dern stünde, bald vollkommen trösten, und in ruhi- gern Zustand setzen möchte, wolte hiermit seine Flin- te nehmen und spatzieren gehen, doch ich hielt ihn auf, und bat: er möchte doch der Concordia die Ge- fälligkeit erzeigen, und den Cörper ihres Liebsten mit herauf bringen helffen, damit wir ihn ehrlich zur Erden bestatten könten; Allein er entschuldigte sich, und gab zu vernehmen, wie er zwar uns in allen Stücken Gefälligkeit und Hülffe zu leisten schuldig wäre; doch damit möchte man ihn verschonen, weiln uns ja zum voraus bewust, daß er einen ungewöhn- lichen natürlichen Abscheu vor todten Menschen hätte, auch ohngeacht er schon lange Zeit zu Schiffe gedienet, niemals im Stande gewesen, einen frischen Todten in die See zu werffen, vielweniger einen sol- chen anzugreiffen der schon etliche Tage an der Sonne gelegen. Hiermit gieng er seine Wege, Concordia aber hub von neuen an, sich aufs aller- kläglichste zu gebährden, da ich ihr nber zugeredet sich zu mäßigen, und mich nur allein machen zu las- sen, weil ich weder Gesahr noch Mühe scheuen, son- dern ihr unter GOttes Schutz den Cörper ihres Liebsten in ihre Hände liefern wolte; muste sie mir erstlich zuschweren, sich Zeit meines Abseyns selbst kein Leid zuzufügen, sondern gedultig und stille zu sitzen, auch vor mich, wegen bevorstehen der Gefahr, fleißig zu beten. Worauf so viel Seile und Stri- cke als zu ertragen waren, nebst einem Stücke See- gel-Tuch nahm, und nebst Concordien, die eine Holtz-Axt nebst etwas Speife vor uns beyde trug, nach den Felfen hin eilete. Daselbst ließ ich sie un- ten an einen sichern Orte sitzen, und kletterte nach
und
dern ſtuͤnde, bald vollkommen troͤſten, und in ruhi- gern Zuſtand ſetzen moͤchte, wolte hiermit ſeine Flin- te nehmen und ſpatzieren gehen, doch ich hielt ihn auf, und bat: er moͤchte doch der Concordia die Ge- faͤlligkeit erzeigen, und den Coͤrper ihres Liebſten mit herauf bringen helffen, damit wir ihn ehrlich zur Erden beſtatten koͤnten; Allein er entſchuldigte ſich, und gab zu vernehmen, wie er zwar uns in allen Stuͤcken Gefaͤlligkeit und Huͤlffe zu leiſten ſchuldig waͤre; doch damit moͤchte man ihn verſchonen, weiln uns ja zum voraus bewuſt, daß er einen ungewoͤhn- lichen natuͤrlichen Abſcheu vor todten Menſchen haͤtte, auch ohngeacht er ſchon lange Zeit zu Schiffe gedienet, niemals im Stande geweſen, einen friſchen Todten in die See zu werffen, vielweniger einen ſol- chen anzugreiffen der ſchon etliche Tage an der Sonne gelegen. Hiermit gieng er ſeine Wege, Concordia aber hub von neuen an, ſich aufs aller- klaͤglichſte zu gebaͤhrden, da ich ihr nber zugeredet ſich zu maͤßigen, und mich nur allein machen zu laſ- ſen, weil ich weder Geſahr noch Muͤhe ſcheuen, ſon- dern ihr unter GOttes Schutz den Coͤrper ihres Liebſten in ihre Haͤnde liefern wolte; muſte ſie mir erſtlich zuſchweren, ſich Zeit meines Abſeyns ſelbſt kein Leid zuzufuͤgen, ſondern gedultig und ſtille zu ſitzen, auch vor mich, wegen bevorſtehen der Gefahr, fleißig zu beten. Worauf ſo viel Seile und Stri- cke als zu ertragen waren, nebſt einem Stuͤcke See- gel-Tuch nahm, und nebſt Concordien, die eine Holtz-Axt nebſt etwas Speife vor uns beyde trug, nach den Felfen hin eilete. Daſelbſt ließ ich ſie un- ten an einen ſichern Orte ſitzen, und kletterte nach
und
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0218"n="204"/>
dern ſtuͤnde, bald vollkommen troͤſten, und in ruhi-<lb/>
gern Zuſtand ſetzen moͤchte, wolte hiermit ſeine Flin-<lb/>
te nehmen und ſpatzieren gehen, doch ich hielt ihn<lb/>
