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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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Dieses war also alles, was ich Eberhard Julius
meinen Zuhörern, von der Virgilia eigenen Hand
geschrieben, vorlesen konte, worauf der Alt-Vater
seine Erzehlung folgender massen fortsetzte:

Unsere allerseitige Freude über die gewünschte
Wiederkunfft der Meinigen war gantz unvergleich-
lich, zumahlen da die mit gekommene junge Wittwe
nebst ihrer Tochter und einer nicht weniger artigen
Jungfrau bey unserer Lebens-Art ein vollkommenes
Vergnügen bezeugten. Also wurde der bevorstehen-
de Winter so wol, als der darauf folgende Sommer
mit lauter Ergötzlichkeit zugebracht. Das Schiff lu-
den meine Kinder aus, und stiessen es als eine nicht
allzunöthige Sache in die Bucht, weil wir uns nach
keinen weitern Handel mit andern Leuten sehneten.
Dahingegen erweiterten wir unsere alten Wohnun-
gen, baueten noch etliche neue, versperreten alle Zu-
gänge zu unserer Jnsul, und setzten die Hauß-Wirth-
schafften in immer bessern Stand. Amias hatte von
einem Holländer ein Glaß voll Lein-Saamen be-
kommen, von welchem er etwas aussäete, um Flachs
zu zeugen, damit die Weiber Spinnwerck bekämen/
über dieses war seine gröste Freude, daß diejenigen
Blumen und andere Gewächse zu ihrer Zeit so schön
zum Vorschein kamen, zu welchen er die Saamen,
Zwiebeln und Kernen von den Holländern erbettelt
und mitgebracht hatte. Seiner Vorsicht, guten
Wartung und besonderen Klugheit habe ich es ein-
tzig und allein zu dancken, daß mein grosser Garten,
zu welchen er im Jahr 1672. den Grund gelegt, in
gutem Stande ist.

Doch


Dieſes war alſo alles, was ich Eberhard Julius
meinen Zuhoͤrern, von der Virgilia eigenen Hand
geſchrieben, vorleſen konte, worauf der Alt-Vater
ſeine Erzehlung folgender maſſen fortſetzte:

Unſere allerſeitige Freude uͤber die gewuͤnſchte
Wiederkunfft der Meinigen war gantz unvergleich-
lich, zumahlen da die mit gekommene junge Wittwe
nebſt ihrer Tochter und einer nicht weniger artigen
Jungfrau bey unſerer Lebens-Art ein vollkommenes
Vergnuͤgen bezeugten. Alſo wurde der bevorſtehen-
de Winter ſo wol, als der darauf folgende Sommer
mit lauter Ergoͤtzlichkeit zugebracht. Das Schiff lu-
den meine Kinder aus, und ſtieſſen es als eine nicht
allzunoͤthige Sache in die Bucht, weil wir uns nach
keinen weitern Handel mit andern Leuten ſehneten.
Dahingegen erweiterten wir unſere alten Wohnun-
gen, baueten noch etliche neue, verſperreten alle Zu-
gaͤnge zu unſerer Jnſul, und ſetzten die Hauß-Wirth-
ſchafften in immer beſſern Stand. Amias hatte von
einem Hollaͤnder ein Glaß voll Lein-Saamen be-
kommen, von welchem er etwas ausſaͤete, um Flachs
zu zeugen, damit die Weiber Spinnwerck bekaͤmen/
uͤber dieſes war ſeine groͤſte Freude, daß diejenigen
Blumen und andere Gewaͤchſe zu ihrer Zeit ſo ſchoͤn
zum Vorſchein kamen, zu welchen er die Saamen,
Zwiebeln und Kernen von den Hollaͤndern erbettelt
und mitgebracht hatte. Seiner Vorſicht, guten
Wartung und beſonderen Klugheit habe ich es ein-
tzig und allein zu dancken, daß mein groſſer Garten,
zu welchen er im Jahr 1672. den Grund gelegt, in
gutem Stande iſt.

Doch
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[416/0430] Dieſes war alſo alles, was ich Eberhard Julius meinen Zuhoͤrern, von der Virgilia eigenen Hand geſchrieben, vorleſen konte, worauf der Alt-Vater ſeine Erzehlung folgender maſſen fortſetzte: Unſere allerſeitige Freude uͤber die gewuͤnſchte Wiederkunfft der Meinigen war gantz unvergleich- lich, zumahlen da die mit gekommene junge Wittwe nebſt ihrer Tochter und einer nicht weniger artigen Jungfrau bey unſerer Lebens-Art ein vollkommenes Vergnuͤgen bezeugten. Alſo wurde der bevorſtehen- de Winter ſo wol, als der darauf folgende Sommer mit lauter Ergoͤtzlichkeit zugebracht. Das Schiff lu- den meine Kinder aus, und ſtieſſen es als eine nicht allzunoͤthige Sache in die Bucht, weil wir uns nach keinen weitern Handel mit andern Leuten ſehneten. Dahingegen erweiterten wir unſere alten Wohnun- gen, baueten noch etliche neue, verſperreten alle Zu- gaͤnge zu unſerer Jnſul, und ſetzten die Hauß-Wirth- ſchafften in immer beſſern Stand. Amias hatte von einem Hollaͤnder ein Glaß voll Lein-Saamen be- kommen, von welchem er etwas ausſaͤete, um Flachs zu zeugen, damit die Weiber Spinnwerck bekaͤmen/ uͤber dieſes war ſeine groͤſte Freude, daß diejenigen Blumen und andere Gewaͤchſe zu ihrer Zeit ſo ſchoͤn zum Vorſchein kamen, zu welchen er die Saamen, Zwiebeln und Kernen von den Hollaͤndern erbettelt und mitgebracht hatte. Seiner Vorſicht, guten Wartung und beſonderen Klugheit habe ich es ein- tzig und allein zu dancken, daß mein groſſer Garten, zu welchen er im Jahr 1672. den Grund gelegt, in gutem Stande iſt. Doch

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/430>, abgerufen am 16.06.2024.