Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.gelangen konnte. Jn deutschen öffentlichen Blättern ist darüber, so viel ich mich besinne, nirgends ordentlich gesprochen, sondern bloß die Verrufenheit ausgerufen worden, man hat das Buch verboten, nicht bloß wo man zu verbieten gewohnt ist, sondern sogar an den allgemeinen Stapelplätzen des Buchhandels. Jst denn hier wirklich ein so gewaltiger Titane und Himmelsstürmer aufgetreten, oder läßt ihn nur die Kleinheit der umgebenden Welt riesenhaft erscheinen? Der Kampf der alten und neuen Gottheiten ist, in einem ernsteren Sinne genommen, ein wahrhaft poetischer Gegenstand. Es giebt nicht leicht ein größeres und tragischeres Schauspiel in der Geschichte, als die Zerstörung eines Götterdienstes, der die gebildetste Mythologie, die Blüthe schöner Sinnlichkeit und eben darum vergänglich, darstellte, und aller daran geknüpfter Herrlichkeiten des classischen Alterthums, durch eine erhabne geistige Offenbarung, die auf Hintansetzung alles Jrdischen drang, und selbst den innern Menschen zum Opfer verlangte. Auch ist diese Begebenheit schon mit dem ganzen Zubehör der Dichtung, mit Wundern aller Art umgeben, auf die Nachwelt gekommen. Freylich verherrlichten diese nur den Sieg der christlichen Religion, ihre ermattete Gegnerin konnte keine mehr hervorbringen, jedoch erscheint ein Mann wie Julian, der alle edlen Schatten des Alterthums zum Streite gegen das Christenthum herauf beschwor, fast im Glanz der alten Heroen. Dieser Streit entschied nichts geringeres als die Trennung und völlige Entgegensetzung der alten und neuen gelangen konnte. Jn deutschen oͤffentlichen Blaͤttern ist daruͤber, so viel ich mich besinne, nirgends ordentlich gesprochen, sondern bloß die Verrufenheit ausgerufen worden, man hat das Buch verboten, nicht bloß wo man zu verbieten gewohnt ist, sondern sogar an den allgemeinen Stapelplaͤtzen des Buchhandels. Jst denn hier wirklich ein so gewaltiger Titane und Himmelsstuͤrmer aufgetreten, oder laͤßt ihn nur die Kleinheit der umgebenden Welt riesenhaft erscheinen? Der Kampf der alten und neuen Gottheiten ist, in einem ernsteren Sinne genommen, ein wahrhaft poetischer Gegenstand. Es giebt nicht leicht ein groͤßeres und tragischeres Schauspiel in der Geschichte, als die Zerstoͤrung eines Goͤtterdienstes, der die gebildetste Mythologie, die Bluͤthe schoͤner Sinnlichkeit und eben darum vergaͤnglich, darstellte, und aller daran geknuͤpfter Herrlichkeiten des classischen Alterthums, durch eine erhabne geistige Offenbarung, die auf Hintansetzung alles Jrdischen drang, und selbst den innern Menschen zum Opfer verlangte. Auch ist diese Begebenheit schon mit dem ganzen Zubehoͤr der Dichtung, mit Wundern aller Art umgeben, auf die Nachwelt gekommen. Freylich verherrlichten diese nur den Sieg der christlichen Religion, ihre ermattete Gegnerin konnte keine mehr hervorbringen, jedoch erscheint ein Mann wie Julian, der alle edlen Schatten des Alterthums zum Streite gegen das Christenthum herauf beschwor, fast im Glanz der alten Heroen. Dieser Streit entschied nichts geringeres als die Trennung und voͤllige Entgegensetzung der alten und neuen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0266" n="254"/> gelangen konnte. Jn deutschen oͤffentlichen Blaͤttern ist daruͤber, so viel ich mich besinne, nirgends ordentlich gesprochen, sondern bloß die Verrufenheit ausgerufen worden, man hat das Buch verboten, nicht bloß wo man zu verbieten gewohnt ist, sondern sogar an den allgemeinen Stapelplaͤtzen des Buchhandels. Jst denn hier wirklich ein so gewaltiger Titane und Himmelsstuͤrmer aufgetreten, oder laͤßt ihn nur die Kleinheit der umgebenden Welt riesenhaft erscheinen?</p><lb/> <p>Der Kampf der alten und neuen Gottheiten ist, in einem ernsteren Sinne genommen, ein wahrhaft poetischer Gegenstand. Es giebt nicht leicht ein groͤßeres und tragischeres Schauspiel in der Geschichte, als die Zerstoͤrung eines Goͤtterdienstes, der die gebildetste Mythologie, die Bluͤthe schoͤner Sinnlichkeit und eben darum vergaͤnglich, darstellte, und aller daran geknuͤpfter Herrlichkeiten des classischen Alterthums, durch eine erhabne geistige Offenbarung, die auf Hintansetzung alles Jrdischen drang, und selbst den innern Menschen zum Opfer verlangte. Auch ist diese Begebenheit schon mit dem ganzen Zubehoͤr der Dichtung, mit Wundern aller Art umgeben, auf die Nachwelt gekommen. Freylich verherrlichten diese nur den Sieg der christlichen Religion, ihre ermattete Gegnerin konnte keine mehr hervorbringen, jedoch erscheint ein Mann wie Julian, der alle edlen Schatten des Alterthums zum Streite gegen das Christenthum herauf beschwor, fast im Glanz der alten Heroen. Dieser Streit entschied nichts geringeres als die Trennung und voͤllige Entgegensetzung der alten und neuen </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [254/0266]
gelangen konnte. Jn deutschen oͤffentlichen Blaͤttern ist daruͤber, so viel ich mich besinne, nirgends ordentlich gesprochen, sondern bloß die Verrufenheit ausgerufen worden, man hat das Buch verboten, nicht bloß wo man zu verbieten gewohnt ist, sondern sogar an den allgemeinen Stapelplaͤtzen des Buchhandels. Jst denn hier wirklich ein so gewaltiger Titane und Himmelsstuͤrmer aufgetreten, oder laͤßt ihn nur die Kleinheit der umgebenden Welt riesenhaft erscheinen?
Der Kampf der alten und neuen Gottheiten ist, in einem ernsteren Sinne genommen, ein wahrhaft poetischer Gegenstand. Es giebt nicht leicht ein groͤßeres und tragischeres Schauspiel in der Geschichte, als die Zerstoͤrung eines Goͤtterdienstes, der die gebildetste Mythologie, die Bluͤthe schoͤner Sinnlichkeit und eben darum vergaͤnglich, darstellte, und aller daran geknuͤpfter Herrlichkeiten des classischen Alterthums, durch eine erhabne geistige Offenbarung, die auf Hintansetzung alles Jrdischen drang, und selbst den innern Menschen zum Opfer verlangte. Auch ist diese Begebenheit schon mit dem ganzen Zubehoͤr der Dichtung, mit Wundern aller Art umgeben, auf die Nachwelt gekommen. Freylich verherrlichten diese nur den Sieg der christlichen Religion, ihre ermattete Gegnerin konnte keine mehr hervorbringen, jedoch erscheint ein Mann wie Julian, der alle edlen Schatten des Alterthums zum Streite gegen das Christenthum herauf beschwor, fast im Glanz der alten Heroen. Dieser Streit entschied nichts geringeres als die Trennung und voͤllige Entgegensetzung der alten und neuen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |