Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.gewachsen war. Er fällt alle Augenblicke aus dem Ton und Charakter seiner Personen, und zwar nicht aus komischem Uebermuth, sondern geradezu aus Ungeschicklichkeit und Unvermögen. Wo auch das Richtigere angedeutet ist, zeigt sich doch das geringe Maaß seiner mimischen Talente. Man nehme die in der That witzige Stelle, p. 33. 34. über die psychologische Verwirrung dreyer Personen in Einem Wesen und also auch Einem Bewußtseyn. Wie viel besser hätte sich dieß benutzen, welche Trio's hätten sich anstimmen lassen, worin Grammatik, Logik und Arithmetik mit den drolligsten Sinn- und Wortspielen auf den Kopf gestellt wären! Zu welchen herrlichen Contrastirungen und Parodien Griechischer und Hebräischer Poesie wäre überhaupt Veranlassung gewesen! Die Beschaffenheit seiner Sprache entschuldigt den Dichter nur halb; denn wiewohl an eine Ummodelung derselben mit Aristophanischer Keckheit vor der Hand nicht zu denken ist, so kommt doch dabey viel auf Wollen und Wagen an, und schon mit einer herzhaften Rückkehr auf die Bahn des Rabelais ließe sich etwas bedeutendes ausrichten. Da ich einmal den Aristophanes habe erwähnen müssen, um meine Gedanken deutlich zu machen, so mag uns der Rückblick auf ihn auch für zwey andre Stücke, nämlich die lüsternen und ausgelassenen Gemählde, und den Spott über religiöse Gegenstände den richtigen Standpunkt finden helfen. Bey der alten Komödie ist es Grundprinzip, daß die Götter Spaß verstehen, ja daß sie auch hierin göttlich, d. h. gewachsen war. Er faͤllt alle Augenblicke aus dem Ton und Charakter seiner Personen, und zwar nicht aus komischem Uebermuth, sondern geradezu aus Ungeschicklichkeit und Unvermoͤgen. Wo auch das Richtigere angedeutet ist, zeigt sich doch das geringe Maaß seiner mimischen Talente. Man nehme die in der That witzige Stelle, p. 33. 34. uͤber die psychologische Verwirrung dreyer Personen in Einem Wesen und also auch Einem Bewußtseyn. Wie viel besser haͤtte sich dieß benutzen, welche Trio's haͤtten sich anstimmen lassen, worin Grammatik, Logik und Arithmetik mit den drolligsten Sinn- und Wortspielen auf den Kopf gestellt waͤren! Zu welchen herrlichen Contrastirungen und Parodien Griechischer und Hebraͤischer Poesie waͤre uͤberhaupt Veranlassung gewesen! Die Beschaffenheit seiner Sprache entschuldigt den Dichter nur halb; denn wiewohl an eine Ummodelung derselben mit Aristophanischer Keckheit vor der Hand nicht zu denken ist, so kommt doch dabey viel auf Wollen und Wagen an, und schon mit einer herzhaften Ruͤckkehr auf die Bahn des Rabelais ließe sich etwas bedeutendes ausrichten. Da ich einmal den Aristophanes habe erwaͤhnen muͤssen, um meine Gedanken deutlich zu machen, so mag uns der Ruͤckblick auf ihn auch fuͤr zwey andre Stuͤcke, naͤmlich die luͤsternen und ausgelassenen Gemaͤhlde, und den Spott uͤber religioͤse Gegenstaͤnde den richtigen Standpunkt finden helfen. Bey der alten Komoͤdie ist es Grundprinzip, daß die Goͤtter Spaß verstehen, ja daß sie auch hierin goͤttlich, d. h. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0271" n="259"/> gewachsen war. Er faͤllt alle Augenblicke aus dem Ton und Charakter seiner Personen, und zwar nicht aus komischem Uebermuth, sondern geradezu aus Ungeschicklichkeit und Unvermoͤgen. Wo auch das Richtigere angedeutet ist, zeigt sich doch das geringe Maaß seiner mimischen Talente. Man nehme die in der That witzige Stelle, p. 33. 34. uͤber die psychologische Verwirrung dreyer Personen in Einem Wesen und also auch Einem Bewußtseyn. Wie viel besser haͤtte sich dieß benutzen, welche Trio's haͤtten sich anstimmen lassen, worin Grammatik, Logik und Arithmetik mit den drolligsten Sinn- und Wortspielen auf den Kopf gestellt waͤren! Zu welchen herrlichen Contrastirungen und Parodien Griechischer und Hebraͤischer Poesie waͤre uͤberhaupt Veranlassung gewesen! Die Beschaffenheit seiner Sprache entschuldigt den Dichter nur halb; denn wiewohl an eine Ummodelung derselben mit Aristophanischer Keckheit vor der Hand nicht zu denken ist, so kommt doch dabey viel auf Wollen und Wagen an, und schon mit einer herzhaften Ruͤckkehr auf die Bahn des Rabelais ließe sich etwas bedeutendes ausrichten.</p><lb/> <p>Da ich einmal den Aristophanes habe erwaͤhnen muͤssen, um meine Gedanken deutlich zu machen, so mag uns der Ruͤckblick auf ihn auch fuͤr zwey andre Stuͤcke, naͤmlich die luͤsternen und ausgelassenen Gemaͤhlde, und den Spott uͤber religioͤse Gegenstaͤnde den richtigen Standpunkt finden helfen. Bey der alten Komoͤdie ist es Grundprinzip, daß die Goͤtter Spaß verstehen, ja daß sie auch hierin goͤttlich, d. h. </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [259/0271]
gewachsen war. Er faͤllt alle Augenblicke aus dem Ton und Charakter seiner Personen, und zwar nicht aus komischem Uebermuth, sondern geradezu aus Ungeschicklichkeit und Unvermoͤgen. Wo auch das Richtigere angedeutet ist, zeigt sich doch das geringe Maaß seiner mimischen Talente. Man nehme die in der That witzige Stelle, p. 33. 34. uͤber die psychologische Verwirrung dreyer Personen in Einem Wesen und also auch Einem Bewußtseyn. Wie viel besser haͤtte sich dieß benutzen, welche Trio's haͤtten sich anstimmen lassen, worin Grammatik, Logik und Arithmetik mit den drolligsten Sinn- und Wortspielen auf den Kopf gestellt waͤren! Zu welchen herrlichen Contrastirungen und Parodien Griechischer und Hebraͤischer Poesie waͤre uͤberhaupt Veranlassung gewesen! Die Beschaffenheit seiner Sprache entschuldigt den Dichter nur halb; denn wiewohl an eine Ummodelung derselben mit Aristophanischer Keckheit vor der Hand nicht zu denken ist, so kommt doch dabey viel auf Wollen und Wagen an, und schon mit einer herzhaften Ruͤckkehr auf die Bahn des Rabelais ließe sich etwas bedeutendes ausrichten.
Da ich einmal den Aristophanes habe erwaͤhnen muͤssen, um meine Gedanken deutlich zu machen, so mag uns der Ruͤckblick auf ihn auch fuͤr zwey andre Stuͤcke, naͤmlich die luͤsternen und ausgelassenen Gemaͤhlde, und den Spott uͤber religioͤse Gegenstaͤnde den richtigen Standpunkt finden helfen. Bey der alten Komoͤdie ist es Grundprinzip, daß die Goͤtter Spaß verstehen, ja daß sie auch hierin goͤttlich, d. h.
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