gar unächte Aehnlichkeit für völlige Gleichheit nahm, ist oftmals Ursache abweichender Irrthü- mer, wie beim Manes und andern, geworden. Von dem, was bei den Persern jener Lehre irriges beigemischt war, findet sich in den heiligen Schrif- ten nichts; was sie lehren, ist nicht System, son- dern aus göttlicher Offenbarung, die durch innere Erleuchtung ergriffen und verstanden wird, leiten sie die Erkenntniß des Wahren her.
Es könnte aber doch die Vergleichung mit der theils wirklich, theils scheinbar so verwandten Denkart dazu dienen, es sogar historisch und ganz äusserlich zu zeigen, daß nur eine und dieselbe Ansicht, im alten Testamente wie im neuen, durch das Ganze hingehe und herrsche; nur das was dort blos angedeutet und vorgebildet wird, hier in vollem Glanze erscheint. Es dürfte daher die alte christliche Erklärungsart des alten Testaments die einzige richtige sein, und als solche durch eine vollständige Kenntniß der Geschichte des orientali- schen Geistes auch von aussen bestätigt werden. Es ist dieß sogar blos aus dem Gesichtspunkte der Kritik angesehen, ganz deutlich; es würde selbst dann gelten, wenn man die Lehre der Schrift
gar unaͤchte Aehnlichkeit fuͤr voͤllige Gleichheit nahm, iſt oftmals Urſache abweichender Irrthuͤ- mer, wie beim Manes und andern, geworden. Von dem, was bei den Perſern jener Lehre irriges beigemiſcht war, findet ſich in den heiligen Schrif- ten nichts; was ſie lehren, iſt nicht Syſtem, ſon- dern aus goͤttlicher Offenbarung, die durch innere Erleuchtung ergriffen und verſtanden wird, leiten ſie die Erkenntniß des Wahren her.
Es koͤnnte aber doch die Vergleichung mit der theils wirklich, theils ſcheinbar ſo verwandten Denkart dazu dienen, es ſogar hiſtoriſch und ganz aͤuſſerlich zu zeigen, daß nur eine und dieſelbe Anſicht, im alten Teſtamente wie im neuen, durch das Ganze hingehe und herrſche; nur das was dort blos angedeutet und vorgebildet wird, hier in vollem Glanze erſcheint. Es duͤrfte daher die alte chriſtliche Erklaͤrungsart des alten Teſtaments die einzige richtige ſein, und als ſolche durch eine vollſtaͤndige Kenntniß der Geſchichte des orientali- ſchen Geiſtes auch von auſſen beſtaͤtigt werden. Es iſt dieß ſogar blos aus dem Geſichtspunkte der Kritik angeſehen, ganz deutlich; es wuͤrde ſelbſt dann gelten, wenn man die Lehre der Schrift
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[202/0221]
gar unaͤchte Aehnlichkeit fuͤr voͤllige Gleichheit
nahm, iſt oftmals Urſache abweichender Irrthuͤ-
mer, wie beim Manes und andern, geworden.
Von dem, was bei den Perſern jener Lehre irriges
beigemiſcht war, findet ſich in den heiligen Schrif-
ten nichts; was ſie lehren, iſt nicht Syſtem, ſon-
dern aus goͤttlicher Offenbarung, die durch innere
Erleuchtung ergriffen und verſtanden wird, leiten
ſie die Erkenntniß des Wahren her.
Es koͤnnte aber doch die Vergleichung mit
der theils wirklich, theils ſcheinbar ſo verwandten
Denkart dazu dienen, es ſogar hiſtoriſch und ganz
aͤuſſerlich zu zeigen, daß nur eine und dieſelbe
Anſicht, im alten Teſtamente wie im neuen, durch
das Ganze hingehe und herrſche; nur das was
dort blos angedeutet und vorgebildet wird, hier
in vollem Glanze erſcheint. Es duͤrfte daher die
alte chriſtliche Erklaͤrungsart des alten Teſtaments
die einzige richtige ſein, und als ſolche durch eine
vollſtaͤndige Kenntniß der Geſchichte des orientali-
ſchen Geiſtes auch von auſſen beſtaͤtigt werden.
Es iſt dieß ſogar blos aus dem Geſichtspunkte der
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Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/221>, abgerufen am 28.11.2024.
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