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Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821.

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chen gute Früchte. Die Sittenbildung hat bey den
Zöglingen im Ganzen unleugbar zugenommen; um vie-
les mehr und allgemeiner, als anfangs, haben sie Ge-
setz und Ordnung achten, und das Ansehen der Lehrer
und Vorsteher ehren gelernt; das freundliche und zu-
trauliche Wesen, womit die Letzteren von den bey wei-
tem meisten Zöglingen bey Besuchen, die sie in der
Anstalt machen, empfangen, bey dem Begegnen auf
der Straße begrüßt werden, darf unstreitig in sittlicher
Hinsicht als ein gutes Zeichen betrachtet werden. Die
besseren Zöglinge, besonders unter den Knaben, schlie-
ßen sich allmählich näher an einander, und es bildet
sich unter ihnen immer mehr ein Geist der Rechtlich-
keit, der Ehrliebe, und des anständigen Benehmens
aus, der nicht verfehlen kann, auch auf die übrigen
heilsam einzuwirken. Besonders aber weilt mit hoher
Rührung unser Blick auf Mehreren, von denen mit
Ausdrücken der Schrift sich sagen läßt: "sie waren ehe-
mals gleich verlorenen Schafen, aber nunmehr sind
sie wieder gefunden; mit hoher Rührung blicken wir
auf Mehrere hin, die von den Wegen des Lasters und
des Verbrechens zurückgekehrt sind, die sich aus den
Umtrieben eines wüsten und zügelloßen Lebens haben
retten lassen, und deren fortgesetztes Wohlverhalten die
Zuversicht uns einflößt, daß das Gute nun für immer
den Sieg bey ihnen davon getragen habe."

§. 31.

So bedeutend indessen diese Resultate in
Vergleichung mit den Hindernissen, welche besiegt wer-
den mußten, allerdings erscheinen, so unbefriedi-
gend
sind sie, wenn man sie mit der ganzen Zahl der
einer solchen Fürsorge bedürftigen Kinder vergleicht. --

chen gute Fruͤchte. Die Sittenbildung hat bey den
Zoͤglingen im Ganzen unleugbar zugenommen; um vie-
les mehr und allgemeiner, als anfangs, haben ſie Ge-
ſetz und Ordnung achten, und das Anſehen der Lehrer
und Vorſteher ehren gelernt; das freundliche und zu-
trauliche Weſen, womit die Letzteren von den bey wei-
tem meiſten Zoͤglingen bey Beſuchen, die ſie in der
Anſtalt machen, empfangen, bey dem Begegnen auf
der Straße begruͤßt werden, darf unſtreitig in ſittlicher
Hinſicht als ein gutes Zeichen betrachtet werden. Die
beſſeren Zoͤglinge, beſonders unter den Knaben, ſchlie-
ßen ſich allmaͤhlich naͤher an einander, und es bildet
ſich unter ihnen immer mehr ein Geiſt der Rechtlich-
keit, der Ehrliebe, und des anſtaͤndigen Benehmens
aus, der nicht verfehlen kann, auch auf die uͤbrigen
heilſam einzuwirken. Beſonders aber weilt mit hoher
Ruͤhrung unſer Blick auf Mehreren, von denen mit
Ausdruͤcken der Schrift ſich ſagen laͤßt: „ſie waren ehe-
mals gleich verlorenen Schafen, aber nunmehr ſind
ſie wieder gefunden; mit hoher Ruͤhrung blicken wir
auf Mehrere hin, die von den Wegen des Laſters und
des Verbrechens zuruͤckgekehrt ſind, die ſich aus den
Umtrieben eines wuͤſten und zuͤgelloßen Lebens haben
retten laſſen, und deren fortgeſetztes Wohlverhalten die
Zuverſicht uns einfloͤßt, daß das Gute nun fuͤr immer
den Sieg bey ihnen davon getragen habe.“

§. 31.

So bedeutend indeſſen dieſe Reſultate in
Vergleichung mit den Hinderniſſen, welche beſiegt wer-
den mußten, allerdings erſcheinen, ſo unbefriedi-
gend
ſind ſie, wenn man ſie mit der ganzen Zahl der
einer ſolchen Fuͤrſorge beduͤrftigen Kinder vergleicht. —

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[34/0044] chen gute Fruͤchte. Die Sittenbildung hat bey den Zoͤglingen im Ganzen unleugbar zugenommen; um vie- les mehr und allgemeiner, als anfangs, haben ſie Ge- ſetz und Ordnung achten, und das Anſehen der Lehrer und Vorſteher ehren gelernt; das freundliche und zu- trauliche Weſen, womit die Letzteren von den bey wei- tem meiſten Zoͤglingen bey Beſuchen, die ſie in der Anſtalt machen, empfangen, bey dem Begegnen auf der Straße begruͤßt werden, darf unſtreitig in ſittlicher Hinſicht als ein gutes Zeichen betrachtet werden. Die beſſeren Zoͤglinge, beſonders unter den Knaben, ſchlie- ßen ſich allmaͤhlich naͤher an einander, und es bildet ſich unter ihnen immer mehr ein Geiſt der Rechtlich- keit, der Ehrliebe, und des anſtaͤndigen Benehmens aus, der nicht verfehlen kann, auch auf die uͤbrigen heilſam einzuwirken. Beſonders aber weilt mit hoher Ruͤhrung unſer Blick auf Mehreren, von denen mit Ausdruͤcken der Schrift ſich ſagen laͤßt: „ſie waren ehe- mals gleich verlorenen Schafen, aber nunmehr ſind ſie wieder gefunden; mit hoher Ruͤhrung blicken wir auf Mehrere hin, die von den Wegen des Laſters und des Verbrechens zuruͤckgekehrt ſind, die ſich aus den Umtrieben eines wuͤſten und zuͤgelloßen Lebens haben retten laſſen, und deren fortgeſetztes Wohlverhalten die Zuverſicht uns einfloͤßt, daß das Gute nun fuͤr immer den Sieg bey ihnen davon getragen habe.“ §. 31. So bedeutend indeſſen dieſe Reſultate in Vergleichung mit den Hinderniſſen, welche beſiegt wer- den mußten, allerdings erſcheinen, ſo unbefriedi- gend ſind ſie, wenn man ſie mit der ganzen Zahl der einer ſolchen Fuͤrſorge beduͤrftigen Kinder vergleicht. —

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Zitationshilfe: Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821/44>, abgerufen am 03.12.2024.