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Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Sie ging in die anstoßende Kammer, und Franzel streckte Hanney einen einfachen silbernen Ring entgegen. Nimm, sagte sie, das ist mein Andenken; es ist der Ring, den dein Vater selig getragen hat . . .

Der Ring meines Vaters? rief Hanney überrascht. Wie kommst du dazu?

Das will ich dir sagen. Ich bin dabei gewesen, wie dein Vater . . . zu Grund gegangen ist -- da hab' ich den Ring zu mir genommen, und meine Schuld ist's nicht, daß ich ihn dir nicht früher habe geben können . . .

Du bist dabei gewesen . . .? sagte Hanney schmerzlich, indem er den einfachen Silberreif anstarrte. Wie war denn das möglich?

Ich bin damals noch ein kleines Mädel gewesen und hab' unten an der Salzach mit den andern Kindern gespielt, wie die Plätten, auf der dein Vater war, angekommen und auf die Brücke zugeschwommen ist. Sie müssen etwas versehen haben auf dem Schiff, denn man sah's von Weitem, daß sie die rechte Richtung nicht hatten, und Alles lief ans Gestad und schrie ihnen zu. Es war aber zu spät -- eh' man Amen sagen konnte, war die Plätten schon an der Brücke und stieß an das mittlere Joch, daß sie kerzengerade daran empor stieg und mit Allem, was darauf war, überschlug in das wilde, brausende Wasser... Ich höre das Geschrei noch und das entsetzliche Krachen ... im nächsten Augenblick trieb und schwamm Alles durcheinander . . .

Sie ging in die anstoßende Kammer, und Franzel streckte Hanney einen einfachen silbernen Ring entgegen. Nimm, sagte sie, das ist mein Andenken; es ist der Ring, den dein Vater selig getragen hat . . .

Der Ring meines Vaters? rief Hanney überrascht. Wie kommst du dazu?

Das will ich dir sagen. Ich bin dabei gewesen, wie dein Vater . . . zu Grund gegangen ist — da hab' ich den Ring zu mir genommen, und meine Schuld ist's nicht, daß ich ihn dir nicht früher habe geben können . . .

Du bist dabei gewesen . . .? sagte Hanney schmerzlich, indem er den einfachen Silberreif anstarrte. Wie war denn das möglich?

Ich bin damals noch ein kleines Mädel gewesen und hab' unten an der Salzach mit den andern Kindern gespielt, wie die Plätten, auf der dein Vater war, angekommen und auf die Brücke zugeschwommen ist. Sie müssen etwas versehen haben auf dem Schiff, denn man sah's von Weitem, daß sie die rechte Richtung nicht hatten, und Alles lief ans Gestad und schrie ihnen zu. Es war aber zu spät — eh' man Amen sagen konnte, war die Plätten schon an der Brücke und stieß an das mittlere Joch, daß sie kerzengerade daran empor stieg und mit Allem, was darauf war, überschlug in das wilde, brausende Wasser... Ich höre das Geschrei noch und das entsetzliche Krachen ... im nächsten Augenblick trieb und schwamm Alles durcheinander . . .

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[0045] Sie ging in die anstoßende Kammer, und Franzel streckte Hanney einen einfachen silbernen Ring entgegen. Nimm, sagte sie, das ist mein Andenken; es ist der Ring, den dein Vater selig getragen hat . . . Der Ring meines Vaters? rief Hanney überrascht. Wie kommst du dazu? Das will ich dir sagen. Ich bin dabei gewesen, wie dein Vater . . . zu Grund gegangen ist — da hab' ich den Ring zu mir genommen, und meine Schuld ist's nicht, daß ich ihn dir nicht früher habe geben können . . . Du bist dabei gewesen . . .? sagte Hanney schmerzlich, indem er den einfachen Silberreif anstarrte. Wie war denn das möglich? Ich bin damals noch ein kleines Mädel gewesen und hab' unten an der Salzach mit den andern Kindern gespielt, wie die Plätten, auf der dein Vater war, angekommen und auf die Brücke zugeschwommen ist. Sie müssen etwas versehen haben auf dem Schiff, denn man sah's von Weitem, daß sie die rechte Richtung nicht hatten, und Alles lief ans Gestad und schrie ihnen zu. Es war aber zu spät — eh' man Amen sagen konnte, war die Plätten schon an der Brücke und stieß an das mittlere Joch, daß sie kerzengerade daran empor stieg und mit Allem, was darauf war, überschlug in das wilde, brausende Wasser... Ich höre das Geschrei noch und das entsetzliche Krachen ... im nächsten Augenblick trieb und schwamm Alles durcheinander . . .

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:20:55Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_mohrenfranzl_1910/45>, abgerufen am 21.11.2024.