sic sanfft eingeschlaffen war, legte ich, um selbige nicht zu verstöhren, die Zitter bey Seite, zog eine Bley- Feder und Papier aus meiner Tasche, und setzte mir ein neues Lied folgenden Jnnhalts auf:
1.
ACh! hätt ich nur kein Schiff erblickt, So wär ich länger ruhig blieben, Mein Unglück hat es her geschickt, Und mir zur Quaal zurück getrieben, Verhängniß wilst du dich denn eines reichen Ar- men, Und freyen Sclavens nicht zu rechter Zeit erbarmen?
2.
Soll meiner Jugend beste Krafft Jn dieser Einsamkeit ersterben? Jst das der Keuschheit Eigenschafft? Will mich die Tugend selbst verderben? So weiß ich nicht wie man die Lasterhafften See- len Mit größrer Grausamkeit und Marter solte quälen.
3.
Jch liebe was und sag' es nicht, Denn Eyd und Tugend heist mich schweigen, Mein gantz verdecktes Liebes-Licht Darff seine Flamme gar nicht zeigen; Dem Himmel selbsten ist mein Lieben nicht zuwie- der, Doch Schwur und Treue schlägt den Hoffnungs- Bau darnieder.
4. Con-
ſic ſanfft eingeſchlaffen war, legte ich, um ſelbige nicht zu verſtoͤhren, die Zitter bey Seite, zog eine Bley- Feder und Papier aus meiner Taſche, und ſetzte mir ein neues Lied folgenden Jnnhalts auf:
1.
ACh! haͤtt ich nur kein Schiff erblickt, So waͤr ich laͤnger ruhig blieben, Mein Ungluͤck hat es her geſchickt, Und mir zur Quaal zuruͤck getrieben, Verhaͤngniß wilſt du dich denn eines reichen Ar- men, Und freyen Sclavens nicht zu rechter Zeit erbarmen?
2.
Soll meiner Jugend beſte Krafft Jn dieſer Einſamkeit erſterben? Jſt das der Keuſchheit Eigenſchafft? Will mich die Tugend ſelbſt verderben? So weiß ich nicht wie man die Laſterhafften See- len Mit groͤßrer Grauſamkeit und Marter ſolte quaͤlen.
3.
Jch liebe was und ſag’ es nicht, Denn Eyd und Tugend heiſt mich ſchweigen, Mein gantz verdecktes Liebes-Licht Darff ſeine Flamme gar nicht zeigen; Dem Himmel ſelbſten iſt mein Lieben nicht zuwie- der, Doch Schwur und Treue ſchlaͤgt den Hoffnungs- Bau darnieder.
4. Con-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0269"n="255"/><hirendition="#aq">ſic</hi>ſanfft eingeſchlaffen war, legte ich, um ſelbige nicht<lb/>
zu verſtoͤhren, die Zitter bey Seite, zog eine Bley-<lb/>
Feder und Papier aus meiner Taſche, und ſetzte mir<lb/>
ein neues Lied folgenden Jnnhalts auf:</p><lb/><lgtype="poem"><head><hirendition="#c">1.</hi></head><lb/><lgn="1"><l><hirendition="#in">A</hi>Ch! haͤtt ich nur kein Schiff erblickt,</l><lb/><l>So waͤr ich laͤnger ruhig blieben,</l><lb/><l>Mein Ungluͤck hat es her geſchickt,</l><lb/><l>Und mir zur Quaal zuruͤck getrieben,</l><lb/><l>Verhaͤngniß wilſt du dich denn eines reichen Ar-</l><lb/><l><hirendition="#et">men,</hi></l><lb/><l>Und freyen Sclavens nicht zu rechter Zeit erbarmen?</l></lg><lb/><lgn="2"><head><hirendition="#c">2.</hi></head><lb/><l>Soll meiner Jugend beſte Krafft</l><lb/><l>Jn dieſer Einſamkeit erſterben?</l><lb/><l>Jſt das der Keuſchheit Eigenſchafft?</l><lb/><l>Will mich die Tugend ſelbſt verderben?</l><lb/><l>So weiß ich nicht wie man die Laſterhafften See-</l><lb/><l><hirendition="#et">len</hi></l><lb/><l>Mit groͤßrer Grauſamkeit und Marter ſolte quaͤlen.</l></lg><lb/><lgn="3"><head><hirendition="#c">3.</hi></head><lb/><l>Jch liebe was und ſag’ es nicht,</l><lb/><l>Denn Eyd und Tugend heiſt mich ſchweigen,</l><lb/><l>Mein gantz verdecktes Liebes-Licht</l><lb/><l>Darff ſeine Flamme gar nicht zeigen;</l><lb/><l>Dem Himmel ſelbſten iſt mein Lieben nicht zuwie-</l><lb/><l><hirendition="#et">der,</hi></l><lb/><l>Doch Schwur und Treue ſchlaͤgt den Hoffnungs-</l><lb/><l><hirendition="#et">Bau darnieder.</hi></l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="catch">4. <hirendition="#aq">Con-</hi></fw><lb/></lg></div></body></text></TEI>
[255/0269]
ſic ſanfft eingeſchlaffen war, legte ich, um ſelbige nicht
zu verſtoͤhren, die Zitter bey Seite, zog eine Bley-
Feder und Papier aus meiner Taſche, und ſetzte mir
ein neues Lied folgenden Jnnhalts auf:
1.
ACh! haͤtt ich nur kein Schiff erblickt,
So waͤr ich laͤnger ruhig blieben,
Mein Ungluͤck hat es her geſchickt,
Und mir zur Quaal zuruͤck getrieben,
Verhaͤngniß wilſt du dich denn eines reichen Ar-
men,
Und freyen Sclavens nicht zu rechter Zeit erbarmen?
2.
Soll meiner Jugend beſte Krafft
Jn dieſer Einſamkeit erſterben?
Jſt das der Keuſchheit Eigenſchafft?
Will mich die Tugend ſelbſt verderben?
So weiß ich nicht wie man die Laſterhafften See-
len
Mit groͤßrer Grauſamkeit und Marter ſolte quaͤlen.
3.
Jch liebe was und ſag’ es nicht,
Denn Eyd und Tugend heiſt mich ſchweigen,
Mein gantz verdecktes Liebes-Licht
Darff ſeine Flamme gar nicht zeigen;
Dem Himmel ſelbſten iſt mein Lieben nicht zuwie-
der,
Doch Schwur und Treue ſchlaͤgt den Hoffnungs-
Bau darnieder.
4. Con-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/269>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.