Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.er auch dem Sonett neue Kraft und neuen Reiz gab. Die Kunstgeschichte der Spanier, die mit der Poesie der Jtaliäner aufs innigste vertraut waren, und die der Engländer, deren Sinn damals für das Romantische, was etwa durch die dritte vierte Hand zu ihnen gelangte, sehr empfänglich war, drängt sich zusammen in die von der Kunst zweyer Männer, des Cervantes und Shakspeare, die so groß waren, daß alles übrige gegen sie nur vorbereitende, erklärende, ergänzende Umgebung scheint. Die Fülle ihrer Werke und der Stufengang ihres unermeßlichen Geistes wäre allein Stoff für eine eigne Geschichte. Wir wollen nur den Faden derselben andeuten, in welche bestimmte Massen das Ganze zerfällt, oder wo man wenigstens einige feste Punkte und die Richtung sieht. Da Cervantes zuerst die Feder statt des Degens ergriff, den er nicht mehr führen konnte, dichtete er die Galatea, eine wunderbar große Composition von ewiger Musik der Fantasie und der Liebe, den zartesten und lieblichsten aller Romane; außerdem viele Werke, so die Bühne beherrschten, und wie die göttliche Numancia des alten Kothurns würdig waren. Dieses war die erste große Zeit seiner Poesie; ihr Charakter war hohe Schönheit, ernst aber lieblich. Das Hauptwerk seiner zweyten Manier ist der erste Theil des Don Quixote, in welchem der fantastische Witz und eine verschwenderische Fülle kühner Erfindung herrschen. Jm gleichen Geist und wahrscheinlich auch um dieselbe Zeit dichtete er auch viele er auch dem Sonett neue Kraft und neuen Reiz gab. Die Kunstgeschichte der Spanier, die mit der Poesie der Jtaliaͤner aufs innigste vertraut waren, und die der Englaͤnder, deren Sinn damals fuͤr das Romantische, was etwa durch die dritte vierte Hand zu ihnen gelangte, sehr empfaͤnglich war, draͤngt sich zusammen in die von der Kunst zweyer Maͤnner, des Cervantes und Shakspeare, die so groß waren, daß alles uͤbrige gegen sie nur vorbereitende, erklaͤrende, ergaͤnzende Umgebung scheint. Die Fuͤlle ihrer Werke und der Stufengang ihres unermeßlichen Geistes waͤre allein Stoff fuͤr eine eigne Geschichte. Wir wollen nur den Faden derselben andeuten, in welche bestimmte Massen das Ganze zerfaͤllt, oder wo man wenigstens einige feste Punkte und die Richtung sieht. Da Cervantes zuerst die Feder statt des Degens ergriff, den er nicht mehr fuͤhren konnte, dichtete er die Galatea, eine wunderbar große Composition von ewiger Musik der Fantasie und der Liebe, den zartesten und lieblichsten aller Romane; außerdem viele Werke, so die Buͤhne beherrschten, und wie die goͤttliche Numancia des alten Kothurns wuͤrdig waren. Dieses war die erste große Zeit seiner Poesie; ihr Charakter war hohe Schoͤnheit, ernst aber lieblich. Das Hauptwerk seiner zweyten Manier ist der erste Theil des Don Quixote, in welchem der fantastische Witz und eine verschwenderische Fuͤlle kuͤhner Erfindung herrschen. Jm gleichen Geist und wahrscheinlich auch um dieselbe Zeit dichtete er auch viele <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0088" n="80"/> er auch dem Sonett neue Kraft und neuen Reiz gab.</p><lb/> <p>Die Kunstgeschichte der Spanier, die mit der Poesie der Jtaliaͤner aufs innigste vertraut waren, und die der Englaͤnder, deren Sinn damals fuͤr das Romantische, was etwa durch die dritte vierte Hand zu ihnen gelangte, sehr empfaͤnglich war, draͤngt sich zusammen in die von der Kunst zweyer Maͤnner, des Cervantes und Shakspeare, die so groß waren, daß alles uͤbrige gegen sie nur vorbereitende, erklaͤrende, ergaͤnzende Umgebung scheint. Die Fuͤlle ihrer Werke und der Stufengang ihres unermeßlichen Geistes waͤre allein Stoff fuͤr eine eigne Geschichte. Wir wollen nur den Faden derselben andeuten, in welche bestimmte Massen das Ganze zerfaͤllt, oder wo man wenigstens einige feste Punkte und die Richtung sieht.</p><lb/> <p>Da Cervantes zuerst die Feder statt des Degens ergriff, den er nicht mehr fuͤhren konnte, dichtete er die Galatea, eine wunderbar große Composition von ewiger Musik der Fantasie und der Liebe, den zartesten und lieblichsten aller Romane; außerdem viele Werke, so die Buͤhne beherrschten, und wie die goͤttliche Numancia des alten Kothurns wuͤrdig waren. Dieses war die erste große Zeit seiner Poesie; ihr Charakter war hohe Schoͤnheit, ernst aber lieblich.</p><lb/> <p>Das Hauptwerk seiner zweyten Manier ist der erste Theil des Don Quixote, in welchem der fantastische Witz und eine verschwenderische Fuͤlle kuͤhner Erfindung herrschen. Jm gleichen Geist und wahrscheinlich auch um dieselbe Zeit dichtete er auch viele </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [80/0088]
er auch dem Sonett neue Kraft und neuen Reiz gab.
Die Kunstgeschichte der Spanier, die mit der Poesie der Jtaliaͤner aufs innigste vertraut waren, und die der Englaͤnder, deren Sinn damals fuͤr das Romantische, was etwa durch die dritte vierte Hand zu ihnen gelangte, sehr empfaͤnglich war, draͤngt sich zusammen in die von der Kunst zweyer Maͤnner, des Cervantes und Shakspeare, die so groß waren, daß alles uͤbrige gegen sie nur vorbereitende, erklaͤrende, ergaͤnzende Umgebung scheint. Die Fuͤlle ihrer Werke und der Stufengang ihres unermeßlichen Geistes waͤre allein Stoff fuͤr eine eigne Geschichte. Wir wollen nur den Faden derselben andeuten, in welche bestimmte Massen das Ganze zerfaͤllt, oder wo man wenigstens einige feste Punkte und die Richtung sieht.
Da Cervantes zuerst die Feder statt des Degens ergriff, den er nicht mehr fuͤhren konnte, dichtete er die Galatea, eine wunderbar große Composition von ewiger Musik der Fantasie und der Liebe, den zartesten und lieblichsten aller Romane; außerdem viele Werke, so die Buͤhne beherrschten, und wie die goͤttliche Numancia des alten Kothurns wuͤrdig waren. Dieses war die erste große Zeit seiner Poesie; ihr Charakter war hohe Schoͤnheit, ernst aber lieblich.
Das Hauptwerk seiner zweyten Manier ist der erste Theil des Don Quixote, in welchem der fantastische Witz und eine verschwenderische Fuͤlle kuͤhner Erfindung herrschen. Jm gleichen Geist und wahrscheinlich auch um dieselbe Zeit dichtete er auch viele
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