Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848.Formationen oder überhaupt in der Physiognomie der Landschaft So erhalten wir statt der etwa 300 Familien, welche die Meist grau und dürr, schorfig flach oder stachlich, wie riesige *) Die prachtvollste von allen, die Victoria regia mit Blättern, die 15 Fuß,
weiß und rosenrothen Blüthen, die 4 Fuß im Umfange haben, bildet den Mittelgrund des Titels. Formationen oder überhaupt in der Phyſiognomie der Landſchaft So erhalten wir ſtatt der etwa 300 Familien, welche die Meiſt grau und dürr, ſchorfig flach oder ſtachlich, wie rieſige *) Die prachtvollſte von allen, die Victoria regia mit Blättern, die 15 Fuß,
weiß und roſenrothen Blüthen, die 4 Fuß im Umfange haben, bildet den Mittelgrund des Titels. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0317" n="301"/> Formationen oder überhaupt in der Phyſiognomie der Landſchaft<lb/> hervortreten.</p><lb/> <p>So erhalten wir ſtatt der etwa 300 Familien, welche die<lb/> Botaniker bis jetzt aufgeſtellt und durch feinere, ſorgfältig erforſchte<lb/> Merkmale von einander unterſchieden haben, nur eine verhältniß-<lb/> mäßig geringe Anzahl von <hi rendition="#g">Pflanzenformen</hi>.</p><lb/> <p>Meiſt grau und dürr, ſchorfig flach oder ſtachlich, wie rieſige<lb/> Schneekryſtalle in einander gewirrt, fröſtelnde Schauer hervorrufend,<lb/> überzieht die <hi rendition="#g">Flechtenform</hi> die öden Grenzflächen der Vegetation<lb/> gegen die unorganiſche Natur und zu dieſer gleichſam den Uebergang<lb/> bildend, während in der <hi rendition="#g">Form der Mooſe</hi> dicht gedrängte, zarte<lb/> gelblichgrüne Blättchen meiſt mit Seidenglanz einen polſterartigen<lb/> Sammetüberzug über Boden und Geſtein bilden. — Aehnlich den beiden<lb/> Genannten, ſich nicht zu freien Geſtalten aufrichtend, ſondern faſt<lb/> nur die nackte Fläche, nicht der Erde aber des Waſſers, kleidend ent-<lb/> wickelt ſich bedeutungsvoll für die Schönheit aller waſſerreichen Land-<lb/> ſchaften die <hi rendition="#g">Form der Seeroſen</hi> <note place="foot" n="*)">Die prachtvollſte von allen, die <hi rendition="#aq">Victoria regia</hi> mit Blättern, die 15 Fuß,<lb/> weiß und roſenrothen Blüthen, die 4 Fuß im Umfange haben, bildet den Mittelgrund<lb/> des Titels.</note>. Große breite Blätter, mit<lb/> abgerundeten Umriſſen, flach auf dem Waſſer ſchwimmend oder<lb/> etwas ſchüſſelförmig vertieft ſich wenig über daſſelbe erhebend, pracht-<lb/> voll gefärbte Blumen von ſchönem Bau und großem Umfange, auch<lb/> kaum aus dem naſſen Elemente auftauchend, ſind die bezeichnendſten<lb/> Züge in der Phyſiognomie dieſer Gewächſe. — Die <hi rendition="#g">Form der Grä-<lb/> ſer</hi> zeichnet ſich vor Allen beſonders aus durch ihre Geſelligkeit; die<lb/> nicht hohen Stengel tragen flache, ſchmale, biegſame, lebhaft und<lb/> wohlthuend grüne Blätter, und auf dünnen Stielchen wiegen ſich<lb/> im leiſeſten Hauche die feinen Blüthenriſpen; noch iſt in ihnen die<lb/> Pflanzenwelt an den Boden gebannt, über welchen ſie ſich wenig<lb/> erheben und den ſie als weicher, wolliger Teppich bedecken. — Ihnen,<lb/> die den Eindruck heiterer Behaglichkeit hervorrufen, des Hirten<lb/> Freude, der Heerden üppiger Nahrung zur Seite ſteht die düſtere<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [301/0317]
Formationen oder überhaupt in der Phyſiognomie der Landſchaft
hervortreten.
So erhalten wir ſtatt der etwa 300 Familien, welche die
Botaniker bis jetzt aufgeſtellt und durch feinere, ſorgfältig erforſchte
Merkmale von einander unterſchieden haben, nur eine verhältniß-
mäßig geringe Anzahl von Pflanzenformen.
Meiſt grau und dürr, ſchorfig flach oder ſtachlich, wie rieſige
Schneekryſtalle in einander gewirrt, fröſtelnde Schauer hervorrufend,
überzieht die Flechtenform die öden Grenzflächen der Vegetation
gegen die unorganiſche Natur und zu dieſer gleichſam den Uebergang
bildend, während in der Form der Mooſe dicht gedrängte, zarte
gelblichgrüne Blättchen meiſt mit Seidenglanz einen polſterartigen
Sammetüberzug über Boden und Geſtein bilden. — Aehnlich den beiden
Genannten, ſich nicht zu freien Geſtalten aufrichtend, ſondern faſt
nur die nackte Fläche, nicht der Erde aber des Waſſers, kleidend ent-
wickelt ſich bedeutungsvoll für die Schönheit aller waſſerreichen Land-
ſchaften die Form der Seeroſen *). Große breite Blätter, mit
abgerundeten Umriſſen, flach auf dem Waſſer ſchwimmend oder
etwas ſchüſſelförmig vertieft ſich wenig über daſſelbe erhebend, pracht-
voll gefärbte Blumen von ſchönem Bau und großem Umfange, auch
kaum aus dem naſſen Elemente auftauchend, ſind die bezeichnendſten
Züge in der Phyſiognomie dieſer Gewächſe. — Die Form der Grä-
ſer zeichnet ſich vor Allen beſonders aus durch ihre Geſelligkeit; die
nicht hohen Stengel tragen flache, ſchmale, biegſame, lebhaft und
wohlthuend grüne Blätter, und auf dünnen Stielchen wiegen ſich
im leiſeſten Hauche die feinen Blüthenriſpen; noch iſt in ihnen die
Pflanzenwelt an den Boden gebannt, über welchen ſie ſich wenig
erheben und den ſie als weicher, wolliger Teppich bedecken. — Ihnen,
die den Eindruck heiterer Behaglichkeit hervorrufen, des Hirten
Freude, der Heerden üppiger Nahrung zur Seite ſteht die düſtere
*) Die prachtvollſte von allen, die Victoria regia mit Blättern, die 15 Fuß,
weiß und roſenrothen Blüthen, die 4 Fuß im Umfange haben, bildet den Mittelgrund
des Titels.
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