Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.in deren Hintergrunde sich eine vollendete Geschichte der Poesie zeigt. Es fehlt nichts, als daß die Deutschen diese Mittel ferner brauchen, daß sie dem Vorbilde folgen, was Goethe aufgestellt hat, die Formen der Kunst überall bis auf den Ursprung erforschen, um sie neu beleben oder verbinden zu können, und daß sie auf die Quellen ihrer eignen Sprache und Dichtung zurückgehn, und die alte Kraft, den hohen Geist wieder frey machen, der noch in den Urkunden der vaterländischen Vorzeit vom Liede der Nibelungen bis zum Flamming und Weckherlin bis jetzt verkannt schlummert: so wird die Poesie, die bey keiner modernen Nation so ursprünglich ausgearbeitet und vortrefflich erst eine Sage der Helden, dann ein Spiel der Ritter, und endlich ein Handwerk der Bürger war, nun auch bey eben derselben eine gründliche Wissenschaft wahrer Gelehrten und eine tüchtige Kunst erfindsamer Dichter seyn und bleiben. Camilla. Sie haben die Franzosen ja fast gar nicht erwähnt. Andrea. Es ist ohne besondre Absicht geschehn; ich fand eben keine Veranlassung. Antonio. Er hätte an dem Beyspiel der großen Nation wenigstens zeigen können, wie man eine seyn kann, ohne alle Poesie. Camilla. Und darstellen wie man ohne Poesie lebt. in deren Hintergrunde sich eine vollendete Geschichte der Poesie zeigt. Es fehlt nichts, als daß die Deutschen diese Mittel ferner brauchen, daß sie dem Vorbilde folgen, was Goethe aufgestellt hat, die Formen der Kunst uͤberall bis auf den Ursprung erforschen, um sie neu beleben oder verbinden zu koͤnnen, und daß sie auf die Quellen ihrer eignen Sprache und Dichtung zuruͤckgehn, und die alte Kraft, den hohen Geist wieder frey machen, der noch in den Urkunden der vaterlaͤndischen Vorzeit vom Liede der Nibelungen bis zum Flamming und Weckherlin bis jetzt verkannt schlummert: so wird die Poesie, die bey keiner modernen Nation so urspruͤnglich ausgearbeitet und vortrefflich erst eine Sage der Helden, dann ein Spiel der Ritter, und endlich ein Handwerk der Buͤrger war, nun auch bey eben derselben eine gruͤndliche Wissenschaft wahrer Gelehrten und eine tuͤchtige Kunst erfindsamer Dichter seyn und bleiben. Camilla. Sie haben die Franzosen ja fast gar nicht erwaͤhnt. Andrea. Es ist ohne besondre Absicht geschehn; ich fand eben keine Veranlassung. Antonio. Er haͤtte an dem Beyspiel der großen Nation wenigstens zeigen koͤnnen, wie man eine seyn kann, ohne alle Poesie. Camilla. Und darstellen wie man ohne Poesie lebt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0094" n="86"/> in deren Hintergrunde sich eine vollendete Geschichte der Poesie zeigt.</p><lb/> <p>Es fehlt nichts, als daß die Deutschen diese Mittel ferner brauchen, daß sie dem Vorbilde folgen, was Goethe aufgestellt hat, die Formen der Kunst uͤberall bis auf den Ursprung erforschen, um sie neu beleben oder verbinden zu koͤnnen, und daß sie auf die Quellen ihrer eignen Sprache und Dichtung zuruͤckgehn, und die alte Kraft, den hohen Geist wieder frey machen, der noch in den Urkunden der vaterlaͤndischen Vorzeit vom Liede der Nibelungen bis zum Flamming und Weckherlin bis jetzt verkannt schlummert: so wird die Poesie, die bey keiner modernen Nation so urspruͤnglich ausgearbeitet und vortrefflich erst eine Sage der Helden, dann ein Spiel der Ritter, und endlich ein Handwerk der Buͤrger war, nun auch bey eben derselben eine gruͤndliche Wissenschaft wahrer Gelehrten und eine tuͤchtige Kunst erfindsamer Dichter seyn und bleiben.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p><hi rendition="#g">Camilla</hi>. Sie haben die Franzosen ja fast gar nicht erwaͤhnt.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Andrea</hi>. Es ist ohne besondre Absicht geschehn; ich fand eben keine Veranlassung.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Antonio</hi>. Er haͤtte an dem Beyspiel der großen Nation wenigstens zeigen koͤnnen, wie man eine seyn kann, ohne alle Poesie.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Camilla</hi>. Und darstellen wie man ohne Poesie lebt.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [86/0094]
in deren Hintergrunde sich eine vollendete Geschichte der Poesie zeigt.
Es fehlt nichts, als daß die Deutschen diese Mittel ferner brauchen, daß sie dem Vorbilde folgen, was Goethe aufgestellt hat, die Formen der Kunst uͤberall bis auf den Ursprung erforschen, um sie neu beleben oder verbinden zu koͤnnen, und daß sie auf die Quellen ihrer eignen Sprache und Dichtung zuruͤckgehn, und die alte Kraft, den hohen Geist wieder frey machen, der noch in den Urkunden der vaterlaͤndischen Vorzeit vom Liede der Nibelungen bis zum Flamming und Weckherlin bis jetzt verkannt schlummert: so wird die Poesie, die bey keiner modernen Nation so urspruͤnglich ausgearbeitet und vortrefflich erst eine Sage der Helden, dann ein Spiel der Ritter, und endlich ein Handwerk der Buͤrger war, nun auch bey eben derselben eine gruͤndliche Wissenschaft wahrer Gelehrten und eine tuͤchtige Kunst erfindsamer Dichter seyn und bleiben.
Camilla. Sie haben die Franzosen ja fast gar nicht erwaͤhnt.
Andrea. Es ist ohne besondre Absicht geschehn; ich fand eben keine Veranlassung.
Antonio. Er haͤtte an dem Beyspiel der großen Nation wenigstens zeigen koͤnnen, wie man eine seyn kann, ohne alle Poesie.
Camilla. Und darstellen wie man ohne Poesie lebt.
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