abwesen zu halten, und die Bedienung einer schon ziemlich alten Magd, welche vor Antonien und Margarithen mit genommen war, zu überlassen. Nachdem aber unsere Gesundheit wiederum gäntz- lich erlangt, und es eine fast unmögliche Sache war, beständig in der düstern Schiffs-Kammer zu blei- ben, begaben wir uns, auf unserer liebsten Sabine öffters Bitten, auf das Obertheil des Schiffs, um bey damahligen schönen Wetter srische Lufft zu schöpffen. Unsere Verräther waren dieses kaum gewahr worden, da die gantze Schaar herzu kam, zum neuen guten Wohlstande Glück wünschte und hoch betheurete, daß sich unsere Schönheit nach überstandener Kranckheit gedoppelt hervor thäte. Wir beantworteten aber alles dieses mit lauter verächtlichen Worten und Gebärden, wolten auch durchaus mit ihnen keine Gemeinschafft pflegen, liessen uns aber doch endlich durch alltägliches de- müthiges und höffliches Zureden bewegen, in ihrer Gesellschafft zu essen und zu trincken, hergegen er- zeigten sich unsere standhafften Gemüther desto er- grimmter, wenn etwa Gallus oder Alexander et- was verliebtes vorbringen wolten.
William unterstund sich, uns dieserwegen den Text zu lesen, und vorzustellen wie wir am klügsten thäten, wenn wir den bißherigen Eigensinn und Widerwillen verbanneten, hergegen unsern Lieb- habern gutwillig den Zweck ihres Wunsches errei- chen liessen, ehe sie auf verzweiffelte, uns vielleicht noch unanständigere Mittel gedächten, denen wir mit aller unserer Macht nicht widerstehen könten, da zumahlen alle Hoffnung zur Flucht, oder anderer
Erlö-
X 4
abweſen zu halten, und die Bedienung einer ſchon ziemlich alten Magd, welche vor Antonien und Margarithen mit genommen war, zu uͤberlaſſen. Nachdem aber unſere Geſundheit wiederum gaͤntz- lich erlangt, und es eine faſt unmoͤgliche Sache war, beſtaͤndig in der duͤſtern Schiffs-Kammer zu blei- ben, begaben wir uns, auf unſerer liebſten Sabine oͤffters Bitten, auf das Obertheil des Schiffs, um bey damahligen ſchoͤnen Wetter ſriſche Lufft zu ſchoͤpffen. Unſere Verraͤther waren dieſes kaum gewahr worden, da die gantze Schaar herzu kam, zum neuen guten Wohlſtande Gluͤck wuͤnſchte und hoch betheurete, daß ſich unſere Schoͤnheit nach uͤberſtandener Kranckheit gedoppelt hervor thaͤte. Wir beantworteten aber alles dieſes mit lauter veraͤchtlichen Worten und Gebaͤrden, wolten auch durchaus mit ihnen keine Gemeinſchafft pflegen, lieſſen uns aber doch endlich durch alltaͤgliches de- muͤthiges und hoͤffliches Zureden bewegen, in ihrer Geſellſchafft zu eſſen und zu trincken, hergegen er- zeigten ſich unſere ſtandhafften Gemuͤther deſto er- grimmter, wenn etwa Gallus oder Alexander et- was verliebtes vorbringen wolten.
