Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

freundlich dem Auge als im Lichte der Gewässer und in der leicht dahin schwebenden melodischen Welle. Du schaust mit dem einen und gleichen Blicke die Blumen des Ufers und den ewigen Himmel im Strome. Deute die Wahrheit, und freue dich der hohen Weisheit des Schönen, die im Strome dir lächelt. Ein Augenblick nur verbindet die ewigen Räume, und er ist ewig mit ihnen. Dein ist der Blick, und dein die ewige Verknüpfung. Darum schmücke dich mit den Blumen in der Berührung der Himmel, und fühle in deinem Busen den ewigen Moment. Des Stromes herrlicher Wandel winkt seine Bedeutung. Er ist Bild deines Lebens, Bild deiner selbst, wie du dir ewig und bleibend in stiller Anschauung erscheinest, und dann wieder dahinströmest im schönen Wandel deiner Gefühle.

Aber Bild des Menschen in seiner jugendlichen Kraft und seiner ungeschminkten Wahrheit ist dieser Strom. Man siehet ihn und liebet ihn. Bleibe ihm gleich, du froher kühner Jüngling, und trink aus des Stromes spielender Woge den leichten Muth und den reinen hellen Sinn, der zum Manne von Kraft und Thaten dich bildet. Nimmer kehret der Strom zu dem Tropfen zurück, der er sich loswand vom Eise und zitternd herabglitt von der Felsenwand. Jm Drucke der Felsen übt er seine Kräfte, und vereinigt sie zum Strome, und wird die Hindernisse bekämpfen, die seiner Bestimmung entgegen sind. Wie des Stromes Gewalt seine eigne Quelle ist, die er in sich fortführt über Felsen und durch Klüfte: so auch ist im Menschen

freundlich dem Auge als im Lichte der Gewaͤsser und in der leicht dahin schwebenden melodischen Welle. Du schaust mit dem einen und gleichen Blicke die Blumen des Ufers und den ewigen Himmel im Strome. Deute die Wahrheit, und freue dich der hohen Weisheit des Schoͤnen, die im Strome dir laͤchelt. Ein Augenblick nur verbindet die ewigen Raͤume, und er ist ewig mit ihnen. Dein ist der Blick, und dein die ewige Verknuͤpfung. Darum schmuͤcke dich mit den Blumen in der Beruͤhrung der Himmel, und fuͤhle in deinem Busen den ewigen Moment. Des Stromes herrlicher Wandel winkt seine Bedeutung. Er ist Bild deines Lebens, Bild deiner selbst, wie du dir ewig und bleibend in stiller Anschauung erscheinest, und dann wieder dahinstroͤmest im schoͤnen Wandel deiner Gefuͤhle.

Aber Bild des Menschen in seiner jugendlichen Kraft und seiner ungeschminkten Wahrheit ist dieser Strom. Man siehet ihn und liebet ihn. Bleibe ihm gleich, du froher kuͤhner Juͤngling, und trink aus des Stromes spielender Woge den leichten Muth und den reinen hellen Sinn, der zum Manne von Kraft und Thaten dich bildet. Nimmer kehret der Strom zu dem Tropfen zuruͤck, der er sich loswand vom Eise und zitternd herabglitt von der Felsenwand. Jm Drucke der Felsen uͤbt er seine Kraͤfte, und vereinigt sie zum Strome, und wird die Hindernisse bekaͤmpfen, die seiner Bestimmung entgegen sind. Wie des Stromes Gewalt seine eigne Quelle ist, die er in sich fortfuͤhrt uͤber Felsen und durch Kluͤfte: so auch ist im Menschen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0049" n="41"/>
freundlich dem Auge als im Lichte der Gewa&#x0364;sser und in der leicht dahin schwebenden melodischen Welle. Du schaust mit dem einen und gleichen Blicke die Blumen des Ufers und den ewigen Himmel im Strome. Deute die Wahrheit, und freue dich der hohen Weisheit des Scho&#x0364;nen, die im Strome dir la&#x0364;chelt. Ein Augenblick nur verbindet die ewigen Ra&#x0364;ume, und er ist ewig mit ihnen. <hi rendition="#g">Dein</hi> ist der Blick, und <hi rendition="#g">dein</hi> die ewige Verknu&#x0364;pfung. Darum schmu&#x0364;cke dich mit den Blumen in der Beru&#x0364;hrung der Himmel, und fu&#x0364;hle in deinem Busen den ewigen Moment. Des Stromes herrlicher Wandel winkt seine Bedeutung. Er ist Bild deines Lebens, Bild deiner selbst, wie du dir ewig und bleibend in stiller Anschauung erscheinest, und dann wieder dahinstro&#x0364;mest im scho&#x0364;nen Wandel deiner Gefu&#x0364;hle.</p><lb/>
            <p>Aber Bild des Menschen in seiner jugendlichen Kraft und seiner ungeschminkten Wahrheit ist dieser Strom. Man siehet ihn und liebet ihn. Bleibe ihm gleich, du froher ku&#x0364;hner Ju&#x0364;ngling, und trink aus des Stromes spielender Woge den leichten Muth und den reinen hellen Sinn, der zum Manne von Kraft und Thaten dich bildet. Nimmer kehret der Strom zu dem Tropfen zuru&#x0364;ck, der er sich loswand vom Eise und zitternd herabglitt von der Felsenwand. Jm Drucke der Felsen u&#x0364;bt er seine Kra&#x0364;fte, und vereinigt sie zum Strome, und wird die Hindernisse beka&#x0364;mpfen, die seiner Bestimmung entgegen sind. Wie des Stromes Gewalt seine eigne Quelle ist, die er in sich fortfu&#x0364;hrt u&#x0364;ber Felsen und durch Klu&#x0364;fte: so auch ist im Menschen
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0049] freundlich dem Auge als im Lichte der Gewaͤsser und in der leicht dahin schwebenden melodischen Welle. Du schaust mit dem einen und gleichen Blicke die Blumen des Ufers und den ewigen Himmel im Strome. Deute die Wahrheit, und freue dich der hohen Weisheit des Schoͤnen, die im Strome dir laͤchelt. Ein Augenblick nur verbindet die ewigen Raͤume, und er ist ewig mit ihnen. Dein ist der Blick, und dein die ewige Verknuͤpfung. Darum schmuͤcke dich mit den Blumen in der Beruͤhrung der Himmel, und fuͤhle in deinem Busen den ewigen Moment. Des Stromes herrlicher Wandel winkt seine Bedeutung. Er ist Bild deines Lebens, Bild deiner selbst, wie du dir ewig und bleibend in stiller Anschauung erscheinest, und dann wieder dahinstroͤmest im schoͤnen Wandel deiner Gefuͤhle. Aber Bild des Menschen in seiner jugendlichen Kraft und seiner ungeschminkten Wahrheit ist dieser Strom. Man siehet ihn und liebet ihn. Bleibe ihm gleich, du froher kuͤhner Juͤngling, und trink aus des Stromes spielender Woge den leichten Muth und den reinen hellen Sinn, der zum Manne von Kraft und Thaten dich bildet. Nimmer kehret der Strom zu dem Tropfen zuruͤck, der er sich loswand vom Eise und zitternd herabglitt von der Felsenwand. Jm Drucke der Felsen uͤbt er seine Kraͤfte, und vereinigt sie zum Strome, und wird die Hindernisse bekaͤmpfen, die seiner Bestimmung entgegen sind. Wie des Stromes Gewalt seine eigne Quelle ist, die er in sich fortfuͤhrt uͤber Felsen und durch Kluͤfte: so auch ist im Menschen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/49
Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/49>, abgerufen am 29.04.2024.