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Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808.

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trojanischen Kriege einen historischen Sinn, wie
ihr altes Gepräge vermuthen läßt, so sind wir
berechtigt, sie aus der hellenischen Beschränktheit
heraus zu rücken, und an die größere asiatische
Ueberlieferung anzuknüpfen. Daß Namen von
Orten, Bergen oder Städten, die in der Sage
eine große Stelle einnehmen, im Verlauf der
Zeiten mit dem Fortrücken der Sage und des
Volkes selbst, oft noch weiter, immer näher und
mehr westlich gerückt worden sein, ist zu bekannt
als daß es der Beispiele bedürfte.

Es darf wohl kaum erinnert werden, daß
alle diese Bemerkungen nichts weiter sollen, als
nur ungefähr die Aussicht eröffnen, wie frucht-
bar das indische Studium auch an historischen
Folgerungen sein dürfte. Manches Einzelne in
der ältesten Völkergeschichte Asiens wird sich
erst ganz fest entscheiden, ein vollständiges Bild
des Ganzen erst dann entwerfen lassen, wenn
noch mehre Hülfsmittel gegeben sind; besonders
eine kritische Bearbeitung der eigenthümlichen
indischen Erdkunde aus den Quellen, die vielleicht
auch noch in anderer Rücksicht sehr lehrreich sein
würde, und eine vollständige Uebersetzung des

trojaniſchen Kriege einen hiſtoriſchen Sinn, wie
ihr altes Gepraͤge vermuthen laͤßt, ſo ſind wir
berechtigt, ſie aus der helleniſchen Beſchraͤnktheit
heraus zu ruͤcken, und an die groͤßere aſiatiſche
Ueberlieferung anzuknuͤpfen. Daß Namen von
Orten, Bergen oder Staͤdten, die in der Sage
eine große Stelle einnehmen, im Verlauf der
Zeiten mit dem Fortruͤcken der Sage und des
Volkes ſelbſt, oft noch weiter, immer naͤher und
mehr weſtlich geruͤckt worden ſein, iſt zu bekannt
als daß es der Beiſpiele beduͤrfte.

Es darf wohl kaum erinnert werden, daß
alle dieſe Bemerkungen nichts weiter ſollen, als
nur ungefaͤhr die Ausſicht eroͤffnen, wie frucht-
bar das indiſche Studium auch an hiſtoriſchen
Folgerungen ſein duͤrfte. Manches Einzelne in
der aͤlteſten Voͤlkergeſchichte Aſiens wird ſich
erſt ganz feſt entſcheiden, ein vollſtaͤndiges Bild
des Ganzen erſt dann entwerfen laſſen, wenn
noch mehre Huͤlfsmittel gegeben ſind; beſonders
eine kritiſche Bearbeitung der eigenthuͤmlichen
indiſchen Erdkunde aus den Quellen, die vielleicht
auch noch in anderer Ruͤckſicht ſehr lehrreich ſein
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[192/0211] trojaniſchen Kriege einen hiſtoriſchen Sinn, wie ihr altes Gepraͤge vermuthen laͤßt, ſo ſind wir berechtigt, ſie aus der helleniſchen Beſchraͤnktheit heraus zu ruͤcken, und an die groͤßere aſiatiſche Ueberlieferung anzuknuͤpfen. Daß Namen von Orten, Bergen oder Staͤdten, die in der Sage eine große Stelle einnehmen, im Verlauf der Zeiten mit dem Fortruͤcken der Sage und des Volkes ſelbſt, oft noch weiter, immer naͤher und mehr weſtlich geruͤckt worden ſein, iſt zu bekannt als daß es der Beiſpiele beduͤrfte. Es darf wohl kaum erinnert werden, daß alle dieſe Bemerkungen nichts weiter ſollen, als nur ungefaͤhr die Ausſicht eroͤffnen, wie frucht- bar das indiſche Studium auch an hiſtoriſchen Folgerungen ſein duͤrfte. Manches Einzelne in der aͤlteſten Voͤlkergeſchichte Aſiens wird ſich erſt ganz feſt entſcheiden, ein vollſtaͤndiges Bild des Ganzen erſt dann entwerfen laſſen, wenn noch mehre Huͤlfsmittel gegeben ſind; beſonders eine kritiſche Bearbeitung der eigenthuͤmlichen indiſchen Erdkunde aus den Quellen, die vielleicht auch noch in anderer Ruͤckſicht ſehr lehrreich ſein wuͤrde, und eine vollſtaͤndige Ueberſetzung des

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Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/211>, abgerufen am 27.11.2024.