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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848.

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Form der Binsen; aus versumpfter schwarzer Erde ragen in
schmutzigem Graugrün die steifen, struppigen, rundlichen Stengel
und Blätter, hin und wieder Knäulchen brauner oder schwarzer
trockener Blüthchen tragend oder weiße wollige Flocken, das Greisen-
haar der Früchtchen, in den herbstlichen Sturmwind streuend; saure
Gräser nennt sie seufzend der Landwirth und das Vieh verschmäht sie. --
Am Rande frischer Gewässer dagegen und zumal unter dem befruch-
tenden Einflusse feuchtwarmen Tropenklimas erhebt sich das Gras zur
edleren hohen und breitblättrigen Schilfform *), in Hindostan selbst
Bäume überragend **) und eine Wiese über dem Walde bildend. --
Hier im Reiche der Gewürzlilien schwillt der Stengel von Saft, breitet
sich das Blatt in Länge und Breite, aber zur Seite der Mittelrippe
so dünn, daß es leicht vom Winde zerspalten wird; die Pflanze
färbt sich mit dunklem, sammetschillerndem Grün oder dem wärmsten
Gelbgrün, und in reinen intensiven Farben strahlen die großen Blüthen-
büschel; so entsteht die Pisang-Form ***), eine der characteristisch-
sten für die Ueppigkeit der Tropenvegetation. -- Durch die Pracht der
Blüthen den Pisang- oder Bananenpflanzen, durch die Tracht der
Blätter fast dem Schilfe ähnelnd, steht zwischen beiden gleichsam
mitten inne die Form der Liliengewächse, die einzige, welche
gerade in dem hier genommenen Umfange einen künstlerischen Dar-
steller an dem französischen Blumenmaler Redoute gefunden hat. --
Endlich stellt sich noch eine dritte Form der Aroiden +) daneben.
Dreieckige oder pfeilförmige saftig grüne Blätter auf langen Stielen
und wunderliche oft schön gefärbte Tuten, welche kolbenförmige
Blüthenstände umhüllen, bilden die Pflanzen, die auf den mächti-

*) Auf dem Titelblatte links ein Bambusgebüsch stellt diese Form am schön-
sten dar.
**) Panicum arborescens.
***) Rechts auf dem Titel die freudiggrünen Blätter der Banane.
+) Der Titel zeigt rechts in der Mitte eine blaugrüne Blättergruppe dieser
Pflanzen.

Form der Binſen; aus verſumpfter ſchwarzer Erde ragen in
ſchmutzigem Graugrün die ſteifen, ſtruppigen, rundlichen Stengel
und Blätter, hin und wieder Knäulchen brauner oder ſchwarzer
trockener Blüthchen tragend oder weiße wollige Flocken, das Greiſen-
haar der Früchtchen, in den herbſtlichen Sturmwind ſtreuend; ſaure
Gräſer nennt ſie ſeufzend der Landwirth und das Vieh verſchmäht ſie. —
Am Rande friſcher Gewäſſer dagegen und zumal unter dem befruch-
tenden Einfluſſe feuchtwarmen Tropenklimas erhebt ſich das Gras zur
edleren hohen und breitblättrigen Schilfform *), in Hindoſtan ſelbſt
Bäume überragend **) und eine Wieſe über dem Walde bildend. —
Hier im Reiche der Gewürzlilien ſchwillt der Stengel von Saft, breitet
ſich das Blatt in Länge und Breite, aber zur Seite der Mittelrippe
ſo dünn, daß es leicht vom Winde zerſpalten wird; die Pflanze
färbt ſich mit dunklem, ſammetſchillerndem Grün oder dem wärmſten
Gelbgrün, und in reinen intenſiven Farben ſtrahlen die großen Blüthen-
büſchel; ſo entſteht die Piſang-Form ***), eine der characteriſtiſch-
ſten für die Ueppigkeit der Tropenvegetation. — Durch die Pracht der
Blüthen den Piſang- oder Bananenpflanzen, durch die Tracht der
Blätter faſt dem Schilfe ähnelnd, ſteht zwiſchen beiden gleichſam
mitten inne die Form der Liliengewächſe, die einzige, welche
gerade in dem hier genommenen Umfange einen künſtleriſchen Dar-
ſteller an dem franzöſiſchen Blumenmaler Redouté gefunden hat. —
Endlich ſtellt ſich noch eine dritte Form der Aroiden †) daneben.
Dreieckige oder pfeilförmige ſaftig grüne Blätter auf langen Stielen
und wunderliche oft ſchön gefärbte Tuten, welche kolbenförmige
Blüthenſtände umhüllen, bilden die Pflanzen, die auf den mächti-

*) Auf dem Titelblatte links ein Bambusgebüſch ſtellt dieſe Form am ſchön-
ſten dar.
**) Panicum arborescens.
***) Rechts auf dem Titel die freudiggrünen Blätter der Banane.
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[302/0318] Form der Binſen; aus verſumpfter ſchwarzer Erde ragen in ſchmutzigem Graugrün die ſteifen, ſtruppigen, rundlichen Stengel und Blätter, hin und wieder Knäulchen brauner oder ſchwarzer trockener Blüthchen tragend oder weiße wollige Flocken, das Greiſen- haar der Früchtchen, in den herbſtlichen Sturmwind ſtreuend; ſaure Gräſer nennt ſie ſeufzend der Landwirth und das Vieh verſchmäht ſie. — Am Rande friſcher Gewäſſer dagegen und zumal unter dem befruch- tenden Einfluſſe feuchtwarmen Tropenklimas erhebt ſich das Gras zur edleren hohen und breitblättrigen Schilfform *), in Hindoſtan ſelbſt Bäume überragend **) und eine Wieſe über dem Walde bildend. — Hier im Reiche der Gewürzlilien ſchwillt der Stengel von Saft, breitet ſich das Blatt in Länge und Breite, aber zur Seite der Mittelrippe ſo dünn, daß es leicht vom Winde zerſpalten wird; die Pflanze färbt ſich mit dunklem, ſammetſchillerndem Grün oder dem wärmſten Gelbgrün, und in reinen intenſiven Farben ſtrahlen die großen Blüthen- büſchel; ſo entſteht die Piſang-Form ***), eine der characteriſtiſch- ſten für die Ueppigkeit der Tropenvegetation. — Durch die Pracht der Blüthen den Piſang- oder Bananenpflanzen, durch die Tracht der Blätter faſt dem Schilfe ähnelnd, ſteht zwiſchen beiden gleichſam mitten inne die Form der Liliengewächſe, die einzige, welche gerade in dem hier genommenen Umfange einen künſtleriſchen Dar- ſteller an dem franzöſiſchen Blumenmaler Redouté gefunden hat. — Endlich ſtellt ſich noch eine dritte Form der Aroiden †) daneben. Dreieckige oder pfeilförmige ſaftig grüne Blätter auf langen Stielen und wunderliche oft ſchön gefärbte Tuten, welche kolbenförmige Blüthenſtände umhüllen, bilden die Pflanzen, die auf den mächti- *) Auf dem Titelblatte links ein Bambusgebüſch ſtellt dieſe Form am ſchön- ſten dar. **) Panicum arborescens. ***) Rechts auf dem Titel die freudiggrünen Blätter der Banane. †) Der Titel zeigt rechts in der Mitte eine blaugrüne Blättergruppe dieſer Pflanzen.

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Zitationshilfe: Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/318>, abgerufen am 21.11.2024.