William unterſtund ſich, uns dieſerwegen den Text zu leſen, und vorzuſtellen wie wir am kluͤgſten thaͤten, wenn wir den bißherigen Eigenſinn und Widerwillen verbanneten, hergegen unſern Lieb- habern gutwillig den Zweck ihres Wunſches errei- chen lieſſen, ehe ſie auf verzweiffelte, uns vielleicht noch unanſtaͤndigere Mittel gedaͤchten, denen wir mit aller unſerer Macht nicht widerſtehen koͤnten, da zumahlen alle Hoffnung zur Flucht, oder anderer
Erloͤ-
X 4
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0341"n="327"/>
abweſen zu halten, und die Bedienung einer ſchon<lb/>
ziemlich alten Magd, welche vor <hirendition="#aq">Antoni</hi>en und<lb/><hirendition="#aq">Margarith</hi>en mit genommen war, zu uͤberlaſſen.<lb/>
Nachdem aber unſere Geſundheit wiederum gaͤntz-<lb/>
lich erlangt, und es eine faſt unmoͤgliche Sache war,<lb/>
beſtaͤndig in der duͤſtern Schiffs-Kammer zu blei-<lb/>
ben, begaben wir uns, auf unſerer liebſten <hirendition="#aq">Sabine</hi><lb/>
oͤffters Bitten, auf das Obertheil des Schiffs, um<lb/>
bey damahligen ſchoͤnen Wetter ſriſche Lufft zu<lb/>ſchoͤpffen. Unſere Verraͤther waren dieſes kaum<lb/>
gewahr worden, da die gantze Schaar herzu kam,<lb/>
zum neuen guten Wohlſtande Gluͤck wuͤnſchte und<lb/>
hoch betheurete, daß ſich unſere Schoͤnheit nach<lb/>
uͤberſtandener Kranckheit gedoppelt hervor thaͤte.<lb/>
Wir beantworteten aber alles dieſes mit lauter<lb/>
veraͤchtlichen Worten und Gebaͤrden, wolten auch<lb/>
durchaus mit ihnen keine Gemeinſchafft pflegen,<lb/>
lieſſen uns aber doch endlich durch alltaͤgliches de-<lb/>
muͤthiges und hoͤffliches Zureden bewegen, in ihrer<lb/>
Geſellſchafft zu eſſen und zu trincken, hergegen er-<lb/>
zeigten ſich unſere ſtandhafften Gemuͤther deſto er-<lb/>
grimmter, wenn etwa <hirendition="#aq">Gallus</hi> oder <hirendition="#aq">Alexander</hi> et-<lb/>
was verliebtes vorbringen wolten.</p><lb/><p><hirendition="#aq">William</hi> unterſtund ſich, uns dieſerwegen den<lb/>
Text zu leſen, und vorzuſtellen wie wir am kluͤgſten<lb/>
thaͤten, wenn wir den bißherigen Eigenſinn und<lb/>
Widerwillen verbanneten, hergegen unſern Lieb-<lb/>
habern gutwillig den Zweck ihres Wunſches errei-<lb/>
chen lieſſen, ehe ſie auf verzweiffelte, uns vielleicht<lb/>
noch unanſtaͤndigere Mittel gedaͤchten, denen wir<lb/>
mit aller unſerer Macht nicht widerſtehen koͤnten,<lb/>
da zumahlen alle Hoffnung zur Flucht, oder anderer<lb/><fwplace="bottom"type="sig">X 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">Erloͤ-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[327/0341]
abweſen zu halten, und die Bedienung einer ſchon
ziemlich alten Magd, welche vor Antonien und
Margarithen mit genommen war, zu uͤberlaſſen.
Nachdem aber unſere Geſundheit wiederum gaͤntz-
lich erlangt, und es eine faſt unmoͤgliche Sache war,
beſtaͤndig in der duͤſtern Schiffs-Kammer zu blei-
ben, begaben wir uns, auf unſerer liebſten Sabine
oͤffters Bitten, auf das Obertheil des Schiffs, um
bey damahligen ſchoͤnen Wetter ſriſche Lufft zu
ſchoͤpffen. Unſere Verraͤther waren dieſes kaum
gewahr worden, da die gantze Schaar herzu kam,
zum neuen guten Wohlſtande Gluͤck wuͤnſchte und
hoch betheurete, daß ſich unſere Schoͤnheit nach
uͤberſtandener Kranckheit gedoppelt hervor thaͤte.
Wir beantworteten aber alles dieſes mit lauter
veraͤchtlichen Worten und Gebaͤrden, wolten auch
durchaus mit ihnen keine Gemeinſchafft pflegen,
lieſſen uns aber doch endlich durch alltaͤgliches de-
muͤthiges und hoͤffliches Zureden bewegen, in ihrer
Geſellſchafft zu eſſen und zu trincken, hergegen er-
zeigten ſich unſere ſtandhafften Gemuͤther deſto er-
grimmter, wenn etwa Gallus oder Alexander et-
was verliebtes vorbringen wolten.
William unterſtund ſich, uns dieſerwegen den
Text zu leſen, und vorzuſtellen wie wir am kluͤgſten
thaͤten, wenn wir den bißherigen Eigenſinn und
Widerwillen verbanneten, hergegen unſern Lieb-
habern gutwillig den Zweck ihres Wunſches errei-
chen lieſſen, ehe ſie auf verzweiffelte, uns vielleicht
noch unanſtaͤndigere Mittel gedaͤchten, denen wir
mit aller unſerer Macht nicht widerſtehen koͤnten,
da zumahlen alle Hoffnung zur Flucht, oder anderer
Erloͤ-
X 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/341>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.