Sechstes Kapitel. Von der Verschiedenheit der verwand- ten und von einigen merkwürdigen Mittelsprachen.
Es führt uns diese Betrachtung über die Ein- mischung und Veränderung, welche auch die in- dische, ungleich mehr noch aber die aus ihr abge- leiteten Sprachen erlitten haben, auf die Frage zurück, welche sich sogleich dem Geiste aufdrin- gen muß, sobald man eingesehen hat, daß die Verwandtschaft dieser Sprachen zu groß sei, um für zufällig gehalten werden zu können, und ei- nen gemeinschaftlichen Ursprung beweise. Woher, wird man fragen, kömmt denn die große Ver- schiedenheit dieser Sprachen, wenn sie ursprüng- lich eins waren? Allerdings darf man diese Ver- schiedenheit nicht nach dem ersten äussern Ein- druck beurtheilen, sondern nach derjenigen Aehn-
Sechstes Kapitel. Von der Verſchiedenheit der verwand- ten und von einigen merkwuͤrdigen Mittelſprachen.
Es fuͤhrt uns dieſe Betrachtung uͤber die Ein- miſchung und Veraͤnderung, welche auch die in- diſche, ungleich mehr noch aber die aus ihr abge- leiteten Sprachen erlitten haben, auf die Frage zuruͤck, welche ſich ſogleich dem Geiſte aufdrin- gen muß, ſobald man eingeſehen hat, daß die Verwandtſchaft dieſer Sprachen zu groß ſei, um fuͤr zufaͤllig gehalten werden zu koͤnnen, und ei- nen gemeinſchaftlichen Urſprung beweiſe. Woher, wird man fragen, koͤmmt denn die große Ver- ſchiedenheit dieſer Sprachen, wenn ſie urſpruͤng- lich eins waren? Allerdings darf man dieſe Ver- ſchiedenheit nicht nach dem erſten aͤuſſern Ein- druck beurtheilen, ſondern nach derjenigen Aehn-
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Sechstes Kapitel.
Von der Verſchiedenheit der verwand-
ten und von einigen merkwuͤrdigen
Mittelſprachen.
Es fuͤhrt uns dieſe Betrachtung uͤber die Ein-
miſchung und Veraͤnderung, welche auch die in-
diſche, ungleich mehr noch aber die aus ihr abge-
leiteten Sprachen erlitten haben, auf die Frage
zuruͤck, welche ſich ſogleich dem Geiſte aufdrin-
gen muß, ſobald man eingeſehen hat, daß die
Verwandtſchaft dieſer Sprachen zu groß ſei, um
fuͤr zufaͤllig gehalten werden zu koͤnnen, und ei-
nen gemeinſchaftlichen Urſprung beweiſe. Woher,
wird man fragen, koͤmmt denn die große Ver-
ſchiedenheit dieſer Sprachen, wenn ſie urſpruͤng-
lich eins waren? Allerdings darf man dieſe Ver-
ſchiedenheit nicht nach dem erſten aͤuſſern Ein-
druck beurtheilen, ſondern nach derjenigen Aehn-
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Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/90>, abgerufen am 27.11.2024.
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