auf, und bat: er moͤchte doch der <hirendition="#aq">Concordia</hi> die Ge-<lb/>
faͤlligkeit erzeigen, und den Coͤrper ihres Liebſten<lb/>
mit herauf bringen helffen, damit wir ihn ehrlich<lb/>
zur Erden beſtatten koͤnten; Allein er entſchuldigte<lb/>ſich, und gab zu vernehmen, wie er zwar uns in allen<lb/>
Stuͤcken Gefaͤlligkeit und Huͤlffe zu leiſten ſchuldig<lb/>
waͤre; doch damit moͤchte man ihn verſchonen, weiln<lb/>
uns ja zum voraus bewuſt, daß er einen ungewoͤhn-<lb/>
lichen natuͤrlichen Abſcheu vor todten Menſchen<lb/>
haͤtte, auch ohngeacht er ſchon lange Zeit zu Schiffe<lb/>
gedienet, niemals im Stande geweſen, einen friſchen<lb/>
Todten in die See zu werffen, vielweniger einen ſol-<lb/>
chen anzugreiffen der ſchon etliche Tage an der<lb/>
Sonne gelegen. Hiermit gieng er ſeine Wege,<lb/><hirendition="#aq">Concordia</hi> aber hub von neuen an, ſich aufs aller-<lb/>
klaͤglichſte zu gebaͤhrden, da ich ihr nber zugeredet<lb/>ſich zu maͤßigen, und mich nur allein machen zu laſ-<lb/>ſen, weil ich weder Geſahr noch Muͤhe ſcheuen, ſon-<lb/>
dern ihr unter GOttes Schutz den Coͤrper ihres<lb/>
Liebſten in ihre Haͤnde liefern wolte; muſte ſie mir<lb/>
erſtlich zuſchweren, ſich Zeit meines Abſeyns ſelbſt<lb/>
kein Leid zuzufuͤgen, ſondern gedultig und ſtille zu<lb/>ſitzen, auch vor mich, wegen bevorſtehen der Gefahr,<lb/>
fleißig zu beten. Worauf ſo viel Seile und Stri-<lb/>
cke als zu ertragen waren, nebſt einem Stuͤcke See-<lb/>
gel-Tuch nahm, und nebſt <hirendition="#aq">Concordien,</hi> die eine<lb/>
Holtz-Axt nebſt etwas Speife vor uns beyde trug,<lb/>
nach den Felfen hin eilete. Daſelbſt ließ ich ſie un-<lb/>
ten an einen ſichern Orte ſitzen, und kletterte nach<lb/><fwplace="bottom"type="catch">und</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[204/0218]
dern ſtuͤnde, bald vollkommen troͤſten, und in ruhi-
gern Zuſtand ſetzen moͤchte, wolte hiermit ſeine Flin-
te nehmen und ſpatzieren gehen, doch ich hielt ihn
auf, und bat: er moͤchte doch der Concordia die Ge-
faͤlligkeit erzeigen, und den Coͤrper ihres Liebſten
mit herauf bringen helffen, damit wir ihn ehrlich
zur Erden beſtatten koͤnten; Allein er entſchuldigte
ſich, und gab zu vernehmen, wie er zwar uns in allen
Stuͤcken Gefaͤlligkeit und Huͤlffe zu leiſten ſchuldig
waͤre; doch damit moͤchte man ihn verſchonen, weiln
uns ja zum voraus bewuſt, daß er einen ungewoͤhn-
lichen natuͤrlichen Abſcheu vor todten Menſchen
haͤtte, auch ohngeacht er ſchon lange Zeit zu Schiffe
gedienet, niemals im Stande geweſen, einen friſchen
Todten in die See zu werffen, vielweniger einen ſol-
chen anzugreiffen der ſchon etliche Tage an der
Sonne gelegen. Hiermit gieng er ſeine Wege,
Concordia aber hub von neuen an, ſich aufs aller-
klaͤglichſte zu gebaͤhrden, da ich ihr nber zugeredet
ſich zu maͤßigen, und mich nur allein machen zu laſ-
ſen, weil ich weder Geſahr noch Muͤhe ſcheuen, ſon-
dern ihr unter GOttes Schutz den Coͤrper ihres
Liebſten in ihre Haͤnde liefern wolte; muſte ſie mir
erſtlich zuſchweren, ſich Zeit meines Abſeyns ſelbſt
kein Leid zuzufuͤgen, ſondern gedultig und ſtille zu
ſitzen, auch vor mich, wegen bevorſtehen der Gefahr,
fleißig zu beten. Worauf ſo viel Seile und Stri-
cke als zu ertragen waren, nebſt einem Stuͤcke See-
gel-Tuch nahm, und nebſt Concordien, die eine
Holtz-Axt nebſt etwas Speife vor uns beyde trug,
nach den Felfen hin eilete. Daſelbſt ließ ich ſie un-
ten an einen ſichern Orte ſitzen, und kletterte nach
und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/218>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.