Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.Glücklich, wenn noch in dem Staube was ruht, was Phidias kühn schuf, Was Polykletos mit Maß; über dem Haupte hinweg Geht die Verheerung ihm: nicht stürzende Vesten erdrücken's, Und es erblüht dereinst einer beruhigten Welt. Hat der zürnende Berg in alten Gluten des Abgrunds Nicht Pompeji bedeckt und den Herkulischen Strand? Doch, vom feurigen Regen verschont, und den flutenden Felsen, Stieg unalternd ein Bild häusliches Webens empor. Zwar auch dieß nur ein kleines, doch ist es ein werthes Gedächtniß: Alles, bedeutungsvoll, lehrt, was die Zeiten geraubt. Lehnt der befreundete Seher der Alten ja selbst an der Säule Sturz wehmüthig, und tritt ernst auf zertrümmert Gebälk. Denn er gleichet dem Manne, der kaum entronnen dem Schiffbruch Schätze verlohr, und klimmt nackt die Gestade hinauf. Nur am Finger ein Ring blieb sein, den gab die Geliebte, Und so dünkt er sich reich, schauet ihr Zeichen nur an. Ach, wie dämmernder Schimmer erloschener Herrlichkeit folgt uns! Jenes volleren Tags Glorie träumen wir kaum. Auf Eilanden umher, an viel durchschnittenen Küsten Blühend verbreitet nnd reich, wohnte das regsame Volk Asien an und Aegyptus, und schuf Welttheile zu Hellas: Gluͤcklich, wenn noch in dem Staube was ruht, was Phidias kuͤhn schuf, Was Polykletos mit Maß; uͤber dem Haupte hinweg Geht die Verheerung ihm: nicht stuͤrzende Vesten erdruͤcken's, Und es erbluͤht dereinst einer beruhigten Welt. Hat der zuͤrnende Berg in alten Gluten des Abgrunds Nicht Pompeji bedeckt und den Herkulischen Strand? Doch, vom feurigen Regen verschont, und den flutenden Felsen, Stieg unalternd ein Bild haͤusliches Webens empor. Zwar auch dieß nur ein kleines, doch ist es ein werthes Gedaͤchtniß: Alles, bedeutungsvoll, lehrt, was die Zeiten geraubt. Lehnt der befreundete Seher der Alten ja selbst an der Saͤule Sturz wehmuͤthig, und tritt ernst auf zertruͤmmert Gebaͤlk. Denn er gleichet dem Manne, der kaum entronnen dem Schiffbruch Schaͤtze verlohr, und klimmt nackt die Gestade hinauf. Nur am Finger ein Ring blieb sein, den gab die Geliebte, Und so duͤnkt er sich reich, schauet ihr Zeichen nur an. Ach, wie daͤmmernder Schimmer erloschener Herrlichkeit folgt uns! Jenes volleren Tags Glorie traͤumen wir kaum. Auf Eilanden umher, an viel durchschnittenen Kuͤsten Bluͤhend verbreitet nnd reich, wohnte das regsame Volk Asien an und Aegyptus, und schuf Welttheile zu Hellas: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0193" n="183"/> <l>Gluͤcklich, wenn noch in dem Staube was ruht, was Phidias kuͤhn schuf,</l><lb/> <l>Was Polykletos mit Maß; uͤber dem Haupte hinweg</l><lb/> <l>Geht die Verheerung ihm: nicht stuͤrzende Vesten erdruͤcken's,</l><lb/> <l>Und es erbluͤht dereinst einer beruhigten Welt.</l><lb/> <l>Hat der zuͤrnende Berg in alten Gluten des Abgrunds</l><lb/> <l>Nicht Pompeji bedeckt und den Herkulischen Strand?</l><lb/> <l>Doch, vom feurigen Regen verschont, und den flutenden Felsen,</l><lb/> <l>Stieg unalternd ein Bild haͤusliches Webens empor.</l><lb/> <l>Zwar auch dieß nur ein kleines, doch ist es ein werthes Gedaͤchtniß:</l><lb/> <l>Alles, bedeutungsvoll, lehrt, was die Zeiten geraubt.</l><lb/> <l>Lehnt der befreundete Seher der Alten ja selbst an der Saͤule</l><lb/> <l>Sturz wehmuͤthig, und tritt ernst auf zertruͤmmert Gebaͤlk.</l><lb/> <l>Denn er gleichet dem Manne, der kaum entronnen dem Schiffbruch</l><lb/> <l>Schaͤtze verlohr, und klimmt nackt die Gestade hinauf.</l><lb/> <l>Nur am Finger ein Ring blieb sein, den gab die Geliebte,</l><lb/> <l>Und so duͤnkt er sich reich, schauet ihr Zeichen nur an.</l><lb/> <l>Ach, wie daͤmmernder Schimmer erloschener Herrlichkeit folgt uns!</l><lb/> <l>Jenes volleren Tags Glorie traͤumen wir kaum.</l><lb/> <l>Auf Eilanden umher, an viel durchschnittenen Kuͤsten</l><lb/> <l>Bluͤhend verbreitet nnd reich, wohnte das regsame Volk</l><lb/> <l>Asien an und Aegyptus, und schuf Welttheile zu Hellas:</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [183/0193]
Gluͤcklich, wenn noch in dem Staube was ruht, was Phidias kuͤhn schuf,
Was Polykletos mit Maß; uͤber dem Haupte hinweg
Geht die Verheerung ihm: nicht stuͤrzende Vesten erdruͤcken's,
Und es erbluͤht dereinst einer beruhigten Welt.
Hat der zuͤrnende Berg in alten Gluten des Abgrunds
Nicht Pompeji bedeckt und den Herkulischen Strand?
Doch, vom feurigen Regen verschont, und den flutenden Felsen,
Stieg unalternd ein Bild haͤusliches Webens empor.
Zwar auch dieß nur ein kleines, doch ist es ein werthes Gedaͤchtniß:
Alles, bedeutungsvoll, lehrt, was die Zeiten geraubt.
Lehnt der befreundete Seher der Alten ja selbst an der Saͤule
Sturz wehmuͤthig, und tritt ernst auf zertruͤmmert Gebaͤlk.
Denn er gleichet dem Manne, der kaum entronnen dem Schiffbruch
Schaͤtze verlohr, und klimmt nackt die Gestade hinauf.
Nur am Finger ein Ring blieb sein, den gab die Geliebte,
Und so duͤnkt er sich reich, schauet ihr Zeichen nur an.
Ach, wie daͤmmernder Schimmer erloschener Herrlichkeit folgt uns!
Jenes volleren Tags Glorie traͤumen wir kaum.
Auf Eilanden umher, an viel durchschnittenen Kuͤsten
Bluͤhend verbreitet nnd reich, wohnte das regsame Volk
Asien an und Aegyptus, und schuf Welttheile zu Hellas:
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |