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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

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Werk ist der Gipfel seiner Kraft. Jm Macbeth und Lear sehn wir die Gränzzeichen der männlichen Reife und der Hamlet schwebt unauflöslich im Uebergang von der Novelle zu dem was diese Tragödien sind. Für die letzte Epoche erwähnen wir den Sturm, Othello und die römischen Stücke; es ist unermeßlich viel Verstand darin, aber schon etwas von der Kälte des Alters.

Nach dem Tode dieser Großen erlosch die schöne Fantasie in ihren Ländern. Merkwürdig genug bildete sich nun sogleich die bis dahin roh gebliebene Philosophie zur Kunst, erregte den Enthusiasmus herrlicher Männer und zog ihn wieder ganz an sich. Jn der Poesie dagegen gab es zwar vom Lope de Vega bis zum Gozzi manche schätzbare Virtuosen, aber doch keine Poeten, und auch jene nur für die Bühne. Uebrigens wuchs die Fülle der falschen Tendenzen in allen gelehrten und populären Gattungen und Formen immer mehr. Aus oberflächlichen Abstractionen und Räsonnements, aus dem misverstandenen Alterthum und dem mittelmäßigen Talent entstand in Frankreich ein umfassendes und zusammenhängendes System von falscher Poesie, welches auf einer gleich falschen Theorie der Dichtkunst ruhete; und von hier aus verbreitete sich diese schwächliche Geisteskrankheit des sogenannten guten Geschmackes fast über alle Länder Europa's. Die Franzosen und die Engländer constituirten sich nun ihre verschiedenen goldenen Zeitalter, und wählten sorgfältig als würdige Repräsentanten der Nation im Pantheon des Ruhms ihre Zahl von Classikern aus

Werk ist der Gipfel seiner Kraft. Jm Macbeth und Lear sehn wir die Graͤnzzeichen der maͤnnlichen Reife und der Hamlet schwebt unaufloͤslich im Uebergang von der Novelle zu dem was diese Tragoͤdien sind. Fuͤr die letzte Epoche erwaͤhnen wir den Sturm, Othello und die roͤmischen Stuͤcke; es ist unermeßlich viel Verstand darin, aber schon etwas von der Kaͤlte des Alters.

Nach dem Tode dieser Großen erlosch die schoͤne Fantasie in ihren Laͤndern. Merkwuͤrdig genug bildete sich nun sogleich die bis dahin roh gebliebene Philosophie zur Kunst, erregte den Enthusiasmus herrlicher Maͤnner und zog ihn wieder ganz an sich. Jn der Poesie dagegen gab es zwar vom Lope de Vega bis zum Gozzi manche schaͤtzbare Virtuosen, aber doch keine Poeten, und auch jene nur fuͤr die Buͤhne. Uebrigens wuchs die Fuͤlle der falschen Tendenzen in allen gelehrten und populaͤren Gattungen und Formen immer mehr. Aus oberflaͤchlichen Abstractionen und Raͤsonnements, aus dem misverstandenen Alterthum und dem mittelmaͤßigen Talent entstand in Frankreich ein umfassendes und zusammenhaͤngendes System von falscher Poesie, welches auf einer gleich falschen Theorie der Dichtkunst ruhete; und von hier aus verbreitete sich diese schwaͤchliche Geisteskrankheit des sogenannten guten Geschmackes fast uͤber alle Laͤnder Europa's. Die Franzosen und die Englaͤnder constituirten sich nun ihre verschiedenen goldenen Zeitalter, und waͤhlten sorgfaͤltig als wuͤrdige Repraͤsentanten der Nation im Pantheon des Ruhms ihre Zahl von Classikern aus

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[84/0092] Werk ist der Gipfel seiner Kraft. Jm Macbeth und Lear sehn wir die Graͤnzzeichen der maͤnnlichen Reife und der Hamlet schwebt unaufloͤslich im Uebergang von der Novelle zu dem was diese Tragoͤdien sind. Fuͤr die letzte Epoche erwaͤhnen wir den Sturm, Othello und die roͤmischen Stuͤcke; es ist unermeßlich viel Verstand darin, aber schon etwas von der Kaͤlte des Alters. Nach dem Tode dieser Großen erlosch die schoͤne Fantasie in ihren Laͤndern. Merkwuͤrdig genug bildete sich nun sogleich die bis dahin roh gebliebene Philosophie zur Kunst, erregte den Enthusiasmus herrlicher Maͤnner und zog ihn wieder ganz an sich. Jn der Poesie dagegen gab es zwar vom Lope de Vega bis zum Gozzi manche schaͤtzbare Virtuosen, aber doch keine Poeten, und auch jene nur fuͤr die Buͤhne. Uebrigens wuchs die Fuͤlle der falschen Tendenzen in allen gelehrten und populaͤren Gattungen und Formen immer mehr. Aus oberflaͤchlichen Abstractionen und Raͤsonnements, aus dem misverstandenen Alterthum und dem mittelmaͤßigen Talent entstand in Frankreich ein umfassendes und zusammenhaͤngendes System von falscher Poesie, welches auf einer gleich falschen Theorie der Dichtkunst ruhete; und von hier aus verbreitete sich diese schwaͤchliche Geisteskrankheit des sogenannten guten Geschmackes fast uͤber alle Laͤnder Europa's. Die Franzosen und die Englaͤnder constituirten sich nun ihre verschiedenen goldenen Zeitalter, und waͤhlten sorgfaͤltig als wuͤrdige Repraͤsentanten der Nation im Pantheon des Ruhms ihre Zahl von Classikern aus

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/92>, abgerufen am 24.11.2024.