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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Konzessionirung der Wirthschaftsgewerbe.

Es handelt sich nur darum, es richtig und gerecht
zu handhaben. Daß immer Mißgriffe vorkommen, ist
natürlich. Nur können sie soweit gehen, daß die Frei-
gebung dagegen wieder als das kleinere Uebel erscheint.

Immer sollte man vermeiden, politische Partei-
gesichtspunkte einzumischen. Schwer hat in dieser Be-
ziehung ein reaktionäres Regiment in Preußen gesündigt.
Ganz übertrieben aber hat das verletzte Interesse Ein-
zelner diese nicht zu leugnenden Mißbräuche dargestellt.
Abgesehen hiervon kamen Mißgriffe da vor, wo unfähige
Landräthe oder vielmehr willkürliche Kreissekretäre sich
Fehler zu Schulden kommen ließen. Soweit die Regie-
rungen eingriffen, war die Praxis eine fast durchaus
gerechte. Ueber die Vorschriften der Kabinetsordre vom
7. Februar 1835, 1 welche nur etwas durch die Ver-
ordnung vom 21. Juni 1844 verschärft wurde, sei
nur soviel bemerkt, daß die Konzessionen je auf ein
Jahr ertheilt wurden, in den Städten von der Orts-
polizeibehörde, auf dem Lande durch den Landrath
nach Anhörung der Kommunalbehörde, wobei die Lage
des Lokals und die Person des Wirthes immer,
die Nützlichkeit und das Bedürfniß aber nur geprüft
werden sollte, wenn es sich um Gastwirthschaften
in den Ortschaften vierter Gewerbesteuerklassen, um
Schankwirthschaften, in welchen geistige Getränke zum
Genuß auf der Stelle feilgeboten werden sollten, um

1 Rönne, Staatsrecht zweite Aufl. II, b S. 318. Der-
selbe Gewerbepolizei II, 151. Döhl, das Konzessionswesen des
preußischen Staates, Berlin 1862, S. 149 ff.
Die Konzeſſionirung der Wirthſchaftsgewerbe.

Es handelt ſich nur darum, es richtig und gerecht
zu handhaben. Daß immer Mißgriffe vorkommen, iſt
natürlich. Nur können ſie ſoweit gehen, daß die Frei-
gebung dagegen wieder als das kleinere Uebel erſcheint.

Immer ſollte man vermeiden, politiſche Partei-
geſichtspunkte einzumiſchen. Schwer hat in dieſer Be-
ziehung ein reaktionäres Regiment in Preußen geſündigt.
Ganz übertrieben aber hat das verletzte Intereſſe Ein-
zelner dieſe nicht zu leugnenden Mißbräuche dargeſtellt.
Abgeſehen hiervon kamen Mißgriffe da vor, wo unfähige
Landräthe oder vielmehr willkürliche Kreisſekretäre ſich
Fehler zu Schulden kommen ließen. Soweit die Regie-
rungen eingriffen, war die Praxis eine faſt durchaus
gerechte. Ueber die Vorſchriften der Kabinetsordre vom
7. Februar 1835, 1 welche nur etwas durch die Ver-
ordnung vom 21. Juni 1844 verſchärft wurde, ſei
nur ſoviel bemerkt, daß die Konzeſſionen je auf ein
Jahr ertheilt wurden, in den Städten von der Orts-
polizeibehörde, auf dem Lande durch den Landrath
nach Anhörung der Kommunalbehörde, wobei die Lage
des Lokals und die Perſon des Wirthes immer,
die Nützlichkeit und das Bedürfniß aber nur geprüft
werden ſollte, wenn es ſich um Gaſtwirthſchaften
in den Ortſchaften vierter Gewerbeſteuerklaſſen, um
Schankwirthſchaften, in welchen geiſtige Getränke zum
Genuß auf der Stelle feilgeboten werden ſollten, um

1 Rönne, Staatsrecht zweite Aufl. II, b S. 318. Der-
ſelbe Gewerbepolizei II, 151. Döhl, das Konzeſſionsweſen des
preußiſchen Staates, Berlin 1862, S. 149 ff.
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[439/0461] Die Konzeſſionirung der Wirthſchaftsgewerbe. Es handelt ſich nur darum, es richtig und gerecht zu handhaben. Daß immer Mißgriffe vorkommen, iſt natürlich. Nur können ſie ſoweit gehen, daß die Frei- gebung dagegen wieder als das kleinere Uebel erſcheint. Immer ſollte man vermeiden, politiſche Partei- geſichtspunkte einzumiſchen. Schwer hat in dieſer Be- ziehung ein reaktionäres Regiment in Preußen geſündigt. Ganz übertrieben aber hat das verletzte Intereſſe Ein- zelner dieſe nicht zu leugnenden Mißbräuche dargeſtellt. Abgeſehen hiervon kamen Mißgriffe da vor, wo unfähige Landräthe oder vielmehr willkürliche Kreisſekretäre ſich Fehler zu Schulden kommen ließen. Soweit die Regie- rungen eingriffen, war die Praxis eine faſt durchaus gerechte. Ueber die Vorſchriften der Kabinetsordre vom 7. Februar 1835, 1 welche nur etwas durch die Ver- ordnung vom 21. Juni 1844 verſchärft wurde, ſei nur ſoviel bemerkt, daß die Konzeſſionen je auf ein Jahr ertheilt wurden, in den Städten von der Orts- polizeibehörde, auf dem Lande durch den Landrath nach Anhörung der Kommunalbehörde, wobei die Lage des Lokals und die Perſon des Wirthes immer, die Nützlichkeit und das Bedürfniß aber nur geprüft werden ſollte, wenn es ſich um Gaſtwirthſchaften in den Ortſchaften vierter Gewerbeſteuerklaſſen, um Schankwirthſchaften, in welchen geiſtige Getränke zum Genuß auf der Stelle feilgeboten werden ſollten, um 1 Rönne, Staatsrecht zweite Aufl. II, b S. 318. Der- ſelbe Gewerbepolizei II, 151. Döhl, das Konzeſſionsweſen des preußiſchen Staates, Berlin 1862, S. 149 ff.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/461>, abgerufen am 22.11.2024.