Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.durch einige Einzelnheiten zu charakterisiren, welche Cardinal-Jrrthümer und Misverständnisse enthalten. Bei dem ersten flüchtigen Anblick, giebt die Anführung der Stellen aus Kant, und mit dessen eigenen Worten, dem Buche das Ansehen der Unpartheylichkeit; allein bei Erwägung des erbitterten Tons, der aufgestellten Ansicht, der gezogenen Resultate bemerkt man, daß diese Citationen nur Putz und Schmuck, keinesweges aber Ernst sind. Sehr naiv ist das Bekenntniß in der Vorrede: "daß die Metakritik, sich mit den bisherigen Commentatoren der kritischen Philosophie ganz unverworren gelassen, und daß der Verfasser fast keinen davon gelesen." So fern er unter Commentatoren jene nachsprechenden Buchstäbler versteht, welche den Geist der kritischen Philosophie, durch ein gedankenloses Memoriren der Categorientafel gefaßt zu haben glauben: so hat er daran unstreitig wohlgethan; wenn er aber hier diejenigen, welche seit Erscheinung der Kritik die Sache weiter gebracht haben, wenn er Fichte und Schelling ignorirt: so ist es eine ungemeine Eitelkeit zu glauben, daß nicht nur die eigenen Kräfte hinreichen, ein so tiefsinniges Meisterstück als die Kritik ist, zu fassen, sondern noch darneben, daß die erworbene Ansicht nun auch so unverbesserlich und durchaus vollkommen sei, daß kein anderer Geist sie abändern und modificiren kann. Hätte er sich nicht zu viel zugetraut, so würde er manche Einwürfe nicht gemacht, andere zurückgenommen haben; er würde nicht die Schmach erleben müssen, sein Kind vor durch einige Einzelnheiten zu charakterisiren, welche Cardinal-Jrrthuͤmer und Misverstaͤndnisse enthalten. Bei dem ersten fluͤchtigen Anblick, giebt die Anfuͤhrung der Stellen aus Kant, und mit dessen eigenen Worten, dem Buche das Ansehen der Unpartheylichkeit; allein bei Erwaͤgung des erbitterten Tons, der aufgestellten Ansicht, der gezogenen Resultate bemerkt man, daß diese Citationen nur Putz und Schmuck, keinesweges aber Ernst sind. Sehr naiv ist das Bekenntniß in der Vorrede: “daß die Metakritik, sich mit den bisherigen Commentatoren der kritischen Philosophie ganz unverworren gelassen, und daß der Verfasser fast keinen davon gelesen.” So fern er unter Commentatoren jene nachsprechenden Buchstaͤbler versteht, welche den Geist der kritischen Philosophie, durch ein gedankenloses Memoriren der Categorientafel gefaßt zu haben glauben: so hat er daran unstreitig wohlgethan; wenn er aber hier diejenigen, welche seit Erscheinung der Kritik die Sache weiter gebracht haben, wenn er Fichte und Schelling ignorirt: so ist es eine ungemeine Eitelkeit zu glauben, daß nicht nur die eigenen Kraͤfte hinreichen, ein so tiefsinniges Meisterstuͤck als die Kritik ist, zu fassen, sondern noch darneben, daß die erworbene Ansicht nun auch so unverbesserlich und durchaus vollkommen sei, daß kein anderer Geist sie abaͤndern und modificiren kann. Haͤtte er sich nicht zu viel zugetraut, so wuͤrde er manche Einwuͤrfe nicht gemacht, andere zuruͤckgenommen haben; er wuͤrde nicht die Schmach erleben muͤssen, sein Kind vor <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0281" n="269"/> durch einige Einzelnheiten zu charakterisiren, welche Cardinal-Jrrthuͤmer und Misverstaͤndnisse enthalten.</p><lb/> <p>Bei dem ersten fluͤchtigen Anblick, giebt die Anfuͤhrung der Stellen aus Kant, und mit dessen eigenen Worten, dem Buche das Ansehen der Unpartheylichkeit; allein bei Erwaͤgung des erbitterten Tons, der aufgestellten Ansicht, der gezogenen Resultate bemerkt man, daß diese Citationen nur Putz und Schmuck, keinesweges aber Ernst sind. Sehr naiv ist das Bekenntniß in der Vorrede: <hi rendition="#g">“daß die Metakritik, sich mit den bisherigen Commentatoren der kritischen Philosophie ganz unverworren gelassen, und daß der Verfasser fast keinen davon gelesen.”</hi> So fern er unter Commentatoren jene nachsprechenden Buchstaͤbler versteht, welche den Geist der kritischen Philosophie, durch ein gedankenloses Memoriren der Categorientafel gefaßt zu haben glauben: so hat er daran unstreitig wohlgethan; wenn er aber hier diejenigen, welche seit Erscheinung der Kritik die Sache weiter gebracht haben, wenn er Fichte und Schelling ignorirt: so ist es eine ungemeine Eitelkeit zu glauben, daß nicht nur die eigenen Kraͤfte hinreichen, ein so tiefsinniges Meisterstuͤck als die Kritik ist, zu fassen, sondern noch darneben, daß die erworbene Ansicht nun auch so unverbesserlich und durchaus vollkommen sei, daß kein anderer Geist sie abaͤndern und modificiren kann. Haͤtte er sich nicht zu viel zugetraut, so wuͤrde er manche Einwuͤrfe nicht gemacht, andere zuruͤckgenommen haben; er wuͤrde nicht die Schmach erleben muͤssen, sein Kind vor </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [269/0281]
durch einige Einzelnheiten zu charakterisiren, welche Cardinal-Jrrthuͤmer und Misverstaͤndnisse enthalten.
Bei dem ersten fluͤchtigen Anblick, giebt die Anfuͤhrung der Stellen aus Kant, und mit dessen eigenen Worten, dem Buche das Ansehen der Unpartheylichkeit; allein bei Erwaͤgung des erbitterten Tons, der aufgestellten Ansicht, der gezogenen Resultate bemerkt man, daß diese Citationen nur Putz und Schmuck, keinesweges aber Ernst sind. Sehr naiv ist das Bekenntniß in der Vorrede: “daß die Metakritik, sich mit den bisherigen Commentatoren der kritischen Philosophie ganz unverworren gelassen, und daß der Verfasser fast keinen davon gelesen.” So fern er unter Commentatoren jene nachsprechenden Buchstaͤbler versteht, welche den Geist der kritischen Philosophie, durch ein gedankenloses Memoriren der Categorientafel gefaßt zu haben glauben: so hat er daran unstreitig wohlgethan; wenn er aber hier diejenigen, welche seit Erscheinung der Kritik die Sache weiter gebracht haben, wenn er Fichte und Schelling ignorirt: so ist es eine ungemeine Eitelkeit zu glauben, daß nicht nur die eigenen Kraͤfte hinreichen, ein so tiefsinniges Meisterstuͤck als die Kritik ist, zu fassen, sondern noch darneben, daß die erworbene Ansicht nun auch so unverbesserlich und durchaus vollkommen sei, daß kein anderer Geist sie abaͤndern und modificiren kann. Haͤtte er sich nicht zu viel zugetraut, so wuͤrde er manche Einwuͤrfe nicht gemacht, andere zuruͤckgenommen haben; er wuͤrde nicht die Schmach erleben muͤssen, sein Kind vor
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |