sprache des Morgenlandes, wie das Portugiesische der afrikanischen und aller indischen Küsten; das Spanische ist die Sprache des größten Theils der neuen Welt geworden; des gesellschaftlichen Ein- flusses der französischen Sprache, des Gebrauchs der ausgestorbenen lateinischen zur Gelehrsamkeit und in mehren Ländern noch jetzt zur Unterre- dung und zur Religion, (wie das Samskrit, oder wenigstens einzelne Formeln desselben in Siam und Thibet liturgisch gebraucht werden), der be- trächtlichen römischen Einmischungen endlich in der englischen, deutschen und wallachischen Sprache gar nicht zu erwähnen. So weit hat ein anfangs wenig zahlreiches Volk noch nach zwei Jahrtausenden seinen Einfluß und seine Sprache verbreitet, dessen eigentliche Herrschaft doch, da sie am stärksten war, wohl nur selten die Bevöl- kerung des ganzen Indiens überstiegen hat. Denn das darf nicht übersehen werden, daß Indien eins der volkreichsten Länder immer gewesen und auch noch gegenwärtig nach so vielen zerstörenden Re- volutionen der lezten Jahrhunderte, bei allgemei- nem Verfall und hartem Druck es geblieben ist. Wie leicht mochte also in den Zeiten des alten
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ſprache des Morgenlandes, wie das Portugieſiſche der afrikaniſchen und aller indiſchen Kuͤſten; das Spaniſche iſt die Sprache des groͤßten Theils der neuen Welt geworden; des geſellſchaftlichen Ein- fluſſes der franzoͤſiſchen Sprache, des Gebrauchs der ausgeſtorbenen lateiniſchen zur Gelehrſamkeit und in mehren Laͤndern noch jetzt zur Unterre- dung und zur Religion, (wie das Samſkrit, oder wenigſtens einzelne Formeln deſſelben in Siam und Thibet liturgiſch gebraucht werden), der be- traͤchtlichen roͤmiſchen Einmiſchungen endlich in der engliſchen, deutſchen und wallachiſchen Sprache gar nicht zu erwaͤhnen. So weit hat ein anfangs wenig zahlreiches Volk noch nach zwei Jahrtauſenden ſeinen Einfluß und ſeine Sprache verbreitet, deſſen eigentliche Herrſchaft doch, da ſie am ſtaͤrkſten war, wohl nur ſelten die Bevoͤl- kerung des ganzen Indiens uͤberſtiegen hat. Denn das darf nicht uͤberſehen werden, daß Indien eins der volkreichſten Laͤnder immer geweſen und auch noch gegenwaͤrtig nach ſo vielen zerſtoͤrenden Re- volutionen der lezten Jahrhunderte, bei allgemei- nem Verfall und hartem Druck es geblieben iſt. Wie leicht mochte alſo in den Zeiten des alten
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ſprache des Morgenlandes, wie das Portugieſiſche
der afrikaniſchen und aller indiſchen Kuͤſten; das
Spaniſche iſt die Sprache des groͤßten Theils der
neuen Welt geworden; des geſellſchaftlichen Ein-
fluſſes der franzoͤſiſchen Sprache, des Gebrauchs
der ausgeſtorbenen lateiniſchen zur Gelehrſamkeit
und in mehren Laͤndern noch jetzt zur Unterre-
dung und zur Religion, (wie das Samſkrit, oder
wenigſtens einzelne Formeln deſſelben in Siam
und Thibet liturgiſch gebraucht werden), der be-
traͤchtlichen roͤmiſchen Einmiſchungen endlich in
der engliſchen, deutſchen und wallachiſchen
Sprache gar nicht zu erwaͤhnen. So weit hat
ein anfangs wenig zahlreiches Volk noch nach zwei
Jahrtauſenden ſeinen Einfluß und ſeine Sprache
verbreitet, deſſen eigentliche Herrſchaft doch, da
ſie am ſtaͤrkſten war, wohl nur ſelten die Bevoͤl-
kerung des ganzen Indiens uͤberſtiegen hat. Denn
das darf nicht uͤberſehen werden, daß Indien eins
der volkreichſten Laͤnder immer geweſen und auch
noch gegenwaͤrtig nach ſo vielen zerſtoͤrenden Re-
volutionen der lezten Jahrhunderte, bei allgemei-
nem Verfall und hartem Druck es geblieben iſt.
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Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/196>, abgerufen am 24.11.2024.
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