Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

ansehnliche Menge derer nicht in Anschlag bringen willst, deren eigentliches Geschäft es ist, sich auf der Himmelsleiter der Kunst oder der Wissenschaft zur Unsterblichkeit zu erheben. Ja, nimm an, daß ein Mann, der nur für den Staat oder für seinen Stand lebt, und von Künsten und Wissenschatten nichts oder wenig weiß, auch ohne Religion sey, ohne eine ursprüngliche eigene und reichliche Quelle reiner Begeisterung in seinem Jnnern: so kann ihm doch die Liebe der Freyheit, besonders aber das Gefühl der Ehre und der Pflichten seines Standes eine Art von Religion seyn, und einigen Ersatz geben, sein kaltes Gemüth spärlich erwärmen, daß wenigstens ein Funken vom ewigen Feuer des Prometheus unter der Asche verborgen bleibe, zur Erinnerung oder zur Hoffnung besserer Zeiten. Auch stehen die männlichen Gewerbe der höhern Stände doch schon in etwas näherm Umgange mit Wissenschaften und Künsten, und also mit den Göttern und der Unsterblichkeit, wie die Verwaltung des Hauses. Ja, wenn auch das wegfällt, wenn der Mann nichts vermag und nichts will, als mit ganzem Ernste das Nützliche befördern, so ist doch dieses Nützliche von mehr Umfang und Größe, und erweitert allmählich selbst den beschränkten Geist, und mit der freyeren Aussicht erhebt sich der Gedanke, zu einer höhern Stufe fortzuschreiten. Die Lebensart der Frauen hat die Neigung, sie immer enger und enger zu beschränken, und ihren Geist noch vor seinem seeligen Ende in den mütterlichen Schooß der Erde zu begraben. Vornehm oder bürgerlich macht hier keinen Unterschied.

ansehnliche Menge derer nicht in Anschlag bringen willst, deren eigentliches Geschaͤft es ist, sich auf der Himmelsleiter der Kunst oder der Wissenschaft zur Unsterblichkeit zu erheben. Ja, nimm an, daß ein Mann, der nur fuͤr den Staat oder fuͤr seinen Stand lebt, und von Kuͤnsten und Wissenschatten nichts oder wenig weiß, auch ohne Religion sey, ohne eine urspruͤngliche eigene und reichliche Quelle reiner Begeisterung in seinem Jnnern: so kann ihm doch die Liebe der Freyheit, besonders aber das Gefuͤhl der Ehre und der Pflichten seines Standes eine Art von Religion seyn, und einigen Ersatz geben, sein kaltes Gemuͤth spaͤrlich erwaͤrmen, daß wenigstens ein Funken vom ewigen Feuer des Prometheus unter der Asche verborgen bleibe, zur Erinnerung oder zur Hoffnung besserer Zeiten. Auch stehen die maͤnnlichen Gewerbe der hoͤhern Staͤnde doch schon in etwas naͤherm Umgange mit Wissenschaften und Kuͤnsten, und also mit den Goͤttern und der Unsterblichkeit, wie die Verwaltung des Hauses. Ja, wenn auch das wegfaͤllt, wenn der Mann nichts vermag und nichts will, als mit ganzem Ernste das Nuͤtzliche befoͤrdern, so ist doch dieses Nuͤtzliche von mehr Umfang und Groͤße, und erweitert allmaͤhlich selbst den beschraͤnkten Geist, und mit der freyeren Aussicht erhebt sich der Gedanke, zu einer hoͤhern Stufe fortzuschreiten. Die Lebensart der Frauen hat die Neigung, sie immer enger und enger zu beschraͤnken, und ihren Geist noch vor seinem seeligen Ende in den muͤtterlichen Schooß der Erde zu begraben. Vornehm oder buͤrgerlich macht hier keinen Unterschied.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0014" n="6"/>
ansehnliche Menge derer nicht in Anschlag bringen willst, deren eigentliches Gescha&#x0364;ft es ist, sich auf der Himmelsleiter der Kunst oder der Wissenschaft zur Unsterblichkeit zu erheben. Ja, nimm an, daß ein Mann, der nur fu&#x0364;r den Staat oder fu&#x0364;r seinen Stand lebt, und von Ku&#x0364;nsten und Wissenschatten nichts oder wenig weiß, auch ohne Religion sey, ohne eine urspru&#x0364;ngliche eigene und reichliche Quelle reiner Begeisterung in seinem Jnnern: so kann ihm doch die Liebe der Freyheit, besonders aber das Gefu&#x0364;hl der Ehre und der Pflichten seines Standes eine Art von Religion seyn, und einigen Ersatz geben, sein kaltes Gemu&#x0364;th spa&#x0364;rlich erwa&#x0364;rmen, daß wenigstens ein Funken vom ewigen Feuer des Prometheus unter der Asche verborgen bleibe, zur Erinnerung oder zur Hoffnung besserer Zeiten. Auch stehen die ma&#x0364;nnlichen Gewerbe der ho&#x0364;hern Sta&#x0364;nde doch schon in etwas na&#x0364;herm Umgange mit Wissenschaften und Ku&#x0364;nsten, und also mit den Go&#x0364;ttern und der Unsterblichkeit, wie die Verwaltung des Hauses. Ja, wenn auch das wegfa&#x0364;llt, wenn der Mann nichts vermag und nichts will, als mit ganzem Ernste das Nu&#x0364;tzliche befo&#x0364;rdern, so ist doch dieses Nu&#x0364;tzliche von mehr Umfang und Gro&#x0364;ße, und erweitert allma&#x0364;hlich selbst den beschra&#x0364;nkten Geist, und mit der freyeren Aussicht erhebt sich der Gedanke, zu einer ho&#x0364;hern Stufe fortzuschreiten. Die Lebensart der Frauen hat die Neigung, sie immer enger und enger zu beschra&#x0364;nken, und ihren Geist noch vor seinem seeligen Ende in den mu&#x0364;tterlichen Schooß der Erde zu begraben. Vornehm oder bu&#x0364;rgerlich macht hier keinen Unterschied.
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0014] ansehnliche Menge derer nicht in Anschlag bringen willst, deren eigentliches Geschaͤft es ist, sich auf der Himmelsleiter der Kunst oder der Wissenschaft zur Unsterblichkeit zu erheben. Ja, nimm an, daß ein Mann, der nur fuͤr den Staat oder fuͤr seinen Stand lebt, und von Kuͤnsten und Wissenschatten nichts oder wenig weiß, auch ohne Religion sey, ohne eine urspruͤngliche eigene und reichliche Quelle reiner Begeisterung in seinem Jnnern: so kann ihm doch die Liebe der Freyheit, besonders aber das Gefuͤhl der Ehre und der Pflichten seines Standes eine Art von Religion seyn, und einigen Ersatz geben, sein kaltes Gemuͤth spaͤrlich erwaͤrmen, daß wenigstens ein Funken vom ewigen Feuer des Prometheus unter der Asche verborgen bleibe, zur Erinnerung oder zur Hoffnung besserer Zeiten. Auch stehen die maͤnnlichen Gewerbe der hoͤhern Staͤnde doch schon in etwas naͤherm Umgange mit Wissenschaften und Kuͤnsten, und also mit den Goͤttern und der Unsterblichkeit, wie die Verwaltung des Hauses. Ja, wenn auch das wegfaͤllt, wenn der Mann nichts vermag und nichts will, als mit ganzem Ernste das Nuͤtzliche befoͤrdern, so ist doch dieses Nuͤtzliche von mehr Umfang und Groͤße, und erweitert allmaͤhlich selbst den beschraͤnkten Geist, und mit der freyeren Aussicht erhebt sich der Gedanke, zu einer hoͤhern Stufe fortzuschreiten. Die Lebensart der Frauen hat die Neigung, sie immer enger und enger zu beschraͤnken, und ihren Geist noch vor seinem seeligen Ende in den muͤtterlichen Schooß der Erde zu begraben. Vornehm oder buͤrgerlich macht hier keinen Unterschied.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/14
Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/14>, abgerufen am 21.11.2024.