hohlung der Handlung zu bezeichnen, dürfte es eher bestätigen als widerlegen; wie manche Son- derbarkeit der Grammatik, die mehren in den Wurzeln ganz verschiednen amerikanischen Spra- chen gemein ist. So giebt es in sehr vielen kein Genus, keinen Casus und Pluralis, auch keinen Infinitiv, dessen Stelle im Mexikanischen und Peruanischen das Futurum mit dem Zeitwort ich will vertritt, oder das Zeitwort esse fehlt, oder das Adjectiv ist wie in der Qquichuasprache mit dem Genitiv des Substantivs eins, so daß Runap, von Runa der Mensch, zugleich des Menschen und Menschlich bedeutet.
Aber manche dieser Sprachen sind demunge- achtet gewiß nicht nur sehr kraft- und ausdrucks- voll, sondern auch verhältnißmäßig gebildet und kunstreich. Dieß mag besonders mit der Qquichua oder peruanischen Sprache der Fall sein. Viel- leicht wurden die Yncas eben durch ihre Vorzüg- lichkeit und schon größere Allgemeinheit bewogen, sie mit Gewalt zur ganz allgemeinen zu machen, wie sie es nach der alten Ueberlieferung gethan haben sollen. Im peruanischen Wörterbuche habe ich auch, wie wohl sparsam, doch einige indische
hohlung der Handlung zu bezeichnen, duͤrfte es eher beſtaͤtigen als widerlegen; wie manche Son- derbarkeit der Grammatik, die mehren in den Wurzeln ganz verſchiednen amerikaniſchen Spra- chen gemein iſt. So giebt es in ſehr vielen kein Genus, keinen Caſus und Pluralis, auch keinen Infinitiv, deſſen Stelle im Mexikaniſchen und Peruaniſchen das Futurum mit dem Zeitwort ich will vertritt, oder das Zeitwort esse fehlt, oder das Adjectiv iſt wie in der Qquichuaſprache mit dem Genitiv des Subſtantivs eins, ſo daß Runap, von Runa der Menſch, zugleich des Menſchen und Menſchlich bedeutet.
Aber manche dieſer Sprachen ſind demunge- achtet gewiß nicht nur ſehr kraft- und ausdrucks- voll, ſondern auch verhaͤltnißmaͤßig gebildet und kunſtreich. Dieß mag beſonders mit der Qquichua oder peruaniſchen Sprache der Fall ſein. Viel- leicht wurden die Yncas eben durch ihre Vorzuͤg- lichkeit und ſchon groͤßere Allgemeinheit bewogen, ſie mit Gewalt zur ganz allgemeinen zu machen, wie ſie es nach der alten Ueberlieferung gethan haben ſollen. Im peruaniſchen Woͤrterbuche habe ich auch, wie wohl ſparſam, doch einige indiſche
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hohlung der Handlung zu bezeichnen, duͤrfte es
eher beſtaͤtigen als widerlegen; wie manche Son-
derbarkeit der Grammatik, die mehren in den
Wurzeln ganz verſchiednen amerikaniſchen Spra-
chen gemein iſt. So giebt es in ſehr vielen kein
Genus, keinen Caſus und Pluralis, auch keinen
Infinitiv, deſſen Stelle im Mexikaniſchen und
Peruaniſchen das Futurum mit dem Zeitwort
ich will vertritt, oder das Zeitwort esse fehlt,
oder das Adjectiv iſt wie in der Qquichuaſprache
mit dem Genitiv des Subſtantivs eins, ſo daß
Runap, von Runa der Menſch, zugleich des
Menſchen und Menſchlich bedeutet.
Aber manche dieſer Sprachen ſind demunge-
achtet gewiß nicht nur ſehr kraft- und ausdrucks-
voll, ſondern auch verhaͤltnißmaͤßig gebildet und
kunſtreich. Dieß mag beſonders mit der Qquichua
oder peruaniſchen Sprache der Fall ſein. Viel-
leicht wurden die Yncas eben durch ihre Vorzuͤg-
lichkeit und ſchon groͤßere Allgemeinheit bewogen,
ſie mit Gewalt zur ganz allgemeinen zu machen,
wie ſie es nach der alten Ueberlieferung gethan
haben ſollen. Im peruaniſchen Woͤrterbuche habe
ich auch, wie wohl ſparſam, doch einige indiſche
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Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/77>, abgerufen am 23.11.2024.
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