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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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zur Antwort, ich will eure kostbahren Thränen, in
Abschlag mit 5. delicaten Rebhünern und einem
jungen Reh bezahlen, aber, Monsieur van Leuven
wisset ihr auch, daß ich das schöne Paradieß ent-
decket habe/ woraus vermuthlich Adam und Eva
durch den Cherub verjagt worden? Monsieur Al-
bert,
schrye van Leuven, habt ihr etwa das Fie-
ber bekommen? oder phantasirt ihr auf andere
Art? Nein, Monsieur, wiederredete ich, bey mir
ist weder Fieber noch einige andere Phantasie, son-
dern lasset mich nur eine gute Mahlzeit nebst einem
Glase Wein finden, so werdet ihr keine Phantasie,
sondern eine wahrhafftige Erzehlung von allen dem,
was mir GOtt und das Glücke gewiesen hat, aus
meinem Munde hören können.

Sie ergriffen beyde meine Arme, und führeten
mich zu dem sich kranck zeigenden Lemelie, welcher
aber doch ziemlich wohl von der zugerichteten
Schild-Kröte und See-Kalbe essen konte, auch dem
Wein-Becher keinen Zug schuldig blieb. Jch mei-
nes Theils ersättigte mich nach Nothdurfft, statt-
tete hernachmahls den sämtlichen anwesenden von
meiner gethanen Reise den umständlichen Bericht
ab, und dieser setzte meine Gefährten in so grosse
Freude als Verwunderung. Mons. van Leuven
wolte gleich mit, und das schöne Paradieß in mei-
ner Gesellschafft besehen, allein meine Müdiakeit,
Concordiens gute Worte und des Lemelie Faul-
heit, fruchteten so viel/ daß wir solches biß morgen-
anbrechenden Tag aufschoben, immittelst aber
desto sehnlicher auf ein vorbey seeglendes Schiff
Achtung gaben, welches zwar immer in unsern

Ge-
L 2

zur Antwort, ich will eure koſtbahren Thraͤnen, in
Abſchlag mit 5. delicaten Rebhuͤnern und einem
jungen Reh bezahlen, aber, Monſieur van Leuven
wiſſet ihr auch, daß ich das ſchoͤne Paradieß ent-
decket habe/ woraus vermuthlich Adam und Eva
durch den Cherub verjagt worden? Monſieur Al-
bert,
ſchrye van Leuven, habt ihr etwa das Fie-
ber bekommen? oder phantaſirt ihr auf andere
Art? Nein, Monſieur, wiederredete ich, bey mir
iſt weder Fieber noch einige andere Phantaſie, ſon-
dern laſſet mich nur eine gute Mahlzeit nebſt einem
Glaſe Wein finden, ſo werdet ihr keine Phantaſie,
ſondern eine wahrhafftige Erzehlung von allen dem,
was mir GOtt und das Gluͤcke gewieſen hat, aus
meinem Munde hoͤren koͤnnen.

Sie ergriffen beyde meine Arme, und fuͤhreten
mich zu dem ſich kranck zeigenden Lemelie, welcher
aber doch ziemlich wohl von der zugerichteten
Schild-Kroͤte und See-Kalbe eſſen konte, auch dem
Wein-Becher keinen Zug ſchuldig blieb. Jch mei-
nes Theils erſaͤttigte mich nach Nothdurfft, ſtatt-
tete hernachmahls den ſaͤmtlichen anweſenden von
meiner gethanen Reiſe den umſtaͤndlichen Bericht
ab, und dieſer ſetzte meine Gefaͤhrten in ſo groſſe
Freude als Verwunderung. Monſ. van Leuven
wolte gleich mit, und das ſchoͤne Paradieß in mei-
ner Geſellſchafft beſehen, allein meine Muͤdiakeit,
Concordiens gute Worte und des Lemelie Faul-
heit, fruchteten ſo viel/ daß wir ſolches biß morgen-
anbrechenden Tag aufſchoben, immittelſt aber
deſto ſehnlicher auf ein vorbey ſeeglendes Schiff
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[163/0177] zur Antwort, ich will eure koſtbahren Thraͤnen, in Abſchlag mit 5. delicaten Rebhuͤnern und einem jungen Reh bezahlen, aber, Monſieur van Leuven wiſſet ihr auch, daß ich das ſchoͤne Paradieß ent- decket habe/ woraus vermuthlich Adam und Eva durch den Cherub verjagt worden? Monſieur Al- bert, ſchrye van Leuven, habt ihr etwa das Fie- ber bekommen? oder phantaſirt ihr auf andere Art? Nein, Monſieur, wiederredete ich, bey mir iſt weder Fieber noch einige andere Phantaſie, ſon- dern laſſet mich nur eine gute Mahlzeit nebſt einem Glaſe Wein finden, ſo werdet ihr keine Phantaſie, ſondern eine wahrhafftige Erzehlung von allen dem, was mir GOtt und das Gluͤcke gewieſen hat, aus meinem Munde hoͤren koͤnnen. Sie ergriffen beyde meine Arme, und fuͤhreten mich zu dem ſich kranck zeigenden Lemelie, welcher aber doch ziemlich wohl von der zugerichteten Schild-Kroͤte und See-Kalbe eſſen konte, auch dem Wein-Becher keinen Zug ſchuldig blieb. Jch mei- nes Theils erſaͤttigte mich nach Nothdurfft, ſtatt- tete hernachmahls den ſaͤmtlichen anweſenden von meiner gethanen Reiſe den umſtaͤndlichen Bericht ab, und dieſer ſetzte meine Gefaͤhrten in ſo groſſe Freude als Verwunderung. Monſ. van Leuven wolte gleich mit, und das ſchoͤne Paradieß in mei- ner Geſellſchafft beſehen, allein meine Muͤdiakeit, Concordiens gute Worte und des Lemelie Faul- heit, fruchteten ſo viel/ daß wir ſolches biß morgen- anbrechenden Tag aufſchoben, immittelſt aber deſto ſehnlicher auf ein vorbey ſeeglendes Schiff Achtung gaben, welches zwar immer in unſern Ge- L 2

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/177>, abgerufen am 18.05.2024.