Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.um mich zu zerstreuen, sondern um zu seyn und zu werden; und ich glaube an die Macht des Willens und der Bildung, mich dem Unendlichen wieder zu nähern, mich aus den Fesseln der Mißbildung zu erlösen, und mich von den Schranken des Geschlechts unabhängig zu machen. 3) Jch glaube an Begeisterung und Tugend, an die Würde der Kunst und den Reiz der Wissenschaft, an Freundschaft der Männer und Liebe zum Vaterlande, an vergangene Größe und künftige Veredlung. Die Mathematik ist gleichsam eine sinnliche Logik, sie verhält sich zur Philosophie, wie die materiellen Künste, Musik und Plastik zur Poesie. Verstand ist mechanischer, Witz ist chemischer, Genie ist organischer Geist. Man glaubt Autoren oft durch Vergleichungen mit dem Fabrikwesen zu schmähen. Aber soll der wahre Autor nicht auch Fabrikant seyn? Soll er nicht sein ganzes Leben dem Geschäft widmen, litterarische Materie in Formen zu bilden, die auf eine große Art zweckmäßig und nützlich sind? Wie sehr wäre manchem Pfuscher nur ein geringer Theil von dem Fleiß und der Sorgfalt zu wünschen, die wir an den gemeinsten Werkzeugen kaum noch achten! Es gab und giebt schon Aerzte, die über ihre Kunst zu philosophiren wünschen. Die Kaufleute allein um mich zu zerstreuen, sondern um zu seyn und zu werden; und ich glaube an die Macht des Willens und der Bildung, mich dem Unendlichen wieder zu naͤhern, mich aus den Fesseln der Mißbildung zu erloͤsen, und mich von den Schranken des Geschlechts unabhaͤngig zu machen. 3) Jch glaube an Begeisterung und Tugend, an die Wuͤrde der Kunst und den Reiz der Wissenschaft, an Freundschaft der Maͤnner und Liebe zum Vaterlande, an vergangene Groͤße und kuͤnftige Veredlung. Die Mathematik ist gleichsam eine sinnliche Logik, sie verhaͤlt sich zur Philosophie, wie die materiellen Kuͤnste, Musik und Plastik zur Poesie. Verstand ist mechanischer, Witz ist chemischer, Genie ist organischer Geist. Man glaubt Autoren oft durch Vergleichungen mit dem Fabrikwesen zu schmaͤhen. Aber soll der wahre Autor nicht auch Fabrikant seyn? Soll er nicht sein ganzes Leben dem Geschaͤft widmen, litterarische Materie in Formen zu bilden, die auf eine große Art zweckmaͤßig und nuͤtzlich sind? Wie sehr waͤre manchem Pfuscher nur ein geringer Theil von dem Fleiß und der Sorgfalt zu wuͤnschen, die wir an den gemeinsten Werkzeugen kaum noch achten! Es gab und giebt schon Aerzte, die uͤber ihre Kunst zu philosophiren wuͤnschen. Die Kaufleute allein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0300" n="111"/> um mich zu zerstreuen, sondern um zu seyn und zu werden; und ich glaube an die Macht des Willens und der Bildung, mich dem Unendlichen wieder zu naͤhern, mich aus den Fesseln der Mißbildung zu erloͤsen, und mich von den Schranken des Geschlechts unabhaͤngig zu machen. 3) Jch glaube an Begeisterung und Tugend, an die Wuͤrde der Kunst und den Reiz der Wissenschaft, an Freundschaft der Maͤnner und Liebe zum Vaterlande, an vergangene Groͤße und kuͤnftige Veredlung.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Die Mathematik ist gleichsam eine sinnliche Logik, sie verhaͤlt sich zur Philosophie, wie die materiellen Kuͤnste, Musik und Plastik zur Poesie.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Verstand ist mechanischer, Witz ist chemischer, Genie ist organischer Geist.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Man glaubt Autoren oft durch Vergleichungen mit dem Fabrikwesen zu schmaͤhen. Aber soll der wahre Autor nicht auch Fabrikant seyn? Soll er nicht sein ganzes Leben dem Geschaͤft widmen, litterarische Materie in Formen zu bilden, die auf eine große Art zweckmaͤßig und nuͤtzlich sind? Wie sehr waͤre manchem Pfuscher nur ein geringer Theil von dem Fleiß und der Sorgfalt zu wuͤnschen, die wir an den gemeinsten Werkzeugen kaum noch achten!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Es gab und giebt schon Aerzte, die uͤber ihre Kunst zu philosophiren wuͤnschen. Die Kaufleute allein<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [111/0300]
um mich zu zerstreuen, sondern um zu seyn und zu werden; und ich glaube an die Macht des Willens und der Bildung, mich dem Unendlichen wieder zu naͤhern, mich aus den Fesseln der Mißbildung zu erloͤsen, und mich von den Schranken des Geschlechts unabhaͤngig zu machen. 3) Jch glaube an Begeisterung und Tugend, an die Wuͤrde der Kunst und den Reiz der Wissenschaft, an Freundschaft der Maͤnner und Liebe zum Vaterlande, an vergangene Groͤße und kuͤnftige Veredlung.
Die Mathematik ist gleichsam eine sinnliche Logik, sie verhaͤlt sich zur Philosophie, wie die materiellen Kuͤnste, Musik und Plastik zur Poesie.
Verstand ist mechanischer, Witz ist chemischer, Genie ist organischer Geist.
Man glaubt Autoren oft durch Vergleichungen mit dem Fabrikwesen zu schmaͤhen. Aber soll der wahre Autor nicht auch Fabrikant seyn? Soll er nicht sein ganzes Leben dem Geschaͤft widmen, litterarische Materie in Formen zu bilden, die auf eine große Art zweckmaͤßig und nuͤtzlich sind? Wie sehr waͤre manchem Pfuscher nur ein geringer Theil von dem Fleiß und der Sorgfalt zu wuͤnschen, die wir an den gemeinsten Werkzeugen kaum noch achten!
Es gab und giebt schon Aerzte, die uͤber ihre Kunst zu philosophiren wuͤnschen. Die Kaufleute allein
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