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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

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Nur um eine liebende Frau her kann sich eine Familie bilden.



Die Poesie der Dichter bedürfen die Frauen weniger, weil ihr eigenstes Wesen Poesie ist.



Mysterien sind weiblich; sie verhüllen sich gern, aber sie wollen doch gesehen und errathen seyn.



Jn der Religion ist immer Morgen und Licht der Morgenröthe.



Nur wer einig ist mit der Welt kann einig seyn mit sich selbst.



Der geheime Sinn des Opfers ist die Vernichtung des Endlichen, weil es endlich ist. Um zu zeigen daß es nur darum geschieht muß das Edelste und Schönste gewählt werden; vor allen der Mensch, die Blüthe der Erde. Menschenopfer sind die natürlichsten Opfer. Aber der Mensch ist mehr als die Blüthe der Erde; er ist vernünftig, und die Vernunft ist frey und selbst nichts anders als ein ewiges Selbstbestimmen ins Unendliche. Also kann der Mensch nur sich selbst opfern, und so thut er auch in dem allgegenwärtigen Heiligthum von dem der Pöbel nichts sieht. Alle Künstler sind Decier, und ein Künstler werden heißt nichts anders als sich den unterirdischen Gottheiten weihen. Jn der Begeisterung des Vernichtens offenbart sich zuerst der Sinn göttlicher Schöpfung.

Nur um eine liebende Frau her kann sich eine Familie bilden.



Die Poesie der Dichter beduͤrfen die Frauen weniger, weil ihr eigenstes Wesen Poesie ist.



Mysterien sind weiblich; sie verhuͤllen sich gern, aber sie wollen doch gesehen und errathen seyn.



Jn der Religion ist immer Morgen und Licht der Morgenroͤthe.



Nur wer einig ist mit der Welt kann einig seyn mit sich selbst.



Der geheime Sinn des Opfers ist die Vernichtung des Endlichen, weil es endlich ist. Um zu zeigen daß es nur darum geschieht muß das Edelste und Schoͤnste gewaͤhlt werden; vor allen der Mensch, die Bluͤthe der Erde. Menschenopfer sind die natuͤrlichsten Opfer. Aber der Mensch ist mehr als die Bluͤthe der Erde; er ist vernuͤnftig, und die Vernunft ist frey und selbst nichts anders als ein ewiges Selbstbestimmen ins Unendliche. Also kann der Mensch nur sich selbst opfern, und so thut er auch in dem allgegenwaͤrtigen Heiligthum von dem der Poͤbel nichts sieht. Alle Kuͤnstler sind Decier, und ein Kuͤnstler werden heißt nichts anders als sich den unterirdischen Gottheiten weihen. Jn der Begeisterung des Vernichtens offenbart sich zuerst der Sinn goͤttlicher Schoͤpfung.

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[27/0035] Nur um eine liebende Frau her kann sich eine Familie bilden. Die Poesie der Dichter beduͤrfen die Frauen weniger, weil ihr eigenstes Wesen Poesie ist. Mysterien sind weiblich; sie verhuͤllen sich gern, aber sie wollen doch gesehen und errathen seyn. Jn der Religion ist immer Morgen und Licht der Morgenroͤthe. Nur wer einig ist mit der Welt kann einig seyn mit sich selbst. Der geheime Sinn des Opfers ist die Vernichtung des Endlichen, weil es endlich ist. Um zu zeigen daß es nur darum geschieht muß das Edelste und Schoͤnste gewaͤhlt werden; vor allen der Mensch, die Bluͤthe der Erde. Menschenopfer sind die natuͤrlichsten Opfer. Aber der Mensch ist mehr als die Bluͤthe der Erde; er ist vernuͤnftig, und die Vernunft ist frey und selbst nichts anders als ein ewiges Selbstbestimmen ins Unendliche. Also kann der Mensch nur sich selbst opfern, und so thut er auch in dem allgegenwaͤrtigen Heiligthum von dem der Poͤbel nichts sieht. Alle Kuͤnstler sind Decier, und ein Kuͤnstler werden heißt nichts anders als sich den unterirdischen Gottheiten weihen. Jn der Begeisterung des Vernichtens offenbart sich zuerst der Sinn goͤttlicher Schoͤpfung.

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/35>, abgerufen am 29.04.2024.