Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.Schutz zu nehmen, worin sie beyde eine so artige Rolle spielten. Das Urtheil war verdrießlich, weil es nur schlechthin so heißen solle, und nicht Urtheilskraft; da doch Klopstock selbst Einbildungskraft sage. Es kümmere sich nicht darum, ob bey dem ganzen Handel Urtheil oder Einbildung mehr Kraft beweisen würde. Ein berühmter Grammatiker hatte einen Sturm gegen die grammatischen Gespräche vor, und setzte sich dazu ritterlich auf den Rücken des Sprachgebrauchs. Da der Grammatiker aber etwas stark beleibt war, so konnte der Sprachgebrauch nicht einmal aufrecht stehen, geschweige denn traben, sondern er kroch auf allen Vieren. Der Purismus wollte als Vertheidiger auftreten. Die Ausländerey warf ihm vor, er sey ein Siebenschläfer, der nur alle halbe Jahrhunderte wach werde: zur Zeit der fruchtbringenden Gesellschaft, unter Gottsched, und Schutz zu nehmen, worin sie beyde eine so artige Rolle spielten. Das Urtheil war verdrießlich, weil es nur schlechthin so heißen solle, und nicht Urtheilskraft; da doch Klopstock selbst Einbildungskraft sage. Es kuͤmmere sich nicht darum, ob bey dem ganzen Handel Urtheil oder Einbildung mehr Kraft beweisen wuͤrde. Ein beruͤhmter Grammatiker hatte einen Sturm gegen die grammatischen Gespraͤche vor, und setzte sich dazu ritterlich auf den Ruͤcken des Sprachgebrauchs. Da der Grammatiker aber etwas stark beleibt war, so konnte der Sprachgebrauch nicht einmal aufrecht stehen, geschweige denn traben, sondern er kroch auf allen Vieren. Der Purismus wollte als Vertheidiger auftreten. Die Auslaͤnderey warf ihm vor, er sey ein Siebenschlaͤfer, der nur alle halbe Jahrhunderte wach werde: zur Zeit der fruchtbringenden Gesellschaft, unter Gottsched, und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0079" n="68"/> Schutz zu nehmen, worin sie beyde eine so artige Rolle spielten. Das Urtheil war verdrießlich, weil es nur schlechthin so heißen solle, und nicht Urtheilskraft; da doch Klopstock selbst Einbildungskraft sage. Es kuͤmmere sich nicht darum, ob bey dem ganzen Handel Urtheil oder Einbildung mehr Kraft beweisen wuͤrde. Ein beruͤhmter Grammatiker hatte einen Sturm gegen die grammatischen Gespraͤche vor, und setzte sich dazu ritterlich auf den Ruͤcken des Sprachgebrauchs. Da der Grammatiker aber etwas stark beleibt war, so konnte der Sprachgebrauch nicht einmal aufrecht stehen, geschweige denn traben, sondern er kroch auf allen Vieren. Der Purismus wollte als Vertheidiger auftreten. Die Auslaͤnderey warf ihm vor, er sey ein Siebenschlaͤfer, der nur alle halbe Jahrhunderte wach werde: zur Zeit der fruchtbringenden Gesellschaft, unter Gottsched, und<lb/> jetzt. Klopstock halte es gar nicht mit ihm: das beweise die Gelehrten<hi rendition="#g">republik, die Fragmente</hi> uͤber Sprache und Dichtkunst, endlich die <hi rendition="#g">grammatischen</hi> Gespraͤche. Der Purismus erwiederte, man koͤnne es in dergleichen Dingen nicht so genau nehmen; sein Geschaͤft werde ihm sehr sauer gemacht, er habe selbst noch nicht zu einem Deutschen Namen gelangen koͤnnen. Hierauf fragte ihn die Auslaͤnderey, ob er Reinigkeitsengel oder Reinigkeitsteufel heißen wollte? Jhr koͤnnt denken, wie er ergrimmte, nicht sowohl wegen der Schimpflichkeit des einen Namens, als weil man geglaubt hatte, er wisse nicht, daß Engel und Teufel Griechisch waͤren. Der Reim war außer sich uͤber die Verunglimpfungen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [68/0079]
Schutz zu nehmen, worin sie beyde eine so artige Rolle spielten. Das Urtheil war verdrießlich, weil es nur schlechthin so heißen solle, und nicht Urtheilskraft; da doch Klopstock selbst Einbildungskraft sage. Es kuͤmmere sich nicht darum, ob bey dem ganzen Handel Urtheil oder Einbildung mehr Kraft beweisen wuͤrde. Ein beruͤhmter Grammatiker hatte einen Sturm gegen die grammatischen Gespraͤche vor, und setzte sich dazu ritterlich auf den Ruͤcken des Sprachgebrauchs. Da der Grammatiker aber etwas stark beleibt war, so konnte der Sprachgebrauch nicht einmal aufrecht stehen, geschweige denn traben, sondern er kroch auf allen Vieren. Der Purismus wollte als Vertheidiger auftreten. Die Auslaͤnderey warf ihm vor, er sey ein Siebenschlaͤfer, der nur alle halbe Jahrhunderte wach werde: zur Zeit der fruchtbringenden Gesellschaft, unter Gottsched, und
jetzt. Klopstock halte es gar nicht mit ihm: das beweise die Gelehrtenrepublik, die Fragmente uͤber Sprache und Dichtkunst, endlich die grammatischen Gespraͤche. Der Purismus erwiederte, man koͤnne es in dergleichen Dingen nicht so genau nehmen; sein Geschaͤft werde ihm sehr sauer gemacht, er habe selbst noch nicht zu einem Deutschen Namen gelangen koͤnnen. Hierauf fragte ihn die Auslaͤnderey, ob er Reinigkeitsengel oder Reinigkeitsteufel heißen wollte? Jhr koͤnnt denken, wie er ergrimmte, nicht sowohl wegen der Schimpflichkeit des einen Namens, als weil man geglaubt hatte, er wisse nicht, daß Engel und Teufel Griechisch waͤren. Der Reim war außer sich uͤber die Verunglimpfungen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |