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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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einer gleichmäßigen schändlichen Leichtsinnigkeit zu
bewegen, da ich aber, ohngeacht ich wohl wuste, daß
sich nicht die geringsten Zeichen einer Schwanger-
schafft bey mir äuserten, dennoch einen natürlichen
Abscheu so wohl vor der Person als dem gantzen
Wesen dieses Wüstlings hatte, so suchte ihn, vermö-
ge der verdrüßlichsten und schimpfflichsten Reden,
mir vom Halse zu schaffen; Allein, der freche Bube
kehrete sich an nichts, sondern schwur, ehe sein gan-
tzes Vermögen nebst dem Leben zu verlieren, als
mich dem Wittwen-Stande oder einem andern
Manne zu überlassen, sagte mir anbey frey unter die
Augen, so lange wolle er noch Gedult haben, biß
wir das Cap der guten Hoffnung erreicht hätten,
nach diesem würde sich zeigen, ob er mich mit Güte
oder Gewalt ins Ehe-Bette ziehen müsse.

Jch Elende wuste gegen diesen Trotzer nirgends
Schutz zu finden, weil er die Befehlshaber des
Schiffs so wohl als die meisten andern Leute durch
Geschenck und Gaben auf seine Seite gelenckt hatte,
solchergestalt wurden meine jämmerlichen Klagen
fast von jederman verlacht, und ich selbst ein Spott
der ungehobelten Boots-Knechte, indem mir ein
jeder vorwarff, meine Keuschheit wäre nur ein ver-
stelltes Wesen, ich wolte nur sehr gebeten seyn, wür-
de aber meine Tugend schon wohlfeiler verkauffen,
so bald nur ein junger Mann - - -

Jch scheue mich, an die lasterhafften Reden län-
ger zu gedencken, welche ich mit gröster Hertzens-
Quaal von diesen Unflätern täglich anhören muste,
über dieses klagte mir meine Aufwärterin Blandina

mit

einer gleichmaͤßigen ſchaͤndlichen Leichtſinnigkeit zu
bewegen, da ich aber, ohngeacht ich wohl wuſte, daß
ſich nicht die geringſten Zeichen einer Schwanger-
ſchafft bey mir aͤuſerten, dennoch einen natuͤrlichen
Abſcheu ſo wohl vor der Perſon als dem gantzen
Weſen dieſes Wuͤſtlings hatte, ſo ſuchte ihn, vermoͤ-
ge der verdruͤßlichſten und ſchimpfflichſten Reden,
mir vom Halſe zu ſchaffen; Allein, der freche Bube
kehrete ſich an nichts, ſondern ſchwur, ehe ſein gan-
tzes Vermoͤgen nebſt dem Leben zu verlieren, als
mich dem Wittwen-Stande oder einem andern
Manne zu uͤberlaſſen, ſagte mir anbey frey unter die
Augen, ſo lange wolle er noch Gedult haben, biß
wir das Cap der guten Hoffnung erreicht haͤtten,
nach dieſem wuͤrde ſich zeigen, ob er mich mit Guͤte
oder Gewalt ins Ehe-Bette ziehen muͤſſe.

Jch Elende wuſte gegen dieſen Trotzer nirgends
Schutz zu finden, weil er die Befehlshaber des
Schiffs ſo wohl als die meiſten andern Leute durch
Geſchenck und Gaben auf ſeine Seite gelenckt hatte,
ſolchergeſtalt wurden meine jaͤmmerlichen Klagen
faſt von jederman verlacht, und ich ſelbſt ein Spott
der ungehobelten Boots-Knechte, indem mir ein
jeder vorwarff, meine Keuſchheit waͤre nur ein ver-
ſtelltes Weſen, ich wolte nur ſehr gebeten ſeyn, wuͤr-
de aber meine Tugend ſchon wohlfeiler verkauffen,
ſo bald nur ein junger Mann ‒ ‒ ‒

Jch ſcheue mich, an die laſterhafften Reden laͤn-
ger zu gedencken, welche ich mit groͤſter Hertzens-
Quaal von dieſen Unflaͤtern taͤglich anhoͤren muſte,
uͤber dieſes klagte mir meine Aufwaͤrterin Blandina

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[414/0428] einer gleichmaͤßigen ſchaͤndlichen Leichtſinnigkeit zu bewegen, da ich aber, ohngeacht ich wohl wuſte, daß ſich nicht die geringſten Zeichen einer Schwanger- ſchafft bey mir aͤuſerten, dennoch einen natuͤrlichen Abſcheu ſo wohl vor der Perſon als dem gantzen Weſen dieſes Wuͤſtlings hatte, ſo ſuchte ihn, vermoͤ- ge der verdruͤßlichſten und ſchimpfflichſten Reden, mir vom Halſe zu ſchaffen; Allein, der freche Bube kehrete ſich an nichts, ſondern ſchwur, ehe ſein gan- tzes Vermoͤgen nebſt dem Leben zu verlieren, als mich dem Wittwen-Stande oder einem andern Manne zu uͤberlaſſen, ſagte mir anbey frey unter die Augen, ſo lange wolle er noch Gedult haben, biß wir das Cap der guten Hoffnung erreicht haͤtten, nach dieſem wuͤrde ſich zeigen, ob er mich mit Guͤte oder Gewalt ins Ehe-Bette ziehen muͤſſe. Jch Elende wuſte gegen dieſen Trotzer nirgends Schutz zu finden, weil er die Befehlshaber des Schiffs ſo wohl als die meiſten andern Leute durch Geſchenck und Gaben auf ſeine Seite gelenckt hatte, ſolchergeſtalt wurden meine jaͤmmerlichen Klagen faſt von jederman verlacht, und ich ſelbſt ein Spott der ungehobelten Boots-Knechte, indem mir ein jeder vorwarff, meine Keuſchheit waͤre nur ein ver- ſtelltes Weſen, ich wolte nur ſehr gebeten ſeyn, wuͤr- de aber meine Tugend ſchon wohlfeiler verkauffen, ſo bald nur ein junger Mann ‒ ‒ ‒ Jch ſcheue mich, an die laſterhafften Reden laͤn- ger zu gedencken, welche ich mit groͤſter Hertzens- Quaal von dieſen Unflaͤtern taͤglich anhoͤren muſte, uͤber dieſes klagte mir meine Aufwaͤrterin Blandina mit

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/428>, abgerufen am 24.11.2024.