Die alten Sprachen, deren Stammbaum wir von der Wurzel bis zu den Hauptästen im ersten Buche zu verfolgen suchten, sind eine Urkunde der Menschengeschichte, lehrreicher und zuverlässiger, als alle Denkmale in Stein, deren halbverfallne Riesengröße die späte Nachwelt, zu Persepolis, Illoure, oder an dem aegyptischen Thebä mit Erstaunen betrachtet. Die Geschichte der Reli- gion aber, der herrschenden Ideen, darf in der ältesten Zeit eben so wenig und noch weniger als in der neuen, von der Geschichte der Bege- benheiten der Völker getrennt werden. Darum haben wir eine Darstellung der successiven Ent- wicklung des orientalischen Geistes nach den vier merkwürdigsten Systemen, oder vielmehr nach
Erſtes Kapitel. Vom Urſprunge der Poeſie.
Die alten Sprachen, deren Stammbaum wir von der Wurzel bis zu den Hauptaͤſten im erſten Buche zu verfolgen ſuchten, ſind eine Urkunde der Menſchengeſchichte, lehrreicher und zuverlaͤſſiger, als alle Denkmale in Stein, deren halbverfallne Rieſengroͤße die ſpaͤte Nachwelt, zu Perſepolis, Illoure, oder an dem aegyptiſchen Thebaͤ mit Erſtaunen betrachtet. Die Geſchichte der Reli- gion aber, der herrſchenden Ideen, darf in der aͤlteſten Zeit eben ſo wenig und noch weniger als in der neuen, von der Geſchichte der Bege- benheiten der Voͤlker getrennt werden. Darum haben wir eine Darſtellung der ſucceſſiven Ent- wicklung des orientaliſchen Geiſtes nach den vier merkwuͤrdigſten Syſtemen, oder vielmehr nach
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0176"n="157"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head><hirendition="#g">Erſtes Kapitel.<lb/>
Vom Urſprunge der Poeſie</hi>.</head><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>ie alten Sprachen, deren Stammbaum wir<lb/>
von der Wurzel bis zu den Hauptaͤſten im erſten<lb/>
Buche zu verfolgen ſuchten, ſind eine Urkunde der<lb/>
Menſchengeſchichte, lehrreicher und zuverlaͤſſiger,<lb/>
als alle Denkmale in Stein, deren halbverfallne<lb/>
Rieſengroͤße die ſpaͤte Nachwelt, zu Perſepolis,<lb/>
Illoure, oder an dem aegyptiſchen Thebaͤ mit<lb/>
Erſtaunen betrachtet. Die Geſchichte der Reli-<lb/>
gion aber, der herrſchenden Ideen, darf in der<lb/>
aͤlteſten Zeit eben ſo wenig und noch weniger<lb/>
als in der neuen, von der Geſchichte der Bege-<lb/>
benheiten der Voͤlker getrennt werden. Darum<lb/>
haben wir eine Darſtellung der ſucceſſiven Ent-<lb/>
wicklung des orientaliſchen Geiſtes nach den vier<lb/>
merkwuͤrdigſten Syſtemen, oder vielmehr nach<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[157/0176]
Erſtes Kapitel.
Vom Urſprunge der Poeſie.
Die alten Sprachen, deren Stammbaum wir
von der Wurzel bis zu den Hauptaͤſten im erſten
Buche zu verfolgen ſuchten, ſind eine Urkunde der
Menſchengeſchichte, lehrreicher und zuverlaͤſſiger,
als alle Denkmale in Stein, deren halbverfallne
Rieſengroͤße die ſpaͤte Nachwelt, zu Perſepolis,
Illoure, oder an dem aegyptiſchen Thebaͤ mit
Erſtaunen betrachtet. Die Geſchichte der Reli-
gion aber, der herrſchenden Ideen, darf in der
aͤlteſten Zeit eben ſo wenig und noch weniger
als in der neuen, von der Geſchichte der Bege-
benheiten der Voͤlker getrennt werden. Darum
haben wir eine Darſtellung der ſucceſſiven Ent-
wicklung des orientaliſchen Geiſtes nach den vier
merkwuͤrdigſten Syſtemen, oder vielmehr nach
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/176>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.