fassung zu groß, die der Lehrlinge und Gesellen war zu klein für einen halbwegs blühenden Geschäftszustand.
Nach den im ersten Abschnitt angeführten Hand- werkerzahlen kamen 1783 in der Niedergrafschaft Katzen- ellnbogen auf 100 Meister durchschnittlich 5,23 Gehülfen; 1784 auf 100 Meister im Herzogthum Magdeburg 15,84 Gehülfen, ungefähr zur selben Zeit im Fürsten- thum Würzburg 15,81 Gehülfen; d. h. von 100 Meistern hatten 95 resp. 85 gar keine Gehülfen, weder Gesellen noch Lehrlinge. Da ergab es sich aus den Verhältnissen von selbst, daß der Geselle nicht verheirathet war. Und wenn die Handwerksgewohnheit es erschwerte, so war sie nicht im Widerspruch mit den thatsächlichen Be- dürfnissen.1
In Preußen mag die Zahl der Gehülfen schon 1795--1803, der Zeit der Krug'schen Aufnahmen, ziemlich höher gewesen sein. Für einzelne Provinzen führt Krug2 sogar eine sehr hohe Zahl von Gesellen und Lehrlingen an, z. B. für Schlesien 60860, während 1861 erst 102679 Gesellen und Lehrlinge gezählt werden. Die Krug'sche Zahl faßt ohne Zweifel alle Spinner- und Webergehülfen mit in sich, von welchen 1861 nur die erstern in der Handwerkertabelle stehen. Ein all- gemeiner Schluß läßt sich jedenfalls aus den unvollstän-
1 Siehe Mascher, S. 404. Abs. 42. Das Reichsgesetz v. 16. Ang. 1731, das die wesentlichsten Mißbräuche abschaffen will, spricht sich übrigens Art. XIII. Abs. 6 auch dagegen aus, daß man an einzelnen Orten verheirathete Gesellen nicht mehr zum Meisterwerden zulassen wolle.
2II, S. 205.
Die Vertheilung der Gewerbetreibenden.
faſſung zu groß, die der Lehrlinge und Geſellen war zu klein für einen halbwegs blühenden Geſchäftszuſtand.
Nach den im erſten Abſchnitt angeführten Hand- werkerzahlen kamen 1783 in der Niedergrafſchaft Katzen- ellnbogen auf 100 Meiſter durchſchnittlich 5,23 Gehülfen; 1784 auf 100 Meiſter im Herzogthum Magdeburg 15,84 Gehülfen, ungefähr zur ſelben Zeit im Fürſten- thum Würzburg 15,81 Gehülfen; d. h. von 100 Meiſtern hatten 95 reſp. 85 gar keine Gehülfen, weder Geſellen noch Lehrlinge. Da ergab es ſich aus den Verhältniſſen von ſelbſt, daß der Geſelle nicht verheirathet war. Und wenn die Handwerksgewohnheit es erſchwerte, ſo war ſie nicht im Widerſpruch mit den thatſächlichen Be- dürfniſſen.1
In Preußen mag die Zahl der Gehülfen ſchon 1795—1803, der Zeit der Krug’ſchen Aufnahmen, ziemlich höher geweſen ſein. Für einzelne Provinzen führt Krug2 ſogar eine ſehr hohe Zahl von Geſellen und Lehrlingen an, z. B. für Schleſien 60860, während 1861 erſt 102679 Geſellen und Lehrlinge gezählt werden. Die Krug’ſche Zahl faßt ohne Zweifel alle Spinner- und Webergehülfen mit in ſich, von welchen 1861 nur die erſtern in der Handwerkertabelle ſtehen. Ein all- gemeiner Schluß läßt ſich jedenfalls aus den unvollſtän-
1 Siehe Maſcher, S. 404. Abſ. 42. Das Reichsgeſetz v. 16. Ang. 1731, das die weſentlichſten Mißbräuche abſchaffen will, ſpricht ſich übrigens Art. XIII. Abſ. 6 auch dagegen aus, daß man an einzelnen Orten verheirathete Geſellen nicht mehr zum Meiſterwerden zulaſſen wolle.
2II, S. 205.
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Die Vertheilung der Gewerbetreibenden.
faſſung zu groß, die der Lehrlinge und Geſellen war zu
klein für einen halbwegs blühenden Geſchäftszuſtand.
Nach den im erſten Abſchnitt angeführten Hand-
werkerzahlen kamen 1783 in der Niedergrafſchaft Katzen-
ellnbogen auf 100 Meiſter durchſchnittlich 5,23 Gehülfen;
1784 auf 100 Meiſter im Herzogthum Magdeburg
15,84 Gehülfen, ungefähr zur ſelben Zeit im Fürſten-
thum Würzburg 15,81 Gehülfen; d. h. von 100 Meiſtern
hatten 95 reſp. 85 gar keine Gehülfen, weder Geſellen
noch Lehrlinge. Da ergab es ſich aus den Verhältniſſen
von ſelbſt, daß der Geſelle nicht verheirathet war. Und
wenn die Handwerksgewohnheit es erſchwerte, ſo war
ſie nicht im Widerſpruch mit den thatſächlichen Be-
dürfniſſen. 1
In Preußen mag die Zahl der Gehülfen ſchon
1795—1803, der Zeit der Krug’ſchen Aufnahmen,
ziemlich höher geweſen ſein. Für einzelne Provinzen
führt Krug 2 ſogar eine ſehr hohe Zahl von Geſellen
und Lehrlingen an, z. B. für Schleſien 60860, während
1861 erſt 102679 Geſellen und Lehrlinge gezählt
werden. Die Krug’ſche Zahl faßt ohne Zweifel alle
Spinner- und Webergehülfen mit in ſich, von welchen 1861
nur die erſtern in der Handwerkertabelle ſtehen. Ein all-
gemeiner Schluß läßt ſich jedenfalls aus den unvollſtän-
1 Siehe Maſcher, S. 404. Abſ. 42. Das Reichsgeſetz v.
16. Ang. 1731, das die weſentlichſten Mißbräuche abſchaffen
will, ſpricht ſich übrigens Art. XIII. Abſ. 6 auch dagegen aus,
daß man an einzelnen Orten verheirathete Geſellen nicht mehr
zum Meiſterwerden zulaſſen wolle.
2 II, S. 205.
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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/352>, abgerufen am 22.11.2024.
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