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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

MAn pfleget insgemein von solchen Leu-
ten/ die stets eine lachende Mine machen/
zu sagen: Er zerret stets sein Maul und
schmuntzelt als wie ein Bauer/ der ein altes Huff-
eisen gefunden hat. Aus welcher Redens-Art
so viel erhellet/ daß es einen armen Bauer/ der ein
Huffeisen findet/ eine grosse Freude seyn müsse;
derowegen es kein Wunder ist/ daß die Findung
eines alten Huffeisens ein Glück sey. Es ist a-
ber ein schlechtes Glück/ und wäre mir ein Du-
caten lieber/ als ein halb Mandel alte Huffeisen.
Jedoch/ wenn es solche Huffeisen/ als wie ehe-
mahls grosse Könige und Herren bey ihrem Ein-
zügen die Pferde mit güldenen Huffschlag bele-
gen lassen/ da wolte ich es selbst vor ein Glück
achten/ wenn ich einen solchen güldenen Pferde-
Schuch fände. Aber ein natürlich altes Huff-
eisen wird wenig Glück geben. Jedoch/ nach
dem der Mann ist/ nachdem ist auch die Kappe/
und nachdem der Gast/ nach dem brätt man die
Wurst. Findet ein armer Bauer ein Huffei-
sen/ ey da ziehet er sein Maul auff 100. Gülden/
lachet/ und ist voller Freuden/ wandert damit
zum Schmidt/ und verkaufft es höchstens vor ei-
nem Groschen/ iedoch ists ihm ein grösser Glück/
als einem Könige/ der einem Beutel mit 50. Du-
caten gefunden hat/ weil dieser sein gefundenes
Glück alsobald wieder wegschencket/ und nicht

vor
Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

MAn pfleget insgemein von ſolchen Leu-
ten/ die ſtets eine lachende Mine machen/
zu ſagen: Er zerret ſtets ſein Maul und
ſchmuntzelt als wie ein Bauer/ der ein altes Huff-
eiſen gefunden hat. Aus welcher Redens-Art
ſo viel erhellet/ daß es einen armen Bauer/ der ein
Huffeiſen findet/ eine groſſe Freude ſeyn muͤſſe;
derowegen es kein Wunder iſt/ daß die Findung
eines alten Huffeiſens ein Gluͤck ſey. Es iſt a-
ber ein ſchlechtes Gluͤck/ und waͤre mir ein Du-
caten lieber/ als ein halb Mandel alte Huffeiſen.
Jedoch/ wenn es ſolche Huffeiſen/ als wie ehe-
mahls groſſe Koͤnige und Herren bey ihrem Ein-
zuͤgen die Pferde mit guͤldenen Huffſchlag bele-
gen laſſen/ da wolte ich es ſelbſt vor ein Gluͤck
achten/ wenn ich einen ſolchen guͤldenen Pferde-
Schuch faͤnde. Aber ein natuͤrlich altes Huff-
eiſen wird wenig Gluͤck geben. Jedoch/ nach
dem der Mann iſt/ nachdem iſt auch die Kappe/
und nachdem der Gaſt/ nach dem braͤtt man die
Wurſt. Findet ein armer Bauer ein Huffei-
ſen/ ey da ziehet er ſein Maul auff 100. Guͤlden/
lachet/ und iſt voller Freuden/ wandert damit
zum Schmidt/ und verkaufft es hoͤchſtens vor ei-
nem Groſchen/ iedoch iſts ihm ein groͤſſer Gluͤck/
als einem Koͤnige/ der einem Beutel mit 50. Du-
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[271/0095] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. MAn pfleget insgemein von ſolchen Leu- ten/ die ſtets eine lachende Mine machen/ zu ſagen: Er zerret ſtets ſein Maul und ſchmuntzelt als wie ein Bauer/ der ein altes Huff- eiſen gefunden hat. Aus welcher Redens-Art ſo viel erhellet/ daß es einen armen Bauer/ der ein Huffeiſen findet/ eine groſſe Freude ſeyn muͤſſe; derowegen es kein Wunder iſt/ daß die Findung eines alten Huffeiſens ein Gluͤck ſey. Es iſt a- ber ein ſchlechtes Gluͤck/ und waͤre mir ein Du- caten lieber/ als ein halb Mandel alte Huffeiſen. Jedoch/ wenn es ſolche Huffeiſen/ als wie ehe- mahls groſſe Koͤnige und Herren bey ihrem Ein- zuͤgen die Pferde mit guͤldenen Huffſchlag bele- gen laſſen/ da wolte ich es ſelbſt vor ein Gluͤck achten/ wenn ich einen ſolchen guͤldenen Pferde- Schuch faͤnde. Aber ein natuͤrlich altes Huff- eiſen wird wenig Gluͤck geben. Jedoch/ nach dem der Mann iſt/ nachdem iſt auch die Kappe/ und nachdem der Gaſt/ nach dem braͤtt man die Wurſt. Findet ein armer Bauer ein Huffei- ſen/ ey da ziehet er ſein Maul auff 100. Guͤlden/ lachet/ und iſt voller Freuden/ wandert damit zum Schmidt/ und verkaufft es hoͤchſtens vor ei- nem Groſchen/ iedoch iſts ihm ein groͤſſer Gluͤck/ als einem Koͤnige/ der einem Beutel mit 50. Du- caten gefunden hat/ weil dieſer ſein gefundenes Gluͤck alſobald wieder wegſchencket/ und nicht vor

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/95>, abgerufen am 24.11.2024.