Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.wenn diejenigen sich seine schöne Bescheidenheit und Selbsterkenntniß empfohlen sein ließen, die ohne etwas besseres zu seyn, oder gemacht zu haben, einen Ruhm darin suchen, ihm die Mittelmäßigkeit vorzuwerfen, die er selbst anerkennt, und von der sie nicht einmal rechtlichen Beweis zu führen im Stande sein dürften. Von Matthisson ist kürzlich dreyerley erschienen: Basrelief am Sarkofage des Jahrhunderts, Alins Abentheuer, und ein Nachtrag zu seinen Gedichten. -- Vielleicht giebt es auch für die Poesie einen Lapidarstyl, in welchem sich eine so große Masse, wie die wichtigsten Thaten und Begebenheiten eines denkwürdigen Jahrhunderts ausmachen, ohne Formlosigkeit und mit lichter Anordnung zur bündigen Kürze einer Jnschrift zusammendrängen ließe. Aber wer von einem Jahrhunderte würdig reden will, muß die Uebersicht eines Jahrtausends dabey im Sinne haben. Von zufällig und individuell bestimmten Eindrücken des Moments dabey ausgehen, heißt, mit einer Sinnesart, die nicht über die Mauern einer kleinen Stadt hinauskann, die Geschichte eines Reiches schreiben, oder den Himmel aus einem engen Brunnen heraus übersehen wollen. Das Basrelief am Sarkofage des Jahrhunderts entspricht daher seinem Titel gar nicht, wenn es bloß von dem Unheile der politischen Fakzionen und des gegenwärtigen Krieges, und von der dabey erlittnen Schmach Deutschlandes redet. Machen diese parzialen Begebenheiten der letzten Jahre wenn diejenigen sich seine schoͤne Bescheidenheit und Selbsterkenntniß empfohlen sein ließen, die ohne etwas besseres zu seyn, oder gemacht zu haben, einen Ruhm darin suchen, ihm die Mittelmaͤßigkeit vorzuwerfen, die er selbst anerkennt, und von der sie nicht einmal rechtlichen Beweis zu fuͤhren im Stande sein duͤrften. Von Matthisson ist kuͤrzlich dreyerley erschienen: Basrelief am Sarkofage des Jahrhunderts, Alins Abentheuer, und ein Nachtrag zu seinen Gedichten. — Vielleicht giebt es auch fuͤr die Poesie einen Lapidarstyl, in welchem sich eine so große Masse, wie die wichtigsten Thaten und Begebenheiten eines denkwuͤrdigen Jahrhunderts ausmachen, ohne Formlosigkeit und mit lichter Anordnung zur buͤndigen Kuͤrze einer Jnschrift zusammendraͤngen ließe. Aber wer von einem Jahrhunderte wuͤrdig reden will, muß die Uebersicht eines Jahrtausends dabey im Sinne haben. Von zufaͤllig und individuell bestimmten Eindruͤcken des Moments dabey ausgehen, heißt, mit einer Sinnesart, die nicht uͤber die Mauern einer kleinen Stadt hinauskann, die Geschichte eines Reiches schreiben, oder den Himmel aus einem engen Brunnen heraus uͤbersehen wollen. Das Basrelief am Sarkofage des Jahrhunderts entspricht daher seinem Titel gar nicht, wenn es bloß von dem Unheile der politischen Fakzionen und des gegenwaͤrtigen Krieges, und von der dabey erlittnen Schmach Deutschlandes redet. Machen diese parzialen Begebenheiten der letzten Jahre <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0147" n="139"/> wenn diejenigen sich seine schoͤne Bescheidenheit und Selbsterkenntniß empfohlen sein ließen, die ohne etwas besseres zu seyn, oder gemacht zu haben, einen Ruhm darin suchen, ihm die Mittelmaͤßigkeit vorzuwerfen, die er selbst anerkennt, und von der sie nicht einmal rechtlichen Beweis zu fuͤhren im Stande sein duͤrften.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="3"> <p><hi rendition="#g">Von Matthisson</hi> ist kuͤrzlich dreyerley erschienen: <hi rendition="#g"><choice><sic>Basrelif</sic><corr type="corrigenda">Basrelief</corr></choice> am Sarkofage des Jahrhunderts</hi>, <hi rendition="#g">Alins Abentheuer</hi>, und ein <hi rendition="#g">Nachtrag</hi> zu seinen Gedichten. — Vielleicht giebt es auch fuͤr die Poesie einen Lapidarstyl, in welchem sich eine so große Masse, wie die wichtigsten Thaten und Begebenheiten eines denkwuͤrdigen Jahrhunderts ausmachen, ohne Formlosigkeit und mit lichter Anordnung zur buͤndigen Kuͤrze einer Jnschrift zusammendraͤngen ließe. Aber wer von einem Jahrhunderte wuͤrdig reden will, muß die Uebersicht eines Jahrtausends dabey im Sinne haben. Von zufaͤllig und individuell bestimmten Eindruͤcken des Moments dabey ausgehen, heißt, mit einer Sinnesart, die nicht uͤber die Mauern einer kleinen Stadt hinauskann, die Geschichte eines Reiches schreiben, oder den Himmel aus einem engen Brunnen heraus uͤbersehen wollen. Das <choice><sic>Basrelif</sic><corr type="corrigenda">Basrelief</corr></choice> am Sarkofage des Jahrhunderts entspricht daher seinem Titel gar nicht, wenn es bloß von dem Unheile der politischen Fakzionen und des gegenwaͤrtigen Krieges, und von der dabey erlittnen Schmach Deutschlandes redet. Machen diese parzialen Begebenheiten der letzten Jahre </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [139/0147]
wenn diejenigen sich seine schoͤne Bescheidenheit und Selbsterkenntniß empfohlen sein ließen, die ohne etwas besseres zu seyn, oder gemacht zu haben, einen Ruhm darin suchen, ihm die Mittelmaͤßigkeit vorzuwerfen, die er selbst anerkennt, und von der sie nicht einmal rechtlichen Beweis zu fuͤhren im Stande sein duͤrften.
Von Matthisson ist kuͤrzlich dreyerley erschienen: Basrelief am Sarkofage des Jahrhunderts, Alins Abentheuer, und ein Nachtrag zu seinen Gedichten. — Vielleicht giebt es auch fuͤr die Poesie einen Lapidarstyl, in welchem sich eine so große Masse, wie die wichtigsten Thaten und Begebenheiten eines denkwuͤrdigen Jahrhunderts ausmachen, ohne Formlosigkeit und mit lichter Anordnung zur buͤndigen Kuͤrze einer Jnschrift zusammendraͤngen ließe. Aber wer von einem Jahrhunderte wuͤrdig reden will, muß die Uebersicht eines Jahrtausends dabey im Sinne haben. Von zufaͤllig und individuell bestimmten Eindruͤcken des Moments dabey ausgehen, heißt, mit einer Sinnesart, die nicht uͤber die Mauern einer kleinen Stadt hinauskann, die Geschichte eines Reiches schreiben, oder den Himmel aus einem engen Brunnen heraus uͤbersehen wollen. Das Basrelief am Sarkofage des Jahrhunderts entspricht daher seinem Titel gar nicht, wenn es bloß von dem Unheile der politischen Fakzionen und des gegenwaͤrtigen Krieges, und von der dabey erlittnen Schmach Deutschlandes redet. Machen diese parzialen Begebenheiten der letzten Jahre
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