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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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Etwa anderthalb hundert Schritt von diesen 3.
Ehren-und Gedächtniß-Säulen fanden wir, na-
he am Ufer des West-Flusses, des Lemelie Schand-
Seule, um welche herum ein grosser Hauffen Feld-
Steine geworffen war, so, daß wir mit einiger
Mühe hinzu gelangen, und folgende daran gena-
gelten Zeilen lesen konten:

SPeye aus gegen diese Seule,
Mein Leser!
Denn
Allhier muß die unschuldige Erde
das todte Aas des vielschuldigen Lemelie
in ihrem Schoosse erdulten,
welches im Leben ihr zu einer schändlichen Last
gedienet.
Dieses Mord-Kindes rechter Nahme,
auch wo, wenn, und von wem es gebohren,
ist unbekandt,
Doch kurtz vor seinem erschrecklichen Ende
hat er bekandt,
Daß Vater-Mutter-Kinder- und vieler andern
Menschen Mord, Blut-Schande, Hurerey, Gifft-
mischen, ja alle ersinnliche Laster sein Hand-
werck von Jugend an gewesen.
Carl Frantz van Leuvens unschuldig-vergossenes
Blut schreyet auf dieser Jnsul biß an den
jüngsten Tag
Rache über ihn.
Jndem aber dasselbe kaum erkaltet war,
hatte sich der Mord-Hund schon wiederum gerü-
stet, eine neue Mord-That an den armen Albert
Julio

Etwa anderthalb hundert Schritt von dieſen 3.
Ehren-und Gedaͤchtniß-Saͤulen fanden wir, na-
he am Ufer des Weſt-Fluſſes, des Lemelie Schand-
Seule, um welche herum ein groſſer Hauffen Feld-
Steine geworffen war, ſo, daß wir mit einiger
Muͤhe hinzu gelangen, und folgende daran gena-
gelten Zeilen leſen konten:

SPeye aus gegen dieſe Seule,
Mein Leſer!
Denn
Allhier muß die unſchuldige Erde
das todte Aas des vielſchuldigen Lemelie
in ihrem Schooſſe erdulten,
welches im Leben ihr zu einer ſchaͤndlichen Laſt
gedienet.
Dieſes Mord-Kindes rechter Nahme,
auch wo, wenn, und von wem es gebohren,
iſt unbekandt,
Doch kurtz vor ſeinem erſchrecklichen Ende
hat er bekandt,
Daß Vater-Mutter-Kinder- und vieler andern
Menſchen Mord, Blut-Schande, Hurerey, Gifft-
miſchen, ja alle erſinnliche Laſter ſein Hand-
werck von Jugend an geweſen.
Carl Frantz van Leuvens unſchuldig-vergoſſenes
Blut ſchreyet auf dieſer Jnſul biß an den
juͤngſten Tag
Rache uͤber ihn.
Jndem aber daſſelbe kaum erkaltet war,
hatte ſich der Mord-Hund ſchon wiederum geruͤ-
ſtet, eine neue Mord-That an den armen Albert
Julio
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[278/0292] Etwa anderthalb hundert Schritt von dieſen 3. Ehren-und Gedaͤchtniß-Saͤulen fanden wir, na- he am Ufer des Weſt-Fluſſes, des Lemelie Schand- Seule, um welche herum ein groſſer Hauffen Feld- Steine geworffen war, ſo, daß wir mit einiger Muͤhe hinzu gelangen, und folgende daran gena- gelten Zeilen leſen konten: SPeye aus gegen dieſe Seule, Mein Leſer! Denn Allhier muß die unſchuldige Erde das todte Aas des vielſchuldigen Lemelie in ihrem Schooſſe erdulten, welches im Leben ihr zu einer ſchaͤndlichen Laſt gedienet. Dieſes Mord-Kindes rechter Nahme, auch wo, wenn, und von wem es gebohren, iſt unbekandt, Doch kurtz vor ſeinem erſchrecklichen Ende hat er bekandt, Daß Vater-Mutter-Kinder- und vieler andern Menſchen Mord, Blut-Schande, Hurerey, Gifft- miſchen, ja alle erſinnliche Laſter ſein Hand- werck von Jugend an geweſen. Carl Frantz van Leuvens unſchuldig-vergoſſenes Blut ſchreyet auf dieſer Jnſul biß an den juͤngſten Tag Rache uͤber ihn. Jndem aber daſſelbe kaum erkaltet war, hatte ſich der Mord-Hund ſchon wiederum geruͤ- ſtet, eine neue Mord-That an den armen Albert Julio

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/292>, abgerufen am 24.11.2024.