein zu beurtheilen, obwohl es sein dickstes Buch ist. Eben darum wuchern die Begebenheiten darin so in die Breite, und es hat eine Menge Raͤsonnement, Satire, Lehre und Beyspiel auf einander gepackt, und das Drollige bis auf den Faden abgenutzt werden muͤßen, so daß nichts wie der Überdruß zuruͤckbleibt. Philosophie ist uͤberdieß Lafontainens Sache nicht, weder die strenge noch die humoristische. Die Universalitaͤt, der er hier nachgeht, konnte also nur in allgemeine Plattheit ausarten. Duͤrfte man, unter andern, nicht annehmen, daß Hilberts Reden im dritten Theil den Gesichtspunkt angeben sollen, aus denen der Philosoph, oder der gesunde Menschenverstand, Flamings Narrheiten und ehrlicher Leute Enthusiasmus ungefaͤhr so in Eins zu werfen habe, wie die Vorrede zum Flaming unkritische Hypothesen und kritische Philosophie? Und nun seht, wie leichtfertig er sich dabey ausdruͤckt. „Hoͤren Sie einmal jemand, der in Rom gewesen ist! Er erzaͤhlt Jhnen mit einem Entzuͤcken, das an Raserey